Kapitel 22 - 4:44

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Pov Lou

Ich höre noch, wie Felix die Tür schließt und sacke in meinem Badezimmer zu Boden. Zusammengekauert sitze ich an der Wand und versuche mir meine Tränen wegzuwischen, aber ich komm nicht hinterher. Ich winkle meine Beine an und lassen meinen Kopf an meine Knie fallen. Meine Tränen topfen gegen meine Oberschenkel und ich beginne zu schluchzten.  Gerade eben war ich noch so glücklich und jetzt das. Ich spüre eine Unruhe in mir und meine Lungen beginnen zu hyperventilieren.  Ich lasse es kurz zu, bis ich wieder meine Beine ausstrecke und versuche ruhig zu atmen. Komm schon Lou, das ist es nicht wert! Versuche ich mir einzureden, aber es bringt nichts. Ich stehe langsam auf und gehe in die Küche um mir ein Glas Wasser zu holen. Nachdem ich es ausgetrunken habe gehe ich in mein Schlafzimmer und lege mich in mein Bett. Mein Kopf dreht sich, alles dreht sich. Ich kauere mich zusammen und versuche mich irgendwie zu beruhigen. Ich greife nach meinen Kopfhörern auf dem Nachttisch und spiele meine 'In my Feels' Playlist ab.

Drakes Doing it wrong tönt aus meinen Kopfhörern. Ich liege einfach nur da, während mir die Tränen über meine Wangen laufen. Ich weiß, dass es nicht das Ende der Welt ist, aber es ist okay einfach mal zu leiden, wenn es mir schlecht geht.
Ich lag noch eine Weile in meinem Bett so dar und lauschte der Musik. Ich hatte mich inzwischen etwas beruhigt und aufgehört zu weinen aber in meinem Kopf spielten sich in Dauerschleife die letzten Stunden ab. Als würde jemand die ganze Zeit auf Repeat drücken. Ich stand auf und ging auf meinen Balkon um eine zu rauchen. Ich lauschte immer noch zu Musik, bis der nächste Song wiederspielte, welchen ich sehr lange nicht gehört habe.

Do I find it so hard,
When I know in my heart
I'm letting you down everyday
Letting you down everyday
Why do I keep on running away?

Ich schluckte. Ich wusste ganz genau, welches Lied das ist. Der Songtitel, den Felix auf seinem Handgelenkt tätowiert hat. Er hat mir nie den genauen Grund erzählt warum er sich das hat stechen lassen, aber es musste eine große Bedeutung für ihn haben. Ich setzte mich auf dem Stuhl auf meinem Balkon, schaute in dem Himmel um die Sterne zu beobachten und lauschte dem Text von Jay-Z. Ich habe den Song früher oft gehört, nachdem ich mich von Ali getrennt habe, aber da habe ich ihn nicht so gefühlt, wie ich es jetzt tue. Felix Worte gehen wieder durch meinen Kopf Du warst nur ein Zeitvertreib. War ich das wirklich? Mich ließ das Gefühl nicht los, dass er mir nicht die Wahrheit sagte. Why do you keep on running away Felix? Was ist mit dir passiert, dass du immer vor deinen Gefühlen wegrennen musst? In einem Moment war noch alles gut und ich hatte das Gefühl von Geborgenheit bei dir, im nächsten sagst du mir, dass all das nicht mehr als Sex war? Warum haben wir dann jeden freien Tag miteinander verbracht? Warum hast du für mich gekocht, hast mich deinem Bruder und deinen Freunden vorgestellt und warum warst du überhaupt so beharrt darauf, mich wiederzusehen? Wenn du wolltest, könntest du wahrscheinlich jede haben, zumindest jede unter deinen einer Millionen Followerinnen. Also warum ausgerechnet Ich?
Ich hatte das Gefühl, dass er seine Tour als Ausrede dafür nimmt, seinen Gefühlen nicht ins Auge zu sehen, sondern einfach davor wegzurennen. Wir wussten schon die ganze Zeit, dass er auf Tour gehen würde und es war eigentlich nie Thema bei uns, was dann zwischen uns sein würde und jetzt plötzlich wird ihm klar, dass das alles keinen Sinn macht?
Mir wurde immer kälter und ich begann zu zittern. Ich drückte meine Zigarette aus und ging ins Badezimmer. Ich schaute in den Spiegel und umfuhr meine rot unterlaufenden Augen mit meinen Fingern. Ich wusch mir mein Gesicht, putze meine Zähne und legte mich wieder ins Bett. Weil ich die Stille nicht ertragen konnte, entschied ich mich, die Kopfhörer einfach im Ohr zu lassen und stellte einen Timer für die Musik ein.

Am nächsten Morgen würde ich von meinem klingenden Handy geweckt. Ich kann mich nicht erinnern gestern Nacht noch einen Wecker gestellt zu haben. Ich schaute auf mein Handy und sah, dass Lena mich anrief. Ich drückte sie weg und ließ mich wieder ins Bett fallen. Ich wollte jetzt mit niemandem reden und so tun, als ob alles gut wäre. Noch weniger wollte ich ihr sagen, dass es mir schlecht geht. Ich ließ mich wieder in mein Bett fallen. Mein Kopf dröhnt und ich spürte einen stechenden Schmerz in meiner Schläfe. Kein Wunder, so viel wie ich gestern geweint habe, bin ich wahrscheinlich total dehydriert. Da ich diese Kopfschmerzen nicht länger aushalte, gehe ich ins Badezimmer, schaue in den Spiegel und sehe genau das, was ich erwartet habe. Meine Augenlieder sind angeschwollen, genauso wie der Rest meines Gesichts. Ich wasche es mit kaltem Wasser um wach zu werden, aber es bringt nichts. Träge gehe ich in die Küche um mir einen Kaffee zu machen, vielleicht hilft mir das ja. Ich stelle mich mit meinem Kaffee auf den Balkon und ziehe an meiner Zigarette. Der rauch breitet sich in meinen Lungen aus und entspannt mich ein wenig, bis mich mein vibrierendes Handy aus meinen Gedanken reißt.

Lena: Alles gut?
Lena: Geh doch mal ran
Lena: Bist du wieder in Berlin?

Ich betrachte Lenas eingehende Nachrichten und schließe mein Handy wieder, doch einige Sekunden später klingelt mein Handy wieder.
„Maaaan ich hab mir schon Sorgen gemacht, alles klar bei dir?" fragte mich Lena besorgt, nachdem ich doch abgenommen habe.
„Ja, du hast mich geweckt, hab bis eben geschlafen" ich hatte kaum Stimme und musste mich erstmal räuspern.
„Du hörst dich aber nicht gut an, hast du bis jetzt geschlafen? Geht's dir nicht gut?"
„Es ist 11:30 Uhr und ich hab Urlaub, da darf ich doch wohl mal länger schlafen" sagte ich etwas genervt.
„Warum erzählst du mir nicht, dass du wieder in Berlin bist?" lenkte sie schnell ab.
„Woher weißt du das?"
„Hab gestern Abend Felix Auto vor deiner Wohnung gesehen und 1 und 1 zusammengezählt. Aber alles gut, versteh schon, dass ihr anderweitig beschäftigt wart" lachte sie und ich spürte einen Stich in meinem Magen.
Für einen Moment fehlten mir die Worte, wenn ich Lena jetzt sagen würde, was letzte Nacht passiert ist, würde sie sofort vorbeikommen und sich überfürsorglich um mich kümmern, was natürlich super lieb von ihr wäre, aber ich will gerade einfach nur alleine sein. Das war der Unterschied zwischen uns beiden.
„Achso... Ja... Sorry das ich dir nicht Bescheid gesagt hab, dass ich wieder hier bin, war einfach busy gestern" sagte ich und versuchte zu lachen.
„Wann arbeitest du denn wieder?" fragte sie mich.
„Welcher Tag ist heute?" fragte ich sie ohne nachzudenken.
„Äh Freitag? Ist wirklich alles okay bei dir? Du wirkst richtig neben der Spur irgendwie".
„Bin einfach noch müde" log ich. „Ich bin am Montag wieder da, da sehen wir uns spätestens." versuchte ich das Gespräch abzumoderieren.
„Mhm okay, wenn doch irgendwas sein sollte oder du reden willst, melde ich" sagte Lena und legte auf.
Ich schaute auf mein Handy. Ich fühlte mich schlecht. Sie wollte für mich da sein, aber ich wies sie ab. Ich war noch nicht bereit die Meinung über die Situation oder Felix von anderen zu hören. Egal wie beschissen er sich verhalten hat, ich wollte trotzdem nichts Schlechtes über ihn hören.

Nachts in Berlin (Felix Lobrecht FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt