Kapitel 12: Gedankenganz allein
„Vertraust du mir?" Es war das erste Mal, dass sie nun im See sein würden. Carlos hätte niemals gedacht, dass es so schnell gehen würde. Aber Harry war der Ansicht gewesen, dass es an der Zeit war. Immerhin hatte er keine Panikattacken mehr bekommen und es sogar geschafft von Anfang an entspannt in der Wanne zu liegen. Dass dies allein der Anwesenheit von Harry geschuldet war, würde Carlos ihm niemals sagen. Daher nickte er nur stumm auf die noch unbeantwortete Frage. Er war nicht ganz so scharf darauf in das kühle Nass zu gehen. Aber es gab zu viele Gründe es dennoch zu tun. Einer davon war, dass er immer noch so tun musste, als würde es ihm okay gehen. Ein anderer, dass Harry ihm irgendwie wirklich half. Genau deshalb ergriff er auch die Hand des Piraten und ließ sich vorsichtig und ganz langsam ins Wasser führen.
Als das Wasser ihnen bereits zu den Knien ging, stoppten sie. Harry wollte, dass sie es langsam angingen und das hieß keine Überforderung oder zu voreilige Handlungen. Wahrscheinlich standen sie deshalb auch im Morgengrauen im verzauberten See. Denn es war keine Menschenseele weit und breit zu sehen. Nur Harry und er. Sein Griff um die Hand von Harry wurde fester und Carlos atmete tief ein. „Keine Sorge. Solange ich bei dir bin, werde ich dich immer aus dem Wasser fischen." Trotz der wohl aufbauenden Worte, konnte sich Carlos nicht an das Wasser gewöhnen und verkrampfte sich immer mehr. Er hatte das Gefühl, dass es steigen würde und er sich bald unter der Wasseroberfläche befinden würde. Hastig versuchte er nach Luft zu schnappen, aber es kam nichts in seine Lunge. Er bekam einfach keine Luft.
Harry unterdessen war leicht überfordert mit der Situation. Natürlich war ihm bewusst gewesen, dass sowas passieren könnte. Aber er hatte gehofft, dass er es so gut es ging vorgebeugt hatte. Dann erinnerte er sich wieder, was Mal getan hatte, um den Jungen vor ihm zu beruhigen. Vorsichtig packte er ihn an den Armen und zog ihn sich an die Brust. Mit einem Arm um ihn geschlungen hielt er Carlos fest. Die freie Hand legte er auf den weißen Schopf. „Welpe, es ist alles gut. Niemand kann dir hier etwas tun. Du bist bei mir." Es waren nicht ganz die Worte die Mal benutzt hatte, fiel ihm im Nachhinein auf. Noch dazu klang es nicht so hilfreich in seinen eigenen Ohren. „Hör auf mein Atem, Welpe. Tief ein und ausatmen." Harry begann sich auf seinen eigenen Atem zu konzentrieren und gleichmäßige tiefe Atemzüge zu machen. Und dann spürte er es. Carlos begann sich an seinen Atem anzupassen und beruhigte sich dabei. Nicht nur sein Atem hatte der Kleinere bald unter Kontrolle, er entspannte sich auch deutlich und so probierte Harry etwas verrücktes aus. Langsam und auf jede Bewegung von Carlos achtend, begann er sich hinunter ins Wasser zu setzen, so dass es bis zu ihren Schultern ging, im Falle von Carlos jedenfalls.
Noch immer war Carlos in seinen Armen, denn Harry wollte warten, bis sich dieser vollkommen entspannen konnte. Dieser ließ ihn nicht ganz los, als er zu Harry nach oben sah. „Danke. Es geht wieder." Um dies zu bestätigen versuchte sich der Kleinere sogar an einen Lächeln, was ihm scheinbar gelang, den der Griff um seine Hüfte wurde lockerer. „Hör zu, dir kann wirklich nichts passieren, wenn ich bei dir bin." Dies glaubte Carlos ihm sofort. Aber trotzdem wollte er es nicht. Er wollte nicht das Harry auf ihn aufpasste, weil dieser ihn irgendwann eh wieder alleine lassen würde. Er wollte sich nicht an diesen Gedanken gewöhnen. An ihn gewöhnen. Der Schmerz wäre zu unerträglich. Ehrlich. Lieber wollte Carlos sterben. Er hatte sich bereits dafür entschieden. Er würde sich hier von diesen Harry verabschieden und dann zu den echten realen Harry gehen. Diesen würde er seine Liebe gestehen und vielleicht brachte er ihn dann auch um. Oder er tat es selber. Solange er nicht durch die Hand seiner Mutter starb.
Harry konnte die kleinen Regungen um die braunen Augen erkennen und wusste in etwa woran der Kleinere dachte. Es stimmte ihn irgendwo traurig. Er hatte bereits vieles versucht, aber Carlos war darin gefangen. Seine Gedanken und Ängste wollen ihn nicht los lassen. „Welpe, wollen wir dann mit den ersten Schwimmversuchen anfangen?" Abwesend nickte Carlos, schien aber immer mehr zurück ins Jetzt zu kommen. Am liebsten hätte Harry ihn gefragt, woran er dachte. Er hätte gerne alles gewusst, einfach damit er ihm besser helfen konnte. Doch er hielt sich bewusst zurück. Ihm das Schwimmen beizubringen würde das letzte sein was er tat. Er wollte Carlos nicht noch näher kommen. Außerdem, so hatte es Mal jedenfalls gesagt, würden Jay und die anderen bald wiederkommen, wegen der Hochzeit. Carlos würde ihn also schon bald nicht mehr brauchen.
DU LIEST GERADE
Something between us
FanfictionAlle bis auf Carlos waren weg. Jay mit Gil auf einer Weltreise. Mal mit ihrer bevorstehenden Hochzeit, am Ende des Sommers und dem Königin da sein beschäftigt. Evie dabei mit Dough und seiner Familie Zeit zu verbringen. Da war nur noch er. Und nicht...