Kapitel 37

156 6 7
                                    

Mein Vorsatz, den ich mir in der vorigen Nacht so mutig gesetzt hatte, versuchte ich am nächsten Morgen so gut wie möglich einzuhalten.
Ich schuldete weder Mutter noch Orion irgendetwas. Ich schuldete nur meiner Familie für mich und für sie einzustehen. 

Ich hatte mich gemeinsam mit Sirius an den Slytherintisch gesetzt, damit Regulus nicht alleine mit Mutter und Orion essen musste. Nico und Will wollten auch erst bei uns sitzen, um vielleicht etwas von Mutters Wut abzufedern, aber ich hatte sie gebeten, gemeinsam mit den restlichen Halbgöttern am Gryffindortisch zu frühstücken.  Nur weil mein Frühstück beschissen werden würde, mussten sie nicht auch dadurch. 

Eigentlich wollte ich auch Mutter und Orion ignorieren und stattdessen stillschweigend für meine Brüder da sein. 

Mutter allerdings spielte heute wieder ihr liebstes Spiel, wie sie es immer tat, wenn wir Kinder nicht auf sie hörten: Sie ignorierte uns auf die deutlichste Weise, die ihr Möglich war und seufzte und schnaubte, wann immer Sirius, Reggie oder ich auch nur zu laut atmeten. 

Nach zehn Minuten ihres Theaters hielt ich es nicht mehr aus und knallte mein Besteck auf meinen Teller, um ihre Aufmerksamkeit zu erlangen. Das klappte auch, abgesehen davon, dass ich nun auch die Aufmerksamkeit aller anderen Leute in der Halle hatte. 
Mutter legte ihr Besteck ebenfalls beiseite und sah mit mit hochgezogenen Augenbrauen an. 
"Möchtest du etwas sagen, Persephone.", fragte sie scheinheilig und nippte an ihrem Saft, den sie nur trank, weil sie in Hogwarts war. Schon als ich ein Kind war, hatte sie zum Frühstück Wein getrunken. 
"Du hast das passiv-aggressive Mutter-getue besser drauf als Hera.", fauchte ich und schob meinen Teller von mir. "Sag einfach, was du zu sagen willst. Dir fällt es schließlich zusehends schwer, es für dich zu behalten." 
"Wie kommst du darauf, dass ich etwas zu sagen habe?" Mutter schob ebenfalls ihren Teller Richtung Tischmitte und verschränkte ihre Arme vor der Brust. 
"Wie ich darauf komme? Dein Geseufze und vorwurfsvolle Kauen hat es mir verraten."
"Vorwurfsvolle Kauen?" Mutter lachte falsch und musterte die anderen Leute an unserem Tisch, die sich auffällig interessiert mit ihrem Frühstück beschäftigten. "Persephone, ich wusste nicht, dass man vorwurfsvoll Kauen kann." 
"Ich wusste das auch nicht.", mischte sich Sirius ein und lehnte sich unserer Mutter entgegen. "Aber, Glückwunsch. Du hast einen Weg gefunden." 
"Sprecht nicht so mit eurer Mutter.", bellte Orion und Sirius zog sich wieder zurück. "Ihr seid wirklich undankbare Kinder."
"Undankbar für was, Orion?" Ich musste lachen, auch wenn ich im Moment viel lieber schreien würde. "Dafür dass ihr so furchtbare Eltern seid, dass selbst Hades wie ein perfekter Vater wirkt?" Regulus legte mir seine Hand auf die Schulter, aber das beruhigte mich nicht wirklich. Es war einfacher, mich mit Orion zu streiten. Schließlich war er niemand, der mich eigentlich lieben sollte. 
"Was haben wir euch nicht alles gegeben." Orions Gesicht lief rot an vor Wut und ich konnte sehen, wie schwer es ihm viel, nicht noch lauter zu werden. 
"Ja, Ohrfeigen und Gürtelschläge. Gewalt hält ja auch so schön lange vor.", zischte ich und und rieb mir über meine Schulter, dort wo, wie ich wusste, eine Brandnarbe von Orions Zigarre war. "Ich habe noch bis heute mit euren Geschenken zu tun."
Orion sprang auf und beugte sich über den Tisch, mit gefletschten Zähnen, als ob er mich am liebsten zerfleischen würde. Reflexartig griff ich nach meinem Schwert, auch wenn ich es noch in der Scheide ließ. Er würde mir nichts tun, nicht hier in der großen Halle, wo ihn alle Lehrer und einige der Eltern gut im Blick hatten.
"Persephone." Mutter zog Orion zurück neben sich und griff über den Tisch nach meiner Hand. Ihre Fingernägel bohrten sich in meine Handfläche und sie drückte das Blut in meinen Fingern ab, aber das ließ ich mir nicht anmerken.  "Wir gehen jetzt, damit wir das in Ruhe klären können." 

Es war klar, dass sie keinen Wiederspruch hören wollte. Ich sollte ihr schweigend aus der großen Halle folgen, in ein leeres Klassenzimmer, damit sie ihrer Wut freien Lauf lassen konnte und fast hätte ich auch nachgegeben. Aber ich musste wieder an Chiron denken, an sein freundliches Lächeln und sein Versprechen, mich zu beschützen. 

Die zwei Seiten einer Klinge - Percy Jackson/Rumtreiber Crossover *abgebrochen*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt