Entscheidungen

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Entscheidungen sind einer der wichtigsten Bestandteile des Lebens. Man kommt, wenn man es so sagen möchte, nicht um sie herum, egal was man tut. Sie beginnen beim Aufstehen mit der Frage was man dem Wecker zu tun gibt. Ausschalten, oder nochmal in 5 Minuten klingeln. Danach hören sie aber nicht auf, die Entscheidungen, sie gehen unzählbar über den gesamten Tag hinweg weiter. Daraus geht auch hervor, dass es Entscheidungen gibt, die man nicht treffen möchte. Möglicherweise in einem Fall, welcher keinen guten Ausweg offen hält. Nicht diese Entscheidungen, die fast schon passiv getroffen werden, wie die Frage, welche Socken man heute anzieht. Zumindest meistens verlaufen solche Entscheidungen passiv. Doch es gibt auch die großen, die erscheinen als würden sie das ganze Leben verändern und den vorherbestimmten Verlauf des Schicksals ändern. 

Ich möchte hier nicht philosophisch werden, ich möchte auf einen Typ Mensch hinaus, einen zu dem ich mich selbst leider zählen muss. Menschen wie ich treffen kaum Entscheidungen, abgesehen von den passiven. Wir treiben auf dem Zeitstrang des Schicksals in die uns anscheinend vorherbestimmte Richtung und begegnen dort den Quälgeistern unseres Lebens. Uns erscheinen alle Entscheidungen wie Aufgaben, die man Göttern auferlegt um sie als würdig anzuerkennen. Viele der Entscheidungen, die andere fast im Schlaf treffen scheinen für uns keinen guten Ausgang zu haben egal was man tut. Das macht leben unfassbar mühsam. Für die Verständlichkeit möchte ich hier gerne ein paar Fragen aufzählen, die meine Ansicht verdeutlichen: „Was möchtest du einmal werden?" „Willst du nach der Schule studieren?" „Was möchtest du studieren?" „Nicht? Was möchtest du dann arbeiten?" „In welcher Stadt wirst du leben?". Solche Fragen sind an sich keine Entscheidungen, aber sie zeigen sie auf. Menschen wie ich schwimmen durchs Leben wie auf einem Fluss und bemühen sich nicht darum bei einer Gabelung die richtige Seite zu erwischen. Stattdessen gehen wir mit dem Strom. Ab und zu wird etwas an uns vorbeigespült, etwas, dass wir bei genauerer Betrachtung haben wollen. Das kann alles sein. Eine neue Wohnung, ein potenzieller Lebenspartner, ein Job, ein Studium und so viel mehr. Wir betrachten es, aber nicht zu lange, denn sonst schwimmt es davon. Wir treffen eine Entscheidung und nehmen das Treibgut mit uns. Nun möchte mancher Leser vielleicht sagen, dass wir somit Entscheidungen treffen wie jeder andere auch und dieser Text seine Sinnhaftigkeit genau hier verloren hat. Doch hört mit weiter zu. 

Gehen wir davon aus, dass ein Jobangebot neben mir schwimmt und ich es ergreife. Ich habe die Entscheidung gefällt. Doch Menschen wie ich, hätten es nicht ergriffen, wäre es nicht so zufällig vorbeigekommen. Nicht eine Sekunde unseres Lebens hätten wir an diese Option in unserer Existenz gedacht, hätten wir es nicht zufällig gefunden. Wir treffen also keine Entscheidung und setzen sie um – Nein. Wir finden Dinge, die uns reichen und wählen den Weg des geringsten Widerstandes. Sagen wir es anders. Eine Person denkt darüber nach welchen Job sie einmal haben möchte und arbeitet darauf hin. Ganz logisch. Wir arbeiten auf nichts hin. Wir treiben voller Unbehagen auf unserem Fluss, nicht in der Lage eine Gabelung zu wählen, die uns möglicherweise irgendwohin führt. Fließt etwas vorbei, das uns in dem Moment kein Unbehagen bereitet, ergreifen wir es. Ich hoffe das verdeutlicht, was ich sagen möchte.

Möglicherweise stellen sich manche Leser jetzt die Frage, wieso wir nicht einfach eine Entscheidung treffen und den Strom unseres Schicksals ändern. Nun ja das lässt sich nicht einfach beantworten. Jeder hat da so seine ganz eigenen Probleme. Es könnte die Furcht davor sein die falsche Entscheidung zu treffen und an einem Ort zu landen, an dem es schlimmer ist als hier. Es könnte daran liegen, dass einem keine der möglichen Optionen als angenehm erscheint, oder einfach daran, dass man nicht weiß, wohin man will. Vielleicht will man niemanden enttäuschen und nachdem das unmöglich ist, tut man nichts. Wenn man keine Entscheidung trifft, kann auch niemand böse sein auf das was man getan hat.

Hierbei kommen gleich zwei Probleme zum Vorschein. Zum einen ist es unmöglich alle Entscheidungen zu umschiffen und andererseits ist es unmöglich alle um sich herum glücklich zu machen. Ich spreche aus Erfahrung wenn ich sage, dass das Leben einem Hindernisparcour um Leben und Tod gleicht, sollte man versuchen ein sogenannter „People-Pleaser" zu sein. Man muss sich verändern, verbiegen, gar zerbrechen und neu formieren, wenn man jedem alles recht machen will. Dies erscheint uns oft einfacher, als eine simple Entscheidung zu treffen. Man wird zu einem eigenschaftslosen Schleim, der sich durch das Zahnrad der Zeit quetscht und dabei immer mehr an Substanz verliert, gar verschwindet und untergeht in dem Strom welchem er nichts aufzwingen will. Es zerreißt einen innerlich und lässt ein Gefühl der Verpflichtung zurück. Wieso tut man sich das also an? 

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