kapitel 24 : in jedem sturm

71 9 0
                                    

„Einhundert Jahre wirst du hier verweilen. Dein Leben wird langsam dahinschwinden, wie das Licht eines sterbenden Sterns. Wer dem Flying Dutchman seinen Eid schwört, bleibt gefangen, bis die Schuld beglichen ist. Das weißt du", sprach Davy Jones, seine raue Stimme so hart wie die unendlichen Wellen des Ozeans. Nanami zischte sofort zurück, ihre Augen funkelten vor Trotz: „Ich habe keinen Eid geschworen... zumindest nicht dieses Mal." Ihre Stimme bebte für einen Augenblick, als ob sie mit sich selbst kämpfte, und sie hielt inne. Die Luft um sie herum schien schwerer zu werden, als Erinnerungen aufstiegen, die sie längst tief in ihrem Innersten vergraben hatte. Schuld und Schmerz drückten auf ihre Schultern wie die endlose See.

Der Sturm, der das Schiff umtoste, schien auf ihre unausgesprochene Last zu reagieren, als hätte die Natur selbst Anteil an ihrer Geschichte. „Piraten haben die Meere seit Generationen beherrscht," begann Nanami wieder, ihre Stimme nun gedämpft, aber fester. „Wir waren gnadenlos. Wir nahmen Leben, ohne einen Gedanken an das Morgen zu verschwenden. Salazars Familie war eine der vielen, die unter uns litten. Er verlor seinen Vater an die See, und seinen Großvater ebenso. Diese Verluste... sie fraßen ihn auf, stückweise, bis nichts als Hass in ihm übrig blieb. Und so schwor er, uns zu vernichten – mich, dich, alle, die unsere Wege kreuzten."

Nanami schloss die Augen, die schrecklichen Bilder vergangener Schlachten blitzten vor ihrem inneren Auge auf. „Und er tat es auch," flüsterte sie. „Salazar wurde zur Geißel der Meere, eine wandelnde Legende, so kalt und erbarmungslos wie der Tod selbst. Schiff um Schiff zerstörte er. Keiner entkam seinem Zorn. Wir dachten, wir könnten ihn aufhalten. Wir dachten, wir wären ihm ebenbürtig. Doch..." Ihre Stimme brach, und ihre Augen, die für einen Moment in die Ferne starrten, verschleierten sich. „Es war eine Illusion. Die letzten verbliebenen Piratenschiffe vereinten sich in einem verzweifelten Versuch, aber es war sinnlos. Die Silent Mary... Salazars Schiff... war wie ein Todesurteil, ein Schicksal, dem keiner entkommen konnte."

Davy Jones hörte zu, ohne Nanami direkt anzusehen. Seine Tentakel bewegten sich unruhig, als er die düsteren Bilder formte, die Nanamis Worte in seinem Kopf heraufbeschworen. „Und das war, als du Sparrow zum ersten Mal getroffen hast?" fragte er schließlich, seine Stimme leise, als ob das Gewicht ihrer Geschichte auch ihn erdrückte. Nanami nickte, ihre Augen schwer vor alten Erinnerungen. „Ja. Damals hast du mich geschickt. Du hast mich ausgesandt, um Salazar zu vernichten, ihn für immer von den Sieben Weltmeeren zu tilgen. Aber es war nicht so einfach. Jeder Versuch, ihn zu besiegen, endete in Flammen, Blut und Tod." Sie atmete tief ein, als ob die Erinnerungen sie überwältigten. „Jack... war zu diesem Zeitpunkt noch nicht Captain. Sein Kapitän..." Ihre Stimme brach kurz, und sie schloss die Augen, als ob sie sich zwingen musste, weiterzusprechen. „Er starb an jenem Tag. Salazar verschlang ihn, wie er so viele andere verschlungen hatte."

„Und Sparrow?" fragte Davy Jones, seine Augen nun fest auf Nanami gerichtet, als ob er jede Nuance ihrer Worte aufsaugen wollte. „Jack und ich... wir waren die Einzigen, die es überlebten." Nanamis Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, als sie die Tragödie erneut durchlebte. „Unsere Schiffe... sie waren die letzten, die Salazar nicht zerstören konnte. Inmitten der Zerstörung, als alles verloren schien, gelang es uns, Salazar zu überlisten. Es war kein Sieg, nicht wirklich. Nur ein Aufschub. Wir verbrachten ihn ins Teufelsdreieck, einen Ort, an dem er für immer gefangen sein sollte." Nanami spürte, wie die Worte sie schwerer atmen ließen, als ob die Last dieser Entscheidung immer noch wie ein Stein auf ihrer Brust lag. „An jenem Tag, als wir das Monster endlich ins Teufelsdreieck verbannen konnten, fragte Jack die Crew, was sie ihm geben würde – sie überließen ihm Säbel, Hüte, alles Mögliche. Und ich sagte ihm nur ein Wort: ‚Tribut'."

Ein schwaches, melancholisches Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie die Erinnerung aussprach, eine Erinnerung, die bittersüß in der Luft hing. „Das war der Tag, an dem ich ihn zum ersten Mal Captain Sparrow nannte." Davy Jones schien für einen Moment zu zögern. Seine Tentakel kräuselten sich, während er die Bedeutung ihrer Worte verarbeitete. „Aber... das erklärt noch immer nicht, warum du... warum du all das für ihn getan hast." Seine Stimme klang nun nicht mehr so hart, sondern vielmehr wie eine leise, verletzliche Frage, die er kaum auszusprechen wagte.

NANAMI || ᵗʰᵉ ᵖⁱʳᵃᵗᵉˢ ᵒᶠ ᵗʰᵉ ᶜᵃʳⁱᵇᵇᵉᵃⁿWo Geschichten leben. Entdecke jetzt