Toilettenkunst

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Der süße Duft des Latte Macchiato stieg ihr in die Nase. Nichts ging über einen Haselnussmacchiato mit ganz viel Zucker. So liebte Momoka ihren Kaffee, süß und eigentlich kein bisschen vom Kaffeegeschmack übrig. Ganz im Gegensatz dazu ihre beste Freundin Fumika. Die etwas größere Frau hatte ein kleines Tablett mit einem doppelten Espresso und einem Glas stillen Wasser. In dem Sinne waren die zwei Freundinnen also wie Tag und Nacht. Gerade als Momoka den langstieligen Löffel nehmen wollte und  im Begriff war die wunderbaren Schichten des Kaffeegetränkes zerstören, hielt ihre Freundin sie lautstark davon ab: „Haalt! Ich brauch noch Bilder für meine Story. Die Leute gehen auf sowas richtig ab! Also Griffel weg von dem Löffel und lass mich schnell ein paar Bilder machen.“ Genervt ließ sich die Braunhaarige an die Lehne ihres Stuhles fallen. Aus diesem Grund ging sie nicht gerne mit ihrer Freundin in Cafés oder Restaurants. Ehe sie mit allen Bildern fertig war, hatte jedes Heißgetränk sich der Umgebungstemperatur angepasst und war somit beinahe ungenießbar. „Mach nur schnell. Ich will dieses Mal meinen Kaffee noch warm trinken und mein Essen wird nicht fotografiert. Auf kein geschmolzenes Eis und auch einen kalten Apfelstrudel habe ich wirklich keine Lust“, sagte sie weit weniger zurückhaltend als bei ihren Kollegen. Fumika beugte sich während Momoka sprach über den Tisch und machte aus allen erdenklichen Winkeln Bilder von den Getränken. Blaue Augen erfassten Momoka. Fumi musste heute wieder ein Paar ihrer farbigen Kontaktlinsen tragen, denn ihre Augen waren eigentlich wirklich sehr dunkel, beinahe schwarz, um genau zu sein. „Wenn es sein muss. Dann kann ich eben nur das bisschen posten oder ich muss später noch was zu den Klamotten drehen, die wir vorhin gekauft haben“, sagte die Bloggerin nachdenklich und setzte sich wieder auf ihren Platz. Sie nahm einen Schluck von ihrem Wasser und fixierte Momo wieder: „Aber sag mal, wie kommt es, dass du heute freihast? Die letzten zwei Wochen hattest du maximal einen halben Tag, wenn nicht sogar weniger frei.“ Da hatte die Blondierte nicht ganz unrecht. Das war ihr erster Tag frei, nachdem das Projekt gestern abgeschlossen wurde. „Wir sind endlich fertig und haben alle den Rest der Woche freibekommen. Das ist zwar nur noch heute und morgen, aber viel besser als gar nichts“, gab Momoka als Antwort. Skeptisch zog ihre Freundin eine ihrer akkurat geschminkten Augenbrauen in die Höhe: „So wie du redest, hört sich das für mich eher an wie moderne Sklaverei. Aber das habe ich dir ja schon oft genug gesagt.“ Damit war das Thema wohl für beide Frauen gegessen. Auch, wenn Fumika im Grunde die gleiche Zeit in ihr Studium und ihre Arbeit investierte, aber es fühlte sich sicher anders für sie an als eine reguläre Arbeit. „Aber sag mal, was war das gestern für eine peinliche Sache, die du mir erzählen wolltest? Das muss ja richtig spektakulär gewesen sein. Du gehst ja sonst nur alle Jubeljahre mit anderen, abgesehen von mir, weg“, neugierig betrachtete Fumi ihre langjährige Freundin, „Ich will jedes schmutzige Detail!“

Nachdem Momoka weitestgehend alles erzählt hatte, brach ihre Freundin in schallendes Gelächter aus. „Das ist nicht dein Ernst, wie kannst du nur so sehr alles um dich herum vergessen? Und der Typ war er wenigstens heiß, hast du seine Nummer oder so?“, fragte Fumika als sie ihren Lachanfall halbwegs überstanden hatte. Dachte sie echt nur daran, ob der Mann attraktiv war? Manchmal war ihre Freundin echt oberflächlich. „Woher soll ich denn bitte wissen, ob du den gut aussehend findest oder nicht? Auf alles Fälle war er riesig und beängstigend. Der ist bestimmt über zwei Meter groß und hat mich so gruslig angesehen. Da achte ich doch als Letztes darauf, ob er irgendwelchen Schönheitsidealen entspricht“, ja Momo hatte wirklich nicht darauf achten können, wie er von Nahem aussah, aber von weitem war ihre Aufmerksamkeit schon nicht ohne Grund auf ihn gerichtet gewesen und die Frage nach der Nummer überging sie schon nicht ohne Grund, ansonsten hätte sie je nachdem ob sie die Telefonnummer hatte oder nicht entweder vor den wertenden Augen Fumis eine Nachricht schreiben müssen oder eine Predigt darüber, wie doof sie doch war, eine solche Gelegenheit verstreichen zu lassen, wäre ihr sicher gewesen. Die Influencerin nahm einen Bissen ihres Erdbeerkuchens, den die Bedienung brachte, als Momoka die Ereignisse des letzten Abends zusammenfasste. „Du willst mir also sagen, dass du, nachdem du den Kerl gemalt hast, nicht sagen kannst, ob du den hot fandest oder nicht. Momo verarsch mich nicht. Das kannst du deinen Kollegen erzählen, aber nicht mir. Also spucks aus. Wie heiß war er auf einer Skala von eins bis zehn“, Fumika ließ sich wie immer nicht von den Ausreden der anderen Frau ablenken. Das hatte noch nie geklappt. Nicht in ihrem winzigen Kaff, aus dem beide kamen und auch nicht hier in Tokio. Genervt seufzte Momo und schluckte ihren Apfelstrudel runter: „Wenn du schon weißt, dass er mir bis zu einem bestimmten Grad gefallen haben muss, warum stellst du mir dann solche Fragen? Dir sollte klar sein, dass ich nicht gerne über solche Themen spreche, nicht mal mit dir.“ Fumika stützte sich mit ihrer rechten Hand am Gesicht ab und sah Momo direkt in die Augen: „Du weißt wie unerlässlich das ist oder? Du hast ja kein Bild mehr von ihm, also musst du das so erzählen. Also Größe haben wir und auch einen furchterregenden Blick. Was aber bei dir echt nicht schwer ist. Wie sieht er denn weiter aus? Irgendwelche besonderen Merkmale?“ Jetzt würde die Grafikerin nicht mehr rauskommen. Ihre Freundin würde nicht locker lassen, bis sie alles wusste, was in ihren Augen wichtig war. „Ja schon klar ich sags dir ja schon, aber du musst mich dann in Ruhe lassen, den Typen seh ich ja sowieso niemals wieder“, sagte die braunhaarige ihrer Freundin bevor sie fortfuhr, „Naja er war eben fast zwei Meter groß und trug einen ganz normalen Anzug, die Haare hatte er zur Seite und da waren auch blonde Strähnen. Eine runde Brille hatte er auch und einen goldenen Ohrring, ach und seine Augen hatten so einen goldenen Schimmer. Ich wünschte, ich hätte Farben dabei gehabt.“ Nickend hörte Fumi ihrer Freundin zu und antwortete ihr dann: „Also doch so heiß, dass du ihm direkt in die Augen gesehen hast. Nur bin ich nicht sicher, ob das nun ein Geschäftsmann oder ein Zuhälter war.“

Sketches (Hanma x Oc) (Tokyo Revengers)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt