Absolut ausgelaugt fiel Momoka mit dem Kopf auf ihren Schreibtisch im Verlag. Das Cover des letzten Krimis einer ihrer besten Autoren war endlich fertig geworden und die Mail mit der fertigen Grafik ging vor ungefähr einer Minute raus. Mittlerweile war es draußen schon seit einigen Stunden dunkel geworden, aber trotzdem waren noch genug Leute hier im Gebäude und arbeiteten. So lief das hier immer, wenn eine Deadline kurz bevor stand. Alle arbeiteten mindestens zwölf Stunden am Stück, manche schliefen sogar hier im Büro. Momo hob noch einmal den Kopf leicht, verschränkte ihre Armen darunter auf dem Tisch und kuschelte sich auf das nun wesentlich weichere Polster. Sie sollte jetzt erstmal fünf Minuten schlafen, zumindest die Augen etwas vom Licht des Bildschirmes ausruhen. Nur wenige Momente später dämmerte die brünette junge Frau langsam weg. Die Erschöpfung hatte nun endgültig ihren Tribut gefordert.
„Hey Momo“, eine Stimme drang langsam durch den Nebel, der sie umgab, „Momo, wach auf! Wir wollen los!“, wieder war da diese Stimme. Sie kam ihr bekannt vor, aber die Grafikerin konnte sie nicht zuordnen. Ihre Augen waren fest verschlossen, alle Kraft, die die Brünette aufbrachte, nutzte ihr nichts, die braunen Irden wollten sich einfach nicht öffnen, egal wie sehr sie es auch versuchte. „Momoka, jetzt reicht es aber! Wach endlich auf! Wir wollten feiern, dass wir den Schinken endlich los sind. Du hast versprochen, dieses Mal mitzukommen. Also los jetzt! Das Barbecue wartet nicht auf uns! Die geben unseren Tisch noch jemanden anderen“, die Stimme klang beinahe panisch. Inzwischen lichtete sich auch die diesige Suppe in Momokas Kopf. Stimmt, da war noch was. Sie sollte ja mit dem Team, dass mit ihr an diesem Roman arbeitete, zusammen Essen gehen. Träge hob sie ihren Kopf und sah in die Richtung, aus der die Stimme kam. Dort neben ihr stand Taro, ihr Kollege, er arbeitete als Lektor an dem Roman und neben ihm stand Rika, die für das Marketing verantwortlich war. Zusammen stemmten sie mit einigen anderen das Projekt, was nun hoffentlich abgeschlossen war und man nun doch mal ein oder zwei Tage freihaben konnte.
Müde rieb sich Momo über die Augen und setzte sich ihre Brille auf die Nase. „Taro, mach nicht so eine Panik! Die Welt geht nicht unter, wenn du etwas länger auf den gebratenen Schweinebauch warten musst!“, die herrische Stimme Rikas drang an ihre Ohren. Wenn man jemanden zur Ordnung bringen musste, dann war auf die Frau immer verlass! Ohne sie wäre Momoka heillos mit diesem aufgedrehten Typen überfordert gewesen. „Rika, du verstehst das nicht! Ich bin ein Mann und muss mehr essen als ihr Frauen, um tadellos zu funktionieren“, das, was der schwarzhaarige Mann sagte, klang schon fast weinerlich. Er musste wohl wirklich hunger haben. Die Brünette seufzte und erhob sich von ihrem Bürostuhl. „Ihr könnt ja beide schon mal vorgehen, ich komme dann nach. Ihr wisst schon, die Toilette ruft und ich will mir noch was anders überziehen“, versuchte Momo ihren beiden Kollegen glaubhaft zu machen. Zwar hatte sie den Beiden vor gut einer Woche versprochen, dass sie wenigstens heute mit ihnen auf den Feierabend anstoßen würde, aber die junge Frau hatte vor nichts unversucht lassen, um soziale Ereignisse weitestgehend oder am besten vollständig zu umgehen. Viel lieber wäre es ihr in ihrer kleinen Wohnung im Wohnzimmer auf der Couch unter einer kuscheligen Decke mit ihren zwei Kaninchen auf dem Schoß zu sitzen und alle Serien nachzuholen, die sie aus Zeitmangel nicht geschafft hatte zu schauen. „Wie gut, dass ich das Gleiche vorhatte, Momo. In den Klamotten kann ja kein normaler Mensch wirklich entspannen. Also los, wir wollen ja unseren Starlektor nicht verhungern lassen. Der Boss mach uns sonst einen Kopf kürzer!“, Rika hatte sie durchschaut eindeutig! Damit wurde sie erbarmungslos hinter der blonden Frau hergezogen. Als sie außer Hörweite waren, sprach die Frau aus dem Marketing leise und bedrohlich: „Du lässt mich ganz bestimmt nicht mit diesem Idioten allein!