73. Keine Ahnung

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Eine Woche später:

Heute ist es endlich soweit und ich kann in den Avengers Compound einziehen.

Gerade sitze ich mit Clint in dem kleinen Jet, den wir bekommen haben und lehne meine Stirn an das kalte Fenster, während ich nach draussen starre.

Obwohl ich mir nichts anmerken lasse, bin ich unglaublich nervös.

Ich habe Angst davor, wie die anderen auf mich reagieren werden, denn seit ich im Krankenhaus aufgewacht bin, habe ich kaum jemanden zu Gesicht bekommen.

Meine Freunde sind mich natürlich regelmässig besuchen kommen und Bucky brachte man kaum aus meinem Behandlungszimmer heraus, doch die meisten anderen sind nicht einmal kurz vorbeigekommen.

Ich nehme es ihnen nicht übel, fühle mich bei dem Gedanken wieder zu ihnen zu ziehen, jedoch mehr als unwohl.

Ich seufze leise und betrachte weiterhin die Landschaft, die unter uns vorbeirauscht.

Einige Stunde später, die Dunkelheit der Nacht ist bereits eingebrochen, landen wir und ich verlasse zögerlich den Jet.

Sofort steht Pietro neben mir und auch seine Schwester Wanda und Bucky kommen aus dem Gebäude geeilt.

Glücklich schliessen wir uns in die Arme, bevor wir Clint nach drinnen folgen.

Dort warten auch schon die anderen auf uns, welche uns ebenfalls freundlich begrüssen.

Viele fragen mich, wie es mir geht oder danken mir, für meine tapfere Tat, wie sie es nennen, doch es ist so förmlich und distanziert, als wären wir fremde.

«Stimmt etwas nicht?!», frage ich etwas schärfer als beabsichtigt und blicke dabei kühl in die Runde.

Augenblicklich verstummen alle und starren konzentriert auf den Boden, während sich eiserne Stille über den Raum senkt.

Nur Tony schnaubt und verkündet absichtlich laut: «Nein, nein. Alles in Ordnung. Einige von uns versuchen sich bloss noch daran zu gewöhnen, dass du der berüchtigte Shadow Soldier bist!»

Kälte legt sich um mein Herz und ich spüre, wie es sich verletzt zusammenzieht, während Bucky gefährlich leise flüstert: «Sei vorsichtig was du sagst, Stark. Du weisst nicht halb so viel, wie du glaubst zu wissen...»

«Und was weiss ich denn nicht? Wen sie sonst noch alles umgebracht hat?!», ruft Tony wütend, woraufhin Bucky, nicht weniger zornig auf ihn zugeht.

«Bucky nicht...», flüstere ich leise und fahre an Tony gewandt fort, «Ich weiss, dass du wütend bist und du hast auch jedes Recht dazu, aber du sollst trotzdem wissen, dass ich keine einzige Person, die ich ermordet habe, umbringen wollte. All diese Toten gehen auf Hydras Kosten, auch wenn ich mir selber nie dafür vergeben werde, was ich angerichtet habe.»

«Ich komme nicht ganz nach, was ist hier eigentlich los?», mischt sich Scott vorsichtig ein, als Tony gerade erneut etwas sagen will.

«Raven ist der Shadow Soldier», erklärt Natasha leise, «Jahrelang wusste man nicht einmal, ob sie wirklich existiert. Jedoch wurden ihr und dem Winter Soldier, obwohl man nie auch nur eine einzige Spur von ihnen fand, unzählige Morde nachgeschrieben. Mehrere Jahre lang mordeten sie und löschten somit zum Teil ganze Familien aus... Sie verübte auch den Anschlag, bei dem der König von Wakanda ums Leben kam.»

«Das ist nicht wahr», unterbreche ich sie, obwohl sie vermutlich bereits fertig war, «Was du sagtest stimme eigentlich alles, aber dieser Anschlag war nicht ich. Es war dieser Arzt, der mich damals verhörte und alles so eingefädelt hatte, dass er einfach an mich herankam, da er wichtige Informationen von mir brauchte.»

«Und was für Informationen waren das?», will jetzt auch Clint wissen.

Diesmal ist es Tony, der verbissen antwortet: «Dass sie und ihr verehrter Freund Barnes meine Eltern umgebracht haben!»

Erneut richten sich alle Blicke auf mich und ich würde am liebsten im Boden versinken.

