»Faenja!«, wieherte Erren, als er dem Bötchen über den Pier entgegen galoppierte. Seine Gefährtin stieß ein erleichtertes Schnauben aus, als sie ihn erkannte und sah, dass er unverletzt war. Faenja wartete nicht einmal, bis Till sein Boot vertäut hatte, da sprang sie schon ans Ufer. Dichtauf folgte ihr Robin. Seine blauen Augen waren voller Tränen, als er sich an seinen Vater presste. Scabor, der brav an Bord gewartet hatte, strich Erren schwanzwedelnd um die Beine, sprang winselnd an ihm auf und ab und versuchte ihm, das Kinn zu lecken, was der Hengst mit wildem Kopfschlagen quittierte.
»Lass das! Sitz!«
»Wir haben uns solche Sorgen um dich gemacht«, schnaubte Faenja mit zittriger Stimme. Ihr Hals fühlte sich warm an seinem an. Es tat gut, sie wieder bei sich zu haben. Auch wenn er an diesem Abend gewiss viel Spaß gehabt hatte, so hatte doch immer ein Teil von ihm gefehlt. Und sie nach ihrem Streit mit solchen Sorgen zurückgelassen zu haben, tat ihm wirklich leid. Er mochte sich kaum vorstellen, wie sie sich in den letzten Stunden gefühlt haben mochte.
»Woher wusstet ihr, wo ihr mich findet?«, fragte der goldene Hengst dann.
»Nun, du bist ein hundsmiserabler Segler«, schnaubte Till, als er mit seinen kurzen Beinchen mühsam aus dem Boot an Land kletterte. »Und alles Treibholz geht in Ny Beginnelse an Land. Wir haben fast damit gerechnet, dass die Piraten mit dir kurzen Prozess gemacht haben und wir den Rest von dir hier am Strand zusammensuchen müssen.«
Mit fest aufeinandergepressten Lippen und einem kurzen Blick auf seinen ohnehin schon verstörten Sohn herab, bedeutete Erren Till zu schweigen. Aber Robin hatte offenbar schon ganz vergessen, dass er bis eben noch geweint hatte. Vom einen auf den anderen Moment war er wie ausgewechselt und wieherte ausgelassen, als ob nie etwas geschehen wäre.
»Paa hat die fiesen Piraten platt gemacht! Stimmt's Paa?«
»Nun-«
»Dein Paa hat sie umgehauen!«, schnaubte Tukk auf einmal, der sich im Stillen zu der kleinen Gruppe gesellt hatte. Dankbar blinzelte der goldene Hengst dem Seepferd zu. Wenigstens für seinen eigenen Sohn wollte er noch ein Held sein. Dieses vermaledeite Wuschelpony hatte an diesem Abend schließlich dafür gesorgt, dass halb Ny Beginnelse von seiner Schande erfahren hatte.
»Er nahm sein Schwert und mit einem Hieb rechts und einem Hieb links hat er sie in die Tiefen des Meeres befördert! Und als sie gemerkt haben, mit was für einem mächtigen Krieger sie sich da angelegt haben, da sind sie getürmt, wie die Möwen.«
»Das ist gut!«, schnaubte Till nüchtern. Es war nicht zu verkennen, dass das Zwergenpony recht wenig von dem glaubte, was Tukk von sich gab. »Denn die beiden Scharlatane, die Veles Taverne ausgeraubt haben, sind uns entkommen. Ich hoffe, ihr habt ihnen einen ordentlichen Denkzettel verpasst.«
»Könnte man so sagen«, wieherte Erren verhalten. »Ich habe ihr Schnellboot zerstört und Tukk hat ein paar ihrer Boote in Brand gesteckt.«
Faenja hatte der Konversation bisher nur im Stillen gelauscht, aber vor Erleichterung hatte sie noch immer dieses selige Funkeln in den Augen. Es war nicht ihr Abenteuerfunkeln, aber sie wirkte glücklich. Erren wusste, dass sie ihn bitten würde, wieder mit ihr nach Sjørgren zu kommen. Er musste sie endlich fragen. Er konnte nicht erwarten, dass sie von alleine vorschlug, ihre Reise ins Unbekannte hier und jetzt zu beginnen.
»Wahnsinn! So ein großes Schiff habe ich ja noch nie gesehen!«
Robin machte den Anfang. Vollkommen erstaunt blickte das kleine Fohlen mit offener Kinnlade am rot gestrichenen Rumpf der Brunhilde hinauf. »Schau doch, Maa!«
»Tja, min Jung! Das ist die Brunhilde«, schwärmte Tukk lächelnd. »Das beste und zuverlässigste Schiff, das je in See gestochen is, so viel is sicher!«
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Erren - Schattenspiel
FantasyACHTUNG: Diese Geschichte ist verfasst als eine Art Fabel, in der alle Hauptcharaktere als Pferde dargestellt sind.Ihr Verhalten ist jedoch soweit vermenschlicht, dass die Story jederzeit auf Menschen umgeschrieben werden kann. »Ich habe alles verl...