“Keine halbe Stunde später saßen alle drei in einem maßlos überfüllten Barbecuerestaurant. Mittlerweile war es halb neun und die Leute hier waren schon mächtig angetrunken. Soweit das jemand, der wie Momo jedes Millennium einmal unter Menschen war, beurteilen konnte. Die Kellnerin, die ihnen gerade ihre Getränke brachte, lächelte sie freundlich an und stellte ihr eine Flasche und ein Glas vor die Nase. Taro hatte für sich und die beiden Frauen bestellt, somit musste sie wohl mit dem Getränk leben, dass für sie ausgesucht worden war. Die Braunhaarige beugte sich vor und goss sich etwas der Flüssigkeit in das Glas. Bis zur Hälfte war das Glas mit der goldenen, sprudelnden Flüssigkeit gefüllt. Momoka trank zwar Alkohol, jedoch musste er süß sein und wenn sie ehrlich mit sich selbst war, dürfte man ihn auf keinen Fall herausschmecken. Selbst ein Glas Sekt, an einem Geburtstag oder anderen Anlässen, schaffte es, dass sich alles in ihr zusammen zog. Dieses Bier vor ihr war also nicht unbedingt das, was sie bevorzugte oder überhaupt in Betracht zog. Sie umfasste das Glas mit beiden Händen und setzte es sich an die Lippen. Der Geruch allein reichte ihr schon um zu wissen, dass das Zeug nicht den Weg in ihrem Mund finden würde. Vielleicht ließen sich ihre Kollegen austricksen. Langsam kippte sie das Glas so, dass sie Flüssigkeit ihre Lippen berührte, öffnete dabei aber nicht den Mund und setzte das Glas dann ab. Genau so, als hätte sie gerade etwas getrunken.
„Sag mal Momo? Hast du eigentlich mittlerweile jemanden kennengelernt? Du bist ja schon ewig Single“, kam es von gegenüber von Taro. Verwirrt zog Momo ihre Augenbrauen zusammen. Was interessierte Taro so etwas? Es ging hier schließlich um ihr Privatleben. Da sollten sich ihre Kollegen wohl heraushalten. Antworten konnte sie ihm nicht, denn sie hörte nur einen kurzen Schmerzensschrei ihres Kollegen: „Aua Rika, was soll das! Ich habe Momo eine ganz normale Frage gestellt! Nichts Komisches oder so!“ Wie Rika mit Taro umging, war nichts Neues. Er tat oder sagte etwas Dummes und sie zeigte es ihm dann auf körperliche Art. Meist fand dies in Form von Schlägen auf den Hinterkopf statt. Genau wie jetzt, der schwarzhaarige rieb sich den Hinterkopf und schaute die blonde Frau mit schmerzverzerrten Gesicht an. Diese schaute ihn nur mit einem erbarmungslosen Ausdruck an und schnaubte dann: „Das geht dich einen scheiß an, du Idiot. Du solltest dich lieber fragen, warum du noch immer allein bist! Im Gegensatz zu dir ist Momo wenigstens liebenswert und nicht so ekelhaft neugierig!“ Momoka lachte leise vor sich hin, während sie die zwei Streithähne beobachtete. Wenn sie nicht wüsste, dass Rika schon längere Zeit in festen Händen war, dann hätte die Brünette Taro und sie für ein Paar gehalten. „Aber Rika Momo ist doch so furchtbar leise und zurückhaltend. Ohne Hilfe, wird doch keiner auf sie aufmerksam und das wäre doch richtig schade“, versuchte sich der Lektor zu rechtfertigen. Die blonde Marketingmitarbeiterin schmetterte das jedoch eiskalt ab: „Und wenn sie das ist! Das gibt dir noch kein Recht dich da einzumischen du Trottel. Also halt einfach die Klappe. Deinetwegen hat Momo noch gar nichts gesagt!“ Damit sah Rika auffordern zur anderen Frau. Was sollte sie denn jetzt sagen? Sie suchte ja nicht nach jemandem und eigentlich hatte sie auch im Moment nicht das Bedürfnis. „Rika, es ist in Ordnung. Ich habe und möchte niemanden und wir können doch jetzt auch Essen. Die Kellnerin kommt mit dem Fleisch und Gemüse.“So voll gefressen fühlte sich Momo schon lange nicht mehr. Sie wollte von allem etwas probieren, was sie auch getan hatte und noch einige Stücke Schweinebauch mehr. Das Bier hatte die Frau gegen ein süßes Gemisch aus verschiedensten Säften und Alkohol getauscht und ein leicht duseliges Gefühl breitete sich in ihr aus. Ihre beiden Begleiter diskutierten gerade mit den anderen anwesenden Kollegen darüber, welche Soße am besten zu welcher Beilage passte, sie selbst konnte zu dieser Unterhaltung nicht wirklich etwas beitragen, also beschloss sie, die Atmosphäre im Restaurant festzuhalten. Sie holte einen Block und einen Bleistift aus der Tasche und begann zu zeichnen. Jedoch lenkte etwas ihre Aufmerksamkeit aus sich, was ihr den Fokus auf das allgemeine Ambiente verwehrte. Am anderen Enden des Raumes befand sich ein Tisch, an dem eine größere Gruppe, sich angestrengt unterhaltender Männer saß. Einer von ihnen zog die junge Frau besonders in seinen Bann. Sie begann sein Profil in allen Details auszuarbeiten, die blonden Strähnen im langen Deckhaar, das ordentlich und gleichzeitig aber auch unordentlich zur Seite gekämmt war. Die Augen hinter der runden Brille, die gelangweilt seine Gesprächspartner betrachteten, der lange goldene Ohrring, der bei jeder seiner Bewegungen leicht baumelte und die Zigarette, die in regelmäßigen Abständen den Weg zu seinem Mund fand. Jedes noch so kleine Detail wollte Momoka festhalten und die Skizze wurde immer facettenreicher. Mit jedem Strich ähnelte die Bleistiftzeichung dem Original mehr. Immer wieder besah sie das markante Profil des Fremden. Als sie noch so weiter wie in einer Art Trance gefangen vor sich hin zeichnete und dann ein weiteres Mal von ihrem Blatt aufsah, war ihr Modell verschwunden. Ein leises Seufzen verließ ihre Lippen. Warum musste er jetzt in so einer ungünstigen Situation aufstehen! Hauptsache er setzte sich wieder hin und sie konnte weiter machen. Die Zeichnerin lehnte sich leicht zurück und hielt sich den Block auf Augenhöhe. Noch ein oder zwei Verbesserungen und dann könnte sie heute oder morgen noch Farbe hinzufügen. Diesem Plan würde ein jähes Ende gesetzt, als ihr der Block aus der Hand gerissen wurde und kurz drauf dem Geräusch nac zu urteilen ein Blatt aus ihrem Block gerissen würde. Erschrocken drehte sich die Brünette um und musste an der Person hochsehen, die hinter ihr stand. Ihr Magen zog sich zusammen und Übelkeit breitete sich in ihr aus. Das war doch jetzt nicht wahr. Das dürfte nicht geschehen sein. Hinter ihr stand der Mann, den sie gerade noch zu Papier gebracht hatte. Er sah sie finster an und warf den Block wieder neben sie auf die Bank: „Hat man dir nicht beigebracht. Dass man das Einverständnis von Fremden braucht, wenn man sie zeichnen will? Und das hier“, er hielt das Blatt mit der Zeichnung von sich hoch, „behalte ich als Bezahlung dafür, dass ich dich damit so einfach davon kommen lasse.“, damit ging er ohne Momoka zu Wort kommen zu lassen zurück an seinen Platz und steckte das Blatt in die Innentasche seines Sakkos.
„Was war denn das? Hat sich Harry Potter auf den weg nach Hogwarts verirrt oder was? Vollkommen übertrieben in jeder Hinsicht der Typ“, gab Rika abfällig von sich. Sie und Taro hatten sich wohl von ihrem Gespräch lösen können und die ganze unglaublich unangenehme Begegnung beobachtet. Unendlich dankbar für ihren Kommentar lächelt Momoka ihrer Kollegin einfach entgegen. Ohne sie würde Momo wohl in unendlicher Peinlichkeit im Erdboden versinken. „Warum hast du den Typen überhaupt gezeichnet? Findest du sowas etwa heiß?“, kam es verwirrt von Taro. Warum schloss er nur darauf, weil sie ihn gezeichnet hatte oder hatte er noch andere Dinge gesehen, die die Brünette selbst nicht bemerkte. Leicht schüttelte die Gefragte den Kopf: „Nein, seine Frisur war interessant und ich wollte üben, mehr nicht.“ Taro und auch Rikas Blick lagen skeptisch auf ihr: „Und das sollen wir dir glauben? Aber sagen wirst du es uns ja nicht“, kam es von Rika, die damit das Thema beendete und sich wieder an die anderen anwesenden Kollegen wendete, während Momo nicht anderes übrig blieb, als mit der fehlenden Seite ihres Skizzenbuches zu leben.
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Sketches (Hanma x Oc) (Tokyo Revengers)
FanfictionAls der Verlag, in dem Momoka arbeitete, an einen unbekannten Investor verkauft wurde, ahnte sie nicht, dass sie in Dinge involviert werden würde, die sie eigentlich nur aus Filmen kannte. So muss die junge Frau es am eigenen Leib erleben, wie aus e...