Schützend stellt sich Bucky neben mich und ruft verzweifelt aus: «Verdammt, was ist denn nur los mit euch?! Seht sie euch an! Diese junge Frau ist dieselbe, wie das verängstigte Mädchen, dass ihr damals bei euch aufgenommen habt. Sie war schon damals der Shadow Soldier und trotzdem habt ihr sie gut behandelt. Das Einzige, das sich geändert hat, seid ihr. Weil ihr sturen Idioten nicht mehr die gütige und selbstlose Raven seht, sondern nur noch den kalten und gefährlichen Shadow Soldier. Aber das ist sie nicht mehr, war sie in Wahrheit nie!»

Kopfschüttelnd blickt er in die Runde, während die anderen weiterhin schweigen und auf den Boden starren.

«Naja, jetzt weiss sie wenigstens, wie die anderen sich fühlen...», murmelt Tony kaum hörbar.

«Was?», frage ich beinahe aus Reflex woraufhin er mir direkt in die Augen starrt und wiederholt: «Ich sagte, jetzt wo Loki tot ist, weisst du wenigstens, wie sich die anderen fühlten, die wegen dir ihre Angehörigen verloren haben!»

Als hätte er mir mit voller Wucht ins Gesicht geschlagen, stolpere ich einige Schritte zurück.

Meine Augen werden feucht, während ich frage: «Du willst also sagen, dass es gut ist, dass Loki gestorben ist? Ist es das was du sagen wolltest?!»

Tony blickt mich weiterhin schweigend an.

«WIE KANNST DU ES WAGEN, SO ETWAS ZU SAGEN?!», schreie ich voller Schmerz, woraufhin Tony zurückbrüllt, «GENAUSO WIE DU ES GEWAGT HAST, ALL DIESE LEUTE UMZUBRINGEN!»

«DU HAST KEINE AHNUNG! ICH WURDE MIT 14 JAHREN VON HYDRA ENTFÜHRT UND DANACH WURDE AN MIR HERUMEXPERIMENTIERT, ICH WURDE GEFOLTERT UND MUSSTE FÜR SIE MORDEN! ICH WOLLTE NIE IRGENDETWAS DAVON, ICH WOLLTE DOCH NUR EIN NORMALES LEBEN FÜHREN!», rufe ich laut und raufe mir mit zitternden Händen, meine ungepflegten Haare.

«DAS WOLLTE ICH AUCH, BIS DU MEINE ELTERN UMBRACHTEST!», erwidert Tony und reisst dabei seine Hände in die Luft.

Panisch zucke ich zusammen und weiche zurück.

Tony scheint es nicht zu bemerken und kommt auf mich zu, während er weiterhin wild in der Luft herumfuchtelt und laut rumschreit.

Jedoch verstehe ich nichts mehr von dem, was er sagt, sondern bleibe zitternd stehen, bis er direkt vor mir steht und seine Hand hebt, um mit dem Zeigefinger vor meiner Nase herumzuwedeln.

Ich aber missverstehe seine Bewegung und lege schützend einen Arm über meinen Kopf, während ich in der anderen Hand eine kleine Flamme entstehen lasse.

Erschrocken hält Tony inne und scheint endlich zu begreifen, was los ist.

Am ganzen Körper zitternd und mit grossen, verängstigten Augen, in denen sich erneut Tränen sammeln, blicke ich zu ihm auf, bevor ich mit einem leisen Schluchzer auf der Stelle herumwirble und aus dem Gebäude stürme.

Meine Beine sind dabei jedoch so weich, dass ich mich verwandeln muss, um nicht gleich hinzufallen.

Immer weiter laufe ich, bis ich eine geschützte Stelle im Wald finde und mich dort zurückverwandle.

Stumme Tränen fliessen mir übers Gesicht, während ich auf dem Weichen Moss liege und in den sternenklaren Nachthimmel blicke.

Der Wind rauscht leise und der Duft des Waldes umhüllt mich, spendet mir Trost.

Ich liege einfach da, während um mich herum alles seinen Lauf nimmt und sich die Erde weiterhin dreht.

Nur ich scheine aus diesem Kreislauf herausgefallen zu sein und nun irgendwo zwischen der Zeit herumzuirren.

Verloren.

Alleine...

Shadow and Ice: Der Tod als Begleiter (Loki ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt