If you feeling down

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Harry Pov

 "Ich bin so bescheuert" hörte ich sie sagen und trat auf sie zu. Den ganzen Abend waren wir erfrischend ehrlich zueinander gewesen und ich hatte nicht vor das jetzt zu ändern. Sie hatte mich heute schon einmal gerettet und die Alternative, mit ihr Zeit zu verbringen, wog mehr, als meiner Last zu frönen.

" Bisher habe ich den Abend mit dir sehr genossen. Insbesondere weil du mir das Gefühl gibst, mich zu sehen und nicht was du in mir sehen willst. Und es würde mich wirklich sehr enttäuschen, wenn der Abend jetzt so abrupt enden würde. Also was hälst du davon, heute bei mir zu übernachten?" Zwar könnten wir auch versuchen ihr ein Hotel zu besorgen, doch das würde sich um diese Uhrzeit schwierig gestalten. Martha hatte nachdenklich die Augenbrauen zusammengezogen. "Jetzt noch ein seriöses Hotel zu finden, gestaltet sich bestimmt schwierig. Außerdem wirkt mein Haus dann nicht mehr so einsam und verlassen."

"Bist du dir wirklich sicher, dass du das willst? Ich möchte dich nicht unter Druck setzen und eigentlich kann ich ganz gut für mich selbst sorgen. Ich möchte nicht, dass du denkst mich aus Mitleid bei dir aufnehmen zu müssen."

„Du verwirrst mich, Martha." gab ich ehrlicher Weise zurück.

„Glaub mir, ich verwirre mich selbst gerade. So kenne ich mich gar nicht. Also verwirrt bin ich öfter, aber irgendwie neige ich heute zu Kurzschlussreaktionen." erwiderte Martha entschuldigend. Ihre Augenbrauen zogen sich nachdenklich zusammen.

„Ich möchte es aber gerne. Also was sagst du?" Damit würde sie mir mehr helfen, als sie je wissen würde. Sobald ich alleine war und die Welt um mich herum mich nicht mehr ablenken konnte, erwachte eine Seite in mir, die ich zutiefst verachtete und mich wohl immer begleiten würde, ob ich nun wollte oder nicht.

Martha schien zu überlegen wie sie reagieren sollte und antwortete. „Ausnahmsweise nehme ich dein nicht ganz so freiwilliges Angebot an."

„Ich wohne nicht weit von hier entfernt, hast du etwas gegen einen kleinen Spaziergang einzuwenden?" Während ein Teil in mir mich für diese Entscheidung verfluchte, verspürte ich vor allem eine innerliche Erleichterung.

„Das ist eine wunderbare Idee und zur Ausnüchterung jetzt geradezu für mich geschaffen." Ich schüttelte, leicht vor mir her lachend, den Kopf und wir machten uns auf den Weg. Sie blickte zu mir hoch und scannte mein Gesicht ab, als würde sie Probleme damit haben meine Entscheidung einzuordnen.

Zunächst liefen wir schweigend nebeneinander her, aber ich wurde das Gefühl nicht los meine erste Reaktion erklären zu müssen. Natürlich war ich ihr keiner Rechenschaft schuldig und dennoch Tat es einfach gut, mich ihr offenbaren zu können. Wer wusste schon, wann mir so eine Gelegenheit noch einmal zu Teil werden würde?

"Ähnlich wie du schätze ich es, dass wir uns nicht auf konventionelle Weise, so steif und nur bezogen auf irgendwelche Eckdaten, von denen wir denken sie würden etwas über unsere Persönlichkeit verraten, kennen lernen, aber das was ich beruflich mache, hat einen großen Einfluss auf mich und mein privates Leben." ich stockte in meiner Rede, weil ich nicht sicher war, ob ich wirklich riskieren wollte, dass ihr erster Eindruck über mich von dem überschattet werden würde, was ich beruflich tat. Falls das so wäre, würde sich schlagartig die Stimmung des Abends verändern und somit auch die Freiheit und das Glück, das ich erst zu schmecken bekam. War ich bereit die Leichtigkeit, die ich an diesem Abend empfand aufzugeben? Bleiben würde mir die Erinnerung, die mich noch lange begleiten würde, das konnte ich spüren.

"Bist du etwa ein Serienmörder? Oder noch besser: ein geheimer Regierungsmitarbeiter? Nein ich weiß, du bist ein Drogendealer!" Witzelte Martha. "Schlimmer als das, was ich gerade aufgezählt habe, kann es doch wirklich nicht sein."

Resigniert atmete ich aus. Spätestens, wenn wir bei meinem Haus ankämen, würde es offensichtlich, dass ich Geld hatte, und wer sich ein bisschen in London auskannte, wusste, dass es in der Gegend, in der ich wohnte, nur so von Reichen und Berühmten wimmelte.

"Ich bin Musiker." brachte ich über die Lippen und kam mir dabei vor, als würde ich ihr von meinem größten Laster erzählen. Und irgendwie stimmte das ja auch. Denn das eine hing unweigerlich mit dem anderen zusammen.

Stille. Martha musterte mich, wie ein schwieriges Rätsel, dass es zu lösen galt. "Du sagst das, als ob es etwas Schlimmes wäre. Wenn ich mit dieser Annahme richtig liege, könntest du mir erklären, warum das so ist?" fragte sie mit aufrichtigem Interesse.

Ich hatte jetzt ehrlicherweise mit einem saloppen Kommentar über Berühmtheiten, Reiche oder Künstler gerechnet. Dass ich auf jemanden traf, der mich nicht kannte, war mit den Jahren immer unwahrscheinlicher geworden. Dementsprechend musste ich wohl schauen, denn Marthas Gesicht verzog sich zu einem warmen, auffordernden Ausdruck und in ihren Augen lag etwas aufmunterndes.

"Die Menschen reduzieren einen so schnell auf eine Sache. Sobald jemand gepeilt hat, dass ich Musiker bin, dreht sich alles nur noch darum. Sie erwarten halt gewisse Dinge von mir und wie ich mich verhalte, was ich sage, wird ausschließlich mit dem Hintergrund "berühmter Musiker" betrachtet. Was mich persönlich ausmacht, meine Ansichten und alles was ich sonst noch tue, spielt dann kaum eine Rolle mehr. Und mit der Zeit glaubt man auch selbst, dass das Einzige was einen ausmacht ist, berühmt zu sein. Sobald jemand von außen in dein Leben tritt, muss man sich ständig Fragen, ob sie wegen dir oder wegen dem, der du in der Öffentlichkeit bist in dein Leben tritt. Ich bin ständig auf der Hut davor wieder ausgenutzt zu werden. Denn die Erfahrungen die ich machte, beweisen, dass nur Skeptik und Vorsicht mich vor weiterer Enttäuschung schützen." platzte es aus mir heraus. Damit hatte ich mehr preisgegeben als ich wollte. Was machte Martha nur mit mir?!

"Das klingt ziemlich belastend." fasste sie zusammen. Ich war am Eingangstor meines Hauses stehen geblieben und kramte nach den Schlüsseln. Was antwortete man auf sowas? Ich beschloss einfach von meiner Ansprache abzulenken und unterdrückte dieses merkwürdige Gefühl, das meinen Bauch hinaufkroch.

"Wäre es dir jetzt im Nachhinein lieber gewesen, ich wäre ein Serienmörder?"

"Vielleicht stehe ich ja auf gefährliche Typen." zwinkerte sie mir zu.  

As it wasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt