1. Erster Schultag

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  Zwölf Jahre, drei Monate und vier Tage später

-Eylen-

Montag 1. September

"Diana!" Ohne Gnade zog ich meiner Tochter die Decke weg.
"Muuuum", ein entnervtes Stöhnen entfuhr dem Lockenkopf. "Kannst du mich nicht in zwei Stunden quälen? Es sind Sommerferien" Diana machte sich gar nicht erst die Mühe, ihre Augen zu öffnen, sondern zog sich ihr Kissen über den Kopf.

"Wie kommst du darauf?", ich starrte sie entgeistert an. "Heute ist der Erste Schultag junge Dame, raus aus den Federn oder ich trag dich!" 
"WAS?"
Diana war sofort aus dem Bett. 
Überrascht zog ich die Augenbrauen hoch. "Na geht doch...", murmelte ich, eher zu mir selbst.

Ich hörte wie die Badezimmertür zuknallte. Amüsiert schnaubte ich und legte dann Dianas Decke wieder auf das Bett, welche ihr in der Eile runtergefallen war. 
Ich strich das Kissen glatt und sah mich im Zimmer um.
Das breite Bett aus Birkenholz mit der Kuscheltierarmee, der weiß gestrichene Schreibtisch auf dem alles lag was nicht mehr auf den Boden Platz hatte, der große Schrank aus alten Scheunentüren und einem Kleiderstand vom Flohmarkt, die aus alten T-Shirts genähten Vorhänge und das riesige Bücherregal, aus welchem fast die Fächer rausbrachen, da sie die Last der Legenden, Historik Romanen und Sachbüchern  bald nicht mehr tragen konnten.

Es sah zwar aus als hätte eine Bombe hier eingeschlagen, mit den Bergen an Büchern und Klamotten die am Boden herumlagen und den etwas heruntergekommenen Möbeln die sich Diana eingebildet hatte, denn Zitat: "Ich boykottiere jegliche Art von Massenproduktion und Ausbeutung der Umwelt und der Menschen darin in meinem Zimmer. Das soll ein Rückzugsort sein und kein Paradebeispiel für unsere Konsumwirtschaft" doch meine Tochter fühlte sich hier wohl, warum sollte ich ihr also etwas aufzwingen, was sie gar nicht wollte?

"Mum! Kannst du mir helfen?", ertönte eine helle Stimme aus dem Bad. "Ich komm sofort mein Schatz!", erwiderte ich und stand auf. Ich schritt den mit Bilder zugepflasterten Flur entlang zum Badezimmer. 

"Um Gottes Willen" Diana stand vor mir, die Haarbürste in ihren Locken verfangen, Zahnpasta im Gesicht und umgeben von einer Wolke von Haarspray. "Ich hasse meine Haare! Wegen ihnen komme ich auch noch zu spät zu meinem ersten Highschooltag...", Verzweiflung lag in ihrer Stimme.

"Ach meine Kleine...", seufzte ich. Diana war schon immer auf Kriegsfuß mit ihren wilden Locken, die sie in verstärkter Form von Peter geerbt hatte. "Putz dir die Zähne, ich mach dir die Haare und keine Sorge, du kommst nicht zu spät" Mit geübter Hand entwirrte ich Dianas Mähne und flocht ihr Boxerbraids während sie sich die Zähne putzte und sich ein wenig Makeup auftrug. 

"Mum, wo ischt Dad eigentlisch die ganze Nascht geblieben?", brabbelte die vierzehnjährige mit dem Mund voller Zahnpasta. "Weißt du, es gab einen ziemlich heftigen Raubüberfall letzte Nacht, dein Dad ist von Grandpa eingeteilt worden... So, fertig!", ich lächelte breit und drückte meiner Tochter einen Kuss auf den Scheitel. 

"Danke Mum!" Stürmisch schlang sie ihre Arme um mich. 
Die Wohnungsglocke läutete. Diana hastete aus dem Bad hinaus und rief mir noch ein "Das ist Ivy, wir wollen zusammen zur Schule!", zu. 

Ich folgte dem Wirbelwind aus dem Bad und ging in die Küche. 
"Morgen Eylen!", Ivy kam mit der Schultasche um die Schulter durch die offene Küchentür. "Guten Morgen Ivy, wie geht's deinen Eltern?" Ich schenkte meinem Patenkind ein freundliches Lächeln während ich mir einen Kaffee kochte. "Ganz gut eigentlich, Mum ist nur relativ scheiße drauf weil Dad für zwei Wochen in Rumänien war aber sonst..." Tashas und Steves Tochter ließ sich auf einem Stuhl nieder.

"Bin gleich fertig!", rief Diana der Rothaarigen gehetzt aus ihrem Zimmer zu. "Jaja...", Ivy grinste nur. Sie kannte die Zerstreutheit meiner Tochter ja schon. "Hast du schon was gegessen?", fragte ich Ivy nun. "Ja, keine Sorge, Wanda lässt mich nie ohne Frühstück aus dem Haus" Ich musste lachen. "Das sieht mir ganz nach ihr aus" 

"So, ich bin fertig!" Diana stand in der Tür, statt ihres Pyjamas trug sie nun eine ausgewaschene Latzhose, ein Batikshirt und ihre braunen Converse. Ivy nickte motiviert und stand auf. "Ciao Eylen!" "Tschüss, viel Spaß am ersten Schultag!", rief ich der Rothaarigen noch hinterher ehe sie aus der Tür war. 

"Bis Mittag Mum, hab dich lieb", mit einem schnellen Kuss auf die Wange verabschiedete Diana sich von mir und war ebenfalls weg. Ich lächelte leicht. 
Schon der erste Tag an der High-School, die Zeit verging so schnell. 
Was mich aber am meisten für Diana freute war, dass Ivy mit ihr auf die selbe Schule gehen konnte. Die beste Freundin meiner Tochter war zweieinhalb Jahre jünger als Diana, wurde aber schon mit fünf eingeschult.

Ein Klopfen am Küchenfenster riss mich aus meinen Gedanken. Überrascht blickte ich auf eine rot-blau gekleidete Gestalt auf der anderen Seite der Scheibe. Ich öffnete das Fenster und ließ Peter rein. "Wir haben Türen Schatz", schnaubte ich. "Aber das Fenster gibt mir den coolen Superhelden-Kick", Peter lächelte entschuldigend, wohlwissend, dass ich mich bloß künstlich aufregte. Ich musste grinsen. 

"Guten Morgen übrigens" lächelnd schüttelte ich den Kopf. "Mor-", statt meine Antwort zu Ende zu bringen, spürte ich ein Paar weiche Lippen auf meinen. Ich erwiderte den sanften Kuss. 

Peter lehnte seine Stirn an meine. "Gott ich bin so erledigt...", murmelte mein Mann leise und schloss kurz die Augen. "Harte Nacht, hm?" Sanft strich ich Peter einige Strähnen aus dem Gesicht. Dieser nickte nur leicht. 

"Geh ins Bett, ich komm gleich nach... Ich kann sowieso auch noch etwas Schlaf vertragen" "Mach ich" mit einem letzten kurzen Kuss machte sich Peter auf ins Schlafzimmer.

Wenig später krabbelte ich neben dem Braunhaarigen unter die warme Decke. Peter schlang seine Arme um meine Taille und vergrub den Kopf in meiner Halsbeuge. Ich spürte seinen warmen Atem an meinem Hals. "Was Erwähnenswertes passiert?", murmelte ich ins Halbdunkle. "Nein, außer einem Streifschuss an einem Polizisten nichts", antwortete Peter leise, ich konnte die Erschöpfung aus seiner Stimme hören.

"Schlaf...", wisperte ich nur noch leise während ich leichte Kreise an Peters Oberarm und Nacken mit meinen Fingern zeichnete. 
Der gleichmäßige Atem des Lockenkopfes wenige Minuten später, verriet mir , dass er eingeschlafen war.

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Kinda like this huge amount of Fluff^^

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Have a nice day
All the love
AC.xx

27. Juni 2022

Forever you and meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt