Kapitel 5

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Die warme Dusche war einfach himmlisch. Das Wasser lief meinen Körper hinab, die Seife entfernte jeglichen Dreck und hinterließ seinen angenehmen Duft auf meiner Haut. Tat das gut hier in meiner Dusche zu stehen. Ich genoß es so sehr, dass ich beinahe das Klingeln nicht wahrgenommen hätte.

Wer konnte das jetzt wohl sein? Ob der Paketbote schon meinen neuen Mixer liefern würde? oder Tina unangemeldet ihr aufkreuzen würde?

In windes Eile warf ich mir ein Handtuch über, schlüpfte in meine Pantoffeln und drückte die Türklinke herunter. In dem Moment hätte ich fast das Handtuch fallen lassen, dass ich nur mit meinen Händen festhielt. Zum Glück blieb es an seiner Stelle und ich stand nicht splitterfaser nackt hier herum. Ich blickte in seine Augen und brachte keinen einzigen Ton heraus. Ich war wie versteinert und stocksteif. Ich wollte mich doch auf dieses Treffen vorbereiten und mir eine plausible Ausrede einfallen lassen.

Tja, das war's wohl damit. Eine größere Überraschung hätte man mir an diesem Tag auch nicht machen könen. Er hier vor meiner Tür und ich nur in einem Hundtuch bekleidet vor ihm. Peinlicher hätte unser Zusammentreffen nun wirklich nicht ablaufen können.



"Hey, Lilly. Schön dich zusehen. Ich bringe dir dein Handy vorbei, dass du bei mir vergessen hast," sagte er mit sanfter Stimme.



"Danke!" Das war das einzige, was ich in dem Moment zustande bringen konnte.

Ich wollte ihm am liebsten sofort die Tür wieder zuknallen, doch dann sprach er weiter.

"Du bist einfach so ohne ein Wort aus meiner Wohnung gelaufen. Was hat dich denn aufeinmal so aufgewühlt? Du sahst aus als hättest du eine Gespenst gesehen. Ich konnte es in deinen Augen sehen."

"Sorry, kein guter Zeitpunkt für ein langes Gespräch. Du, ich bin auf dem Sprung. Wir müssen wann anders darüber reden. Ich kann jetzt wirklich überhaupt nicht!", sagte ich ziemlich genervt.

"Meine Nummer klebt an einem Zettel hinten auf deiner Hülle. Ruf mich an, sobald du wieder zurück bist. Ich wohne ja schließlich auch nicht allzu weit entfernt. Morgen habe ich meinen freien Tag."

"Einverstanden!", entgegnete ich ihm.

Mehr brauchte ich gar nicht zu sagen, da drehte er sich auch schon um und verschwand. Das war mir genau recht. Ich hätte mich wirklich keine Sekunde länger mit ihm hier so unterhalten können. Das war also erledigt. Zumindest vorerst. Das Schwierigste stand mir allerdings noch bevor.

Diese Augen, dieses unfassbar schöne Lächeln, dieser unverschämt gutaussehende Körper, diese mega Stimme und diese Selbstsicherheit, die er ausstrahlt. Man musste schon ziemlich blind sein, um diesen Mann nicht ansatzweise attraktiv zu finden. Die äußere Attraktivität ist das, was wir als erstes sehen, wenn wir einen Menschen betrachten, aber in der inneren Attraktivität steckt der wahre Kern eines Menschen. Der Charakter wird geformt durch Erfahrungen gute und schlechte, durch verschiedenste Einflüsse, antrainierte Gewohnheiten sowie durch Erlebnisse in unserer Kindheit. Wir sind zu dem Menschen geworden, der wir heute sind, weil wir diesen Weg gegangen sind und weil wir diese Erfahrungen gemacht haben. Jeder schreibt seine ganz eigene Geschichte, die so einzigartig ist, wie jeder selbst.

Ja, eigentlich bin ich doch ziemlich interessiert daran, diesen Mann näher kennenzulernen, aber er hat etwas mit meiner Vergangenheit zu tun, was mir irgenwie Angst macht. Jahre lang habe ich mir gewünscht, dass meine Mutter wieder zurückkehren und mir erklären würde, warum sie mich verlassen hat. Die meiste Zeit über habe ich sie gehasst, weil sie mich einfach im Stich gelassen hat und weil ich als Kind dachte ich wäre der Grund dafür gewesen.

Oft habe ich mich deswegen nie genug gefühlt. Das hatte sich auch bei meinen Männern wieder gespiegelt. Auch sie gaben mir oft das Gefühl nicht ausreichend zu sein, aber betonten immer wieder, dass ich ja gut so bin wie ich bin und mich auf keinen Fall verändern sollte, weil ich ein toller Mensch bin. Dafür konnte ich mir aber auch nichts kaufen. Typisch, dass man immer die Art von Menschen anzieht, die man nicht haben kann oder die einen wollen, aber dir zu lappenhaft sind.

Es war wie verhext. Männer und ich und ich und Männer waren so ein Thema für sich. Ich wollte mich nach diesen Niederlagen auf keinen Mann mehr einlassen, das hatte ich mir einfach so in mein hübsches Köpfchen gesetzt. Doch dann taucht Theo auf, den ich sofort unglaublich anziehend fand, der aber viel Drama in mein Leben bringen und es total durcheinander wirbeln würde. Das wusste ich. Aber dennoch hatter er etwas an sich, was mich faszinierte.

Es machte mich fertig, das ausgerechnet dieser Typ meine Mutter besser zu kennen scheint als ich es jemals getan habe oder tun werde. Wie hängt das nur alles zusammen? Ich werde es herausfinden. Ich musste Antworten haben.

Ich schaue auf die Uhr. Es ist kurz vor 16 Uhr, Zeit aufzubrechen um zu Tina zu fahren und ihr alles zu berichten. Ich entscheide mich dazu nicht mein Auto zunehmen, sondern meinen guten alten Drahtesel, den ich schon viel zulange nicht mehr bewegt hatte.

Als ich gerade mit dem Rad den Weg zur Straße gehen will, glitzert mir etwas entgegen, was hier auf dem Boden liegt. Ich gehe näher an das Objekt heran. Ein sehr unscheinbares Handy. Nein, ernsthaft. Hatte er jetzt auch noch sein Handy hier verloren? Wie verrückt war das denn bitte!! Naja, als Notarzt hat man sicher noch ein Diensttelefon. Also wird es ihn wohl nicht weiter stören. Es gab keinen Zweifel, dass es sich um sein Handy handelte. Als ich die Nummer von dem Zettel anrief, klingelte es sofort.

Dann musste ich ihn wohl definitiv nochmal besuchen. Was für ein seltsamer Zufall. Erst vergesse ich mein Handy bei ihm und dann verliert er seins direkt vor meiner Haustür.

Während der Wind durch meine Haare weht, die Sonne auf meine Haut scheint und ich mich abstrample, versuche ich mich mit meiner Musik abzulenken.

Meine Hand drückt die Klingel. Die Gegensprechanlage geht an und Tina spricht:

"Hey, Süße! Ich ziehe mir noch meinen Mantel an und dann können wir direkt in das Restaurant an der Alster."

"Ok, Tina. Ich warte hier auf dich. Bis gleich!"

"Bis gleich, Lilly!"


Schön, dass ihr auch dieses Kapitel gelesen habt. Ich freue darauf weiter zu schreiben!

Hier ein paar Fragen:

Ob Theo sein Handy mit Absicht dort verloren hat oder ob er es tatsächlich einfach nur verloren hat?

Was hat Theo wohl gedacht als er sie nur im Handtuch bekleidet gesehen hat?

Wie wird ihr nächstes Aufeinandertreffen wohl aussehen? Ob sie sich wirklich in seiner Wohnung treffen oder sich doch nochmal zufällig über den Weg lauf?

Dein Herz ist mein HerzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt