Kapitel 9: Tauchgang (Underwater)

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Kapitel 9: Tauchgang

Sie hatten sich dazu entschieden sich in einer Stunde am See zu treffen, da Mal noch ihre Badesachen holen musste. Carlos und Harry liefen deshalb allein den Weg zum See. Und während Harry sich versuchte zu erklären warum der andere nicht schwimmen wollte, war Carlos ebenfalls tief in Gedanken versunken. Er wollte nicht dort hin. Er wollte zurück in sein Bett, die Kopfhörer auf den Ohren und sich in die Arme von Harry verstecken. Aber er musste so tun als wäre er okay. Er hatte es sich selbst zuzuschreiben. Der Griff um seine Sporttasche, die um seine Schulter hing, verfestigte sich. Er hatte immer Angst vor dem Wasser gehabt. Als sie damals zurück auf die Insel mit den Motorrädern übers Wasser gefahren waren, hätte er beinahe eine Panikattacke gehabt. Jetzt aber musste sich der Weißhaarige zurückhalten. Er wusste er konnte das. Er musste sich nur vom Wasser fernhalten, dann dürfte es kein Problem geben.

Harry fiel auf wie konzentriert Carlos dabei war, den Weg zu laufen. Er hätte gerne etwas gesagt, doch ihm wollte beim besten Willen nicht einfallen, was die Situation besser machen würde. Also schwieg er und versank selber erneut wieder in Gedanken. Eigentlich hatte er Mal erst nach dem Wochenende erwartet und war deshalb erstaunt gewesen, dass sie bereits heute aufgetaucht war. Genauso wie die Reaktion von Carlos. Er hatte zwar Freude in seinen Augen gesehen, dennoch war er zurückhaltend gewesen. Harry blickte wieder zu Carlos der stumm neben ihm lief. „Welpe." Er griff nach dem dürren Handgelenk, was sich in seiner Hand viel zu klein anfühlte. „Ist alles in Ordnung bei dir?" fragte er dann, nachdem er die Aufmerksamkeit des Weißhaarigen erlangt hatte. Dieser nickte zuerst nur, bis er dann erwiderte. „Alles gut." Die Antwort war so knapp, dass Harry wusste das es eine Lüge war. Er musste an den Roboter von vor einigen Tagen denken. „Du-." Er wurde von Carlos unterbrochen. „Es ist alles bestens. Kannst du bitte aufhören dir ständig wegen nichts Sorgen zu machen?" Mit diesen Worten entzog ihm Carlos sein Handgelenk und lief weiter, während Harry zu geschockt vom kleinen Ausraster war. Ein dumpfes Gefühl bereitete sich wieder in seinen Magen aus. Doch ihm blieb nicht die Zeit dem nach zu gehen, stattdessen eilte er Carlos hinterher. Das Verhalten von diesem war widersprüchlich und passte eher zu dem Carlos vor ein paar Wochen. Er begann sich doch wieder Gedanken darum zu machen. Wobei ihm immer wieder die Frage kam wieso Carlos so tun würde, als wäre alles gut.

Harry versuchte bis zum See nicht mehr das Gespräch mit ihm zu suchen. Dennoch konnte Carlos den stechenden Blick in seinen Rücken spüren. Er war sich bewusst, dass er sich widersprüchlich verhielt und es den Anschein erweckte, dass es ihm nicht gut ging. Er wollte Harry auch gar nicht anfauchen. Eigentlich wollte er ja nur, dass dieser wirklich dachte ihm ginge es gut. Er wollte hier einfach nur einige Zeit glücklich sein, bevor die Träume aufhören. Bevor er nur noch die grausame Realität hatte und nichts außer seinen Schmerz. Dort wo er wirklich allein war. Er war immer allein gewesen. Er hatte Probleme allein gelöst. Er hatte seine Verletzungen allein behandelt. Er war schon immer allein gewesen. Dieses Gefühl allein zu sein war immer vorhanden gewesen und hatte sich in seinen Inneren eingenistet. Nur Harry hatte es geschafft das Gefühl der Einsamkeit in seinem Inneren zu lindern.

Am See angekommen, waren nicht viele Schüler, von denen die nicht nach Hause gefahren sind, hier. Einige kannte Carlos sogar vom Sehen, aber er wollte mit keinen von denen groß reden. Umso mehr zog sich sein Magen zusammen, als er die bekannten Gesichter von Jane und Audrey entdeckte. Harry schien sie wohl ebenfalls zu sehen, denn er steuerte sofort auf die Mädchen zu. Carlos folgte ihm, wenn auch deutlich langsamer und mit weniger Eile. Das letzte was er eigentlich gebrauchen konnte, war die herum Flirterei zwischen Harry und Audrey, die sogleich damit anfingen, als die beiden Männer ankamen. Der Weißhaarige seufzte deprimiert. „Hallo Carlos." Die leise Stimme von Jane erweckte seine Aufmerksamkeit. Sie hatten kaum miteinander gesprochen nach ihrer Trennung. Nachdem er erkannt hatte, dass er für Jane keine romantische Gefühle hegt, hat er sofort Schluss gemacht. Das war kurz nachdem Harry und die anderen hier in Auradon ankamen. Es hatte irgendetwas in ihm ausgelöst und ihn erkennen lassen, dass sie nicht das Mädchen war mit dem er die restliche Zeit seines Lebens verbringen will. Leider hatte er ihr damit das Herz gebrochen. „Hallo", erwiderte er kurzbündig. „Wie geht es dir?" fragte sie freundlich, nervte Carlos aber nur. Er wusste, dass sie nicht wissen konnte, das er diese Frage nicht mehr hören konnte. Aber er konnte nichts daran ändern, dass es in seinem Gesicht abzulesen war. Auch wenn es ihm irgendwo für sie leid tat.

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