Die Wellen brachen über mir zusammen, Luftblasen traten aus meinem Maul an die Oberfläche. Angestrengt bemühte ich mich, die Orientierung wieder zu erlangen und merkte voller Panik, wie mich das strudelnde Wasser erfasste und hin und her warf. Mein Rücken wurde an einen im Wasser treibenden Baumstamm gepresst, an dem ich mich festkrallte.
Der Aufprall ins Wasser aus dieser Höhe war schmerzhaft gewesen und die Verletzungen, die Mason mir eingebracht hatte, brannten wie Feuer unter meinem Fell. Angestrengt hielt ich mich auf dem Baumstamm und senkte den Kopf zwischen meine Arme. Nach einigen Metern spürte ich, wie der Wasserlauf ruhiger wurde und sich der Stamm zwischen einigen Flusslianen verkeilte.
Vorsichtig ließ ich mich ins eisige Wasser gleiten und kämpfte mich das letzte Stück bis zum Ufer. Kaum berührten meine blutbefleckten Pfoten den schlammigen Boden, knickten meine Läufe ein und ich verharrte einen Moment liegend auf der Erde, hörte bloß auf das Pochen meines Herzens.
Brausender Wind fuhr mir durch das nasse Fell, ich fühlte mich so schwach wie lange nicht mehr. Meine Brust schmerzte, als ich rasselnd nach Atem schnaufte und ich spürte ein Brennen meinen Rücken entlang. Diese Schürfwunde war der Tribut, den der Baumstamm gefordert hatte, an dem ich mich hochziehen konnte.
Mein feines Gehör nahm das Geräusch von schweren, kraftvollen Pfoten im Schlamm wahr und mein nasses Fell sträubte sich. Der Streuner musste sich ebenfalls aus den Fluten des Flusses gerettet haben, was bedeutete, ich würde sehr wohl sterben, wenn ich nicht sofort von hier verschwinden würde.
Mein Instinkt, vermischt mit dem Gedanken an mein Rudel, welches ich zu finden hatte, verlieh mir Kraft, sodass ich mich aufrappeln und mehrere Schritte fort vom offenen Ufer ins Dickicht machen konnte. Ich wusste nicht wo ich mich befand, aber fest stand, dass ich noch nie so weit weg von Stonehill gewesen war. In diesem mir unbekannten Wald war der Beutegeruch überwältigend, doch bevor ich jagen gehen konnte, musste ich Mason von meiner Fährte abbringen.
Tief durchatmend schloss ich die Augen und sog alle Düfte ein, die die Umgebung mir anbot. Süßer Flieder, knorrige Rinde, von der Sonne erwärmtes Moos, eine Wühlmaus, die einige Körner knackte. Mein Magen knurrte auf, doch ich ignorierte ihn und nahm einen weiteren, gerade lieblichen, doch überaus nützlichen Geruch herbei. So schnell es meine schmerzenden Muskeln erlaubten folgte ich ihm, bis ich in einer Senke etwas Fuchskot entdeckte. Wölfe benutzten diesen widerlichen Duft oft, um sich vor Beutetieren zu verstecken, doch er war auch gegen Artgenossen sehr wirksam. Knoblauch, der dieselbe Wirkung erzielte, wäre mir jetzt wichtiger, aber man musste man das nehmen, was einem das Leben bot.
Meine Augen begannen zu tränen, als ich mich im Dreck wälzte. Das weiße Fell hing verklebt an mir herab und ich widerstand dem Impuls das Zeug von mir abzuschütteln und schleunigst ein Wasserloch zu finden.
Als ich fertig war, schlich ich davon und legte mich flach auf den Boden. Zum einen, weil das hohe Gras meinen Körper gut verbarg, zum anderen, um Bewegungen und Schritte durch Vibrationen auf dem Waldboden wahrzunehmen. Durch das Beben, welches der Boden weitergab, konnte ich herausfinden, welche Tiere in meiner Nähe waren.
Eine Gruppe von Rehen bewegte sich in meine Richtung und ließen den Farnstrauch, in dem ich lag, außer Acht. Es würde mich wundern, wenn irgendein Tier in meine Nähe kommen würde, denn diesen bestialischen Gestank roch man noch eine Meile gegen den Wind. Einige Raben im Geäst über mir stießen Warnrufe aus und die Rehe gerieten augenblicklich in Panik. Sie stoben in Richtung Süden davon, das musste bedeuten, dass sie Gefahr von Norden vermuteten. Der aufkommende Wind bewies, dass sich einer der Streuner aus dieser Himmelsrichtung näherte.
Zu Hause in Stonecliff hatten wir Vogelrufe oft für die Jagd genutzt. Sie hatten die Beutetiere aufgeschreckt und in Bewegung gesetzt, woraufhin wir einen deutlichen Vorteil hatten, denn Wölfe waren auf Hetzjagden spezialisiert. Im Gegenzug überließen wir den Vögeln nach einem erfolgreichen Riss einige Teile des erlegten Fleisches.
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Wolves - Silberblut
Fantasy~ Wir sollten keine Angst haben etwas zu riskieren, wenn wir die beschützen wollen, die uns wichtig sind ~ Mein Name ist Alexa Haze und vor drei Monaten war ich noch eine Jägerin in einem der mächtigsten Werwolfsrudel in Shadow Hills. Bis mir in ein...