Kapitel 39

1.6K 165 6
                                    

Eine Schwalbe glitt durch den Himmel. Ihre Flügel schlugen gleichmäßig und ruhig. Für alle, die sie sahen erschien es als bewege sie sich im Einklang mit der Natur. Unter ihr schien der Wald zu atmen, die leichten Windböen zerrten an den Federn des Vogels. Über ihr erstreckte sich ein saphir blauer Himmel, so weit sie sehen konnte. Zusammen ergaben Horizont und Erdboden, ein Farbenspiel. Blau, Grün, Braun, Gelb, die Facetten kannten kein Ende. Ein Fluss, glitzernd in der Sonne, schlängelte sich durch die Bäume, bis er in weiter Ferne seine Heimat, den Ozean, fand.

Die Schwalbe segelte weiter durch die Luft, die Sonne spiegelte sich in den glänzenden, schwarzen Federn. Doch plötzlich wurde sie überschattet. Auf den Baumwipfeln verstummten die Vögel und alle Tiere des Waldes flohen. Über ihnen erstreckte sich ein Wesen voller Grausamkeit und Tod. Die Silhouette des fliegenden Monsters wirkte wie ein schwarzes Loch im Erdboden, ein Loch, das alles verschluckte.

Der Drache witterte schon lange das, was er suchte. Unter sich hörte er die ersten Schreie. Es war wie eine Melodie in seinen Ohren, ein Lied des Todes. Sein Lied.

Das war, als er den ersten brennenden Atem über den Wald blies. Schwarzer Rauch erfüllte die Luft und trübte die bereits untergehende Sonne.


Ein kleines Mädchen rannte durch den Wald. Um sie herum lag eine Stadt in Trümmern. Ihre Stadt. Immer wieder begegnete sie fliehenden Menschen. Ihre Gesichter waren schmerzerfüllt, verängstigt und voller Trauer. Schmierige Asche bedeckten die Wangen des Kindes und ihre Tränen hinterließen verzweifelte Spuren. Immer wieder rief sie die Namen ihrer Eltern und den ihres Bruders. Sie rannte in die entgegengesetzte Richtung, schob sich durch die panische Menge. „Vater! Vater?!", ihre leise Stimme vermochte es nicht die Schreie ihres Volkes zu übertönen. Niemand bemerkte sie, niemand half ihr.

Sie rannte weiter. Ihre kleinen Füße bluteten, immer wieder trat sie auf Steine, zerbrochenes Glas oder heiße Kohle. Bissiger Rauch brannte in ihren Lungen und verstopfte ihre Nase. „Vater?", schrie sie wieder und diesmal bekam sie eine Antwort. „Ahvril? Oh Ahvril, mein Kind", ihr Vater lief ihr mit weit ausgebreiteten Armen entgegen. Er fiel auf ein Knie und sofort schmiss die junge Celva sich in seine Umarmung. Einen kurzen Moment später nahm er ihr Gesicht in seine Hände und betrachtete sie prüfend. „Ich bin so froh das dir nichts geschehen ist", seufzte er erleichtert und wischte ihr eine Träne von der Wange, was einen Abdruck hinterließ. Hinter ihnen, ganz in der Nähe, durchdrang das Brüllen des Drachen die Luft. Panisch zuckte Ahvril zusammen und sah ihren Vater aus großen Augen an. „Meine Kleine", sagte er und leckte sich unsicher über die trockenen Lippen, „du musst es jetzt tun. Du weißt doch noch was wir gelernt haben?" Das Mädchen nickte nur stumm, zu verängstigt wegen dem, was ihr bevor stand. „Nun gut. Geh! Erfülle dein Schicksal", er küsste sie auf die Stirn und sah zu einem kleinen Hügel.


Mit Schrecken beobachtete er wie seine Tochter der Bestie gegenüber trat. Er wusste nicht mit Sicherheit, ob sie die Gabe ihres alten Volkes geerbt hatte, doch nun musste er sich einfach auf seinen Instinkt verlassen. Sie musste es sein, ein Dezemberkind. Ihre Haare waren zu hell, ihre Augen zu auffällig und ihr Geist zu wach um normal zu sein.

Seine kleine Tochter ging mit entschlossenen Schritten auf den Hügel und verharrte. Ihr fast silbernes Haar flog um sie herum, Funken des Feuers knisterten und das Brüllen des Drachen erschallte genau vor ihr. In diesem Moment tauchte er auf. Erst sah man durch den Rauch nur den Umriss der Bestie, doch dann öffnete er sein Maul und sandte eine neue Feuerwelle durch den Wald. „Smaug!", Ahvrils Stimme ertönte und über schallte alle anderen Geräusche. Die Welt schien still zu stehen. Wie erstarrt betrachtete er die Szene vor sich. Der Drache hielt ebenfalls inne und wand seinen gigantischen Kopf zu dem winzigen Mädchen.

Und er lachte.

Laut, höhnisch und voller Grausamkeit.

Noch einmal schrie die junge Prinzessin seinen Namen, dann schlug er mit seinen Flügeln und verschwand im Nachthimmel. Feuersäulen trafen den Erdboden, überall wo er erschien. Sie hatte versagt und doch erkannte er es. Seine Tochter hatte es, die Gabe der Girithron. Sie hatte die Prophezeiung nur noch nicht vollständig erfüllt. Ein kleines Detail war ihm entgangen, doch nun wo er sie dort stehen sah, umhüllt von Flammen und leuchtend wie die Göttin des Lichtes selbst, wusste er es.

Er schloss die Augen und betete. 


******

Ich bin mir noch nicht sicher, aber es kann gut sein das ich Kapitel 40 als Abschluss nehme und dann mit Teil 3 beginne :D Lasst euch überraschen!

Fire Princess (Hobbit FF: Band 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt