Kapitel 1

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Ich rannte durch den Wald. Immer weiter und weiter. Blos weg. Soweit es nur ging. Kein einziges Mal blickte ich zurück. Ich hatte schreckliche Angst. Der Wald vor mir schien endlos und der Weg, auf dem ich ging, wurde immer schmaler und irgendwann war er fast nicht mehr zu sehen. Mein Atem ging schnell. Meine Herz raste. Langsam konnte ich nicht mehr, aber ich versuchte dennoch weiter zu rennen. Aus meinem Rennen wurde ein Joggen, dann ein Laufen und als das Gestrüpp immer dichter wurde, musste ich langsamer gehen, um mir mit meinen Armen einen Weg zu bahnen. Doch noch nicht einmal dann wagte ich es, mich auch nur für eine Sekunde umzudrehen. Dornen zerkratzten meine Arme. Es brannte höllisch. Mein ganzer Körper war schweißnass und meine Beine schmerzten vom Rennen. Es fühlte sich an, als wäre ich einmal kopfüber in Brennnesseln getaucht worden.

Sollte ich aufgeben? Nein, ich konnte nicht aufgeben. Ich musste weiter, für meine Eltern, für meinen kleinen Bruder, ich durfte sie nicht enttäuschen. Ich rannte wieder los, hinter mir hörte ich langsam Rufe, die immer lauter und lauter wurden. Ich kniff die Augen zusammen. Einfach nicht denken. Mit jedem Schritt fühlte es sich mehr danach an, als würde ich über Scherben laufen. Ich hörte einen lauten, wutverzerrten Schrei und ich konnte nicht anders, als einen schnellen Blick zurückzuwerfen. Keine gute Idee. Dieser kleine Moment der Unachtsamkeit ließ mich schmerzhaft auf dem Boden aufkommen. Scheiße. Mein Kopf war wie leergefegt. Wie in einer Schockstarre starrte ich in die Richtung, aus der die Rufe kamen. Mit einem Ruck wurde ich ins Gestrüpp gezerrt. Aus meinem Schock befreit fuhr ich herum, bereit mich loszureißen und abzuhauen. Doch die Person zog mich einfach an der Hand weiter ins Dickicht, ohne mich auch nur einmal anzusehen. „Hey! Lass mich los!" rief ich und versuchte mich loszuzerren. „Sei still, oder willst du, dass sie dich kriegen?" zischte die andere Person.

Jetzt erkannte ich die Stimme, Marco! Eigentlich war das alles seine Schuld! Er hatte mir gesagt ich sollte mitkommen, es wäre einfach verdientes Geld, nur ein bisschen im Kreis stehen, schauen wie Leute in Kutten was auf den Boden malen und diese aberwitzigen Runen mitsprechen! Dieser Kult sind eh nur ein paar viel zu reiche Spinner hatte er damals mit einem Lachen gesagt, und jetzt hatten wir f*cking... was auch immer dieses riesige hässliche rote Viech war, beschworen und mussten um unsere Leben rennen! Zack! Ich stolperte über einen Stein und landete unsanft der Länge nach auf dem staubigen Boden. Laufen nicht denken!

Marco zerrte mich wieder auf die Beine. „Komm schon Luis!", rief er. Gemeinsam stürzten wir weiter. Wir rannten so lange, bis ich das Gefühl hatte, nicht mehr atmen zu können. Plötzlich endete der Wald abrupt und wir rannten hinaus auf eine Wiese. Der Vollmond stand am Himmel und tauchte alles in einen gespenstischen Schein. Marco und ich rannten auf die Wiese hinaus. Hier hatten wir keinerlei Deckung, aber Marco zerrte mich einfach weiter. Wahrscheinlich dachte er dasselbe wie ich: Blos weg! Abermals verspürte ich den Drang nach Hinten zu blicken und bereute es natürlich wieder sofort. Ich stolperte, fiel in eine Grube und riss Marco mit mir, der mich immer noch am Handgelenk festhielt.

„Na super, wo sind wir jetzt schon wieder gelandet" fragte mich Marco sauer. „Du kannst auch echt nicht laufen." „Tut mir ja leid" sagte ich und rieb mir den schmerzenden Rücken, auf dem ich unsanft gelandet war. Ich sah mich um, und die zunächst klein scheinende Grube, schien doch größer zu sein als erwartet. An einer Stelle schien jemand zuvor schon einen engen Tunnel gegraben zu haben und ich krabbelte auf die Öffnung zu. Sie war gerade so groß, dass eine Person auf dem Bauch kriechend hindurch passte. „Was ist da?" fragte mich Marco, doch ich antwortete nicht. Mit einer Hand tastete ich die Seitenwände des Ganges ab um zu prüfen, ob der Tunnel einsturzgefährdet war. Die Wände schienen recht stabil und ich drehte mich zu Marco um. Er sah die Öffnung und schien nicht überrascht zu sein. „Ah, das ist also der Gang zur Westseite des Systems. Komm mit, dort sind wir erst einmal sicher vor Ramona." Ich sah ihn erst verwirrt an, bis mir einfiel, dass Ramona der Name war, den er dem roten Biest gegeben hatte, das im Versuch war, uns zu töten. Lächerlich.

Nach einer halben Ewigkeit Kriechen in völliger Dunkelheit kamen wir in einer großen Halle an. Es sah so aus, als wäre dies einmal eine Kirche gewesen, die aus unerklärlichen Gründen gute 10 Meter unter der Erde lag, durch ein Loch in der Decke fiel sogar eine ordentliche Menge Mondlicht, die den Raum dezent erhellte. "Endlich sind wir da...", hörte ich Marcos Stimme hinter mir, die von einem ohrenbetäubenden Krachen unterbrochen wurde. Die Decke berstete und durch sie brach der riesige rote Dämon zu uns durch. Ich drehte mich zu Marco und wollte ihn wegziehen, aber in übermenschlicher Geschwindigkeit wurde er in die Luft gezogen. Der Dämon hielt ihn in der Hand, als wäre er ein Zahnstocher. Nun drehte er sich zu mir und ein grässliches Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. "Endlich ein Würdiger "dröhnte die viel zu laute Stimme durch den Raum, "gib mir deinen Körper oder er wird sterben!"


Fortsetzung folgt...



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⏰ Letzte Aktualisierung: Mar 29, 2022 ⏰

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