22. Verlustängste

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Eine Woche später:

Heute Morgen hatte ich erneut einen Rückfall...

Zum Glück haben es Bucky und Loki jedoch schnell genug bemerkt und konnten rechtzeitig eingreifen.

Seit wir auf dieser Lichtung zelten und jetzt auch richtig wohnen, hatte ich immer wieder Rückfälle.

Nicht immer gleich schlimm.

Meistens wusste ich einfach nicht mehr wer oder wo ich bin.

Ab und zu habe ich auch kleine Dinge vergessen, wie zum Beispiel was wir gestern gemacht haben oder was ich gerade erledigen wollte.

Aber manchmal habe ich eben auch schwere Rückfälle...

Und genau für solche Momente haben wir gleich zu Beginn unserer Ankunft, einen Wind und Regen geschützten Unterstand gebaut, wo Loki die asgardianischen Ketten, um einen dicken Stamm gebunden hat.

Sobald die beiden also bemerken, dass es ein schlimmerer Rückfall ist, können sie mich hierhin bringen und anketten.

Ich sehe es ihnen noch immer an, dass es ihnen nicht gefällt, aber wir haben keine andere Möglichkeit und ausserdem habe ich darauf bestanden.

Jedenfalls hatte ich heute Morgen wieder einen der schlimmeren Rückfälle und liege dementsprechend jetzt auch unter dem kleinen Unterstand.

Traurig betrachte ich den Baum, an dem die Ketten angemacht sind.

Seine Rinde ist aufgrund meiner Ausraster so gut wie überall abgekratzt und hat tiefe Kerben in dem saftigen Holz.

Es ist für mich wie ein kleines Ritual geworden, dass so bald Loki oder Bucky mich jeweils losbinden, ich als erstes zu dem Stamm gehe und ihn wieder heile.

Er rettet vermutlich das Leben, der zwei wichtigsten Personen in meinem Leben, in dem er mich festhält und ich pflege ihn dafür.

Als ich leise Schritte ausmache, spitze ich die Ohren, rapple mich steif wieder auf und warte geduldig auf Loki.

Bedrückt kommt er auf mich zu, mustert mich kurz und löst schliesslich die Ketten.

Wie immer also, verwandle ich mich zurück, gehe zuerst zu der dicken Eiche und lege meine Hände an ihren zerkratzten Stamm.

Mit geschlossenen Augen warte ich, bis ich wieder die schützende Rinde unter meinen Fingern spüre und wende mich wieder Loki zu.

Ich laufe los, zurück zu unserem Haus.

Ebenfalls wie immer, sprechen wir dabei kein Wort...

In unserer Hütte angekommen, will ich mich nach oben verzeihen, wie ich es jeweils mache, doch zu meinem Erstaunen halten mich Loki und Bucky auf.

«Warte Raven...», flüstert Loki leise.

Sofort spanne ich mich an.

An seiner Stimme kann ich erkennen, dass gleich etwas Unangenehmes auf mich zukommt.

«Ja?», hacke ich also kritisch nach.

Es ist jedoch Bucky der antwortet und sanft erklärt: «Okay, hör zu Raven. Wir habe dir jetzt viel Zeit gelassen und gehofft du würdest von dir aus zu reden zu beginnen, obwohl uns eigentlich klar war, dass es nicht so sein würde... Aber du hast uns nichts erzählt, also müssen wir dich jetzt halt direkt fragen. Raven, was hat Hydra mit dir gemacht? Deine Rückfälle... Das ist nicht normal... Ich kenne das und ich weiss das du nichts dafürkannst. Aber bei dir sind die vollkommen anders, als bei mir. Was haben die mit dir gemacht, Raven? Warum bist du so angriffslustig, wenn du die Kontrolle verlierst?»

Ich habe bereits vor langer Zeit erwartet, dass dieses Gespräch auf mich zukommt.

Trotzdem bin ich nicht bereit ihnen die Wahrheit zu erzählen...

«Ich weiss es nicht... Vielleicht liegt es an dem, was sie mir gespritzt haben?» lüge ich also und verziehe dabei keine Miene.

Trotzdem durchschaut mich Loki.

Natürlich, er ist ja schliesslich der Gott der Lügen.

«Du lügst, Raven... Was ist passiert?», fordert er mich also auf, die Wahrheit zu sagen.

Ich schüttle den Kopf...

Ich merke bereits, wie mich die Vergangenheit erneut einholt und zwinge mich auf andere Gedanken zu kommen.

Gestresst antworte ich: «Ja, ich weiss warum. Aber ich möchte nicht darüber reden. Und es würde euch auch nichts bringen, es zu wissen. Ihr könntet mir mit dem Wissen nicht helfen.»

Unsicher blicken sich die beiden an.

«Bitte, ich möchte mich ein wenig hinlegen», murmle ich erschöpft und drehe mich zum Gehen um.

«Raven, warte. Bitte...», haltet mich Loki erneut auf, «Du musst da nicht alleine durch. Wir möchten dir doch nur helfen...»

Wieder schüttle ich den Kopf.

Trotzdem kommt Loki langsam auf mich zu und streckt beinahe fragend seine Hand aus.

Ich weiss was er vorhat...

Vehement schlage ich seinen Arm weg und zische bedrohlich: «Wag es ja nicht in meine Gedanken einzudringen!»

Vorsichtig zieht er seine Hand wieder zurück und flüstert leise: «Manchmal wünschte ich mir, du würdest mir mehr vertrauen...»

Langsam drehe ich mich um und ziehe mich zurück.

Bevor ich mich jedoch in den oberen Stock hochziehe, flüstere ich noch, gerade laut genug, dass er es hören kann: «Ich vertraue dir, Loki. Ich habe bloss Angst dich zu verlieren...»

Shadow and Ice: Der Tod als Begleiter (Loki ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt