Kapitel Einundzwanzig

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Mik

Als ich meine Augen aufschlage, bleibt alles dunkel. Für eine schreckliche Sekunde befürchte ich, der Nebel hätte mich erblinden lassen. Vielleicht eine weitere Strafe für Nia und meinen Fluchtversuch. Oder den von Dean und Akira.

Akira. Ihr lebloser Körper, starr ins Moos gebettet und das schmatzende Geräusch als Caleb sein blutiges Schwert aus ihrem Rumpf zieht. Die Erinnerungen stürzen so detailliert auf mich nieder als würde mein Hirn das Fehlen all meiner anderen Erinnerungen kompensieren wollen.

Erst als mein Blick das sanfte Leuchten der Sterne auffängt, weiß ich, dass ich mein Augenlicht noch besitze.

Ich liege auf staubigem Grund, eindeutig zurück in der Arena. Etwas benommen inspiziere ich die Umgebung. Neben mir liegen Jackson und Zane. Keine Akira.

Außerdem erkenne ich in einiger Entfernung Krater und Hügel, die unter ohrenbetäubendem Zischen eine ölige, schwarze Masse in die Luft katapultieren, bevor die klebrige Substanz aus einigen Metern Höhe wieder platschend auf dem Staub auftrifft. In einem weiten Umkreis um die Krater haben sich bereits blubbernde Pfützen mit dem Zeug gebildet. Augenblicklich beschließe ich damit lieber nicht in Kontakt zu kommen.

Es muss späte Nacht sein, denn von der Sonne ist nichts mehr zu sehen und ein sichelförmiger Mond steht bereits hoch am Himmel und taucht die Szenerie in silbriges Licht.

Eine weitere Erinnerung blitzt durch meinen Kopf. Nias blondes Haar, das hell im Mondlicht leuchtet. Anders als die Flashbacks, die mit schneidenden Kopfschmerzen verbunden sind, kann ich diese aber zuordnen. Sie stammt von dem Tag, an dem wir uns zum ersten Mal heimlich getroffen haben.

Der Mond stellt jedoch nicht die einzige Lichtquelle dar, denn wie aus dem nichts tauchen in blaues Licht gehüllte Rauchschwaden auf und nähern sich mir und dem kläglichen Rest von Clash Rot.

Ich schaffe es, mich auf die Ellenbogen zu stützen, als die blauen Geistergestalten auftauchen. Ihr schrilles Fiepsen nehme ich nur im Hinterkopf wahr, was die bloße Existenz dieser Wesen nur noch mystischer macht.

Zane bewegt sich immer noch nicht, Jackson dagegen hat es neben mir geschafft sich auf die Knie zu hocken und streckt nun beide Hände nach den kleinen Geschenken der großäugigen Geister aus. Eine winzige, wabernde Hand legt ihm eine weiße Pille in die Handflächen. Eine Kopie der weißen Kapsel von Waylon, die Jackson beim letzten Mal das Leben rettete.

Bevor ich den Blick abwenden kann, schwebt auch vor mir einer der Geister. Ich bilde mir ein, dass es so aussieht als würde dieser eine Brille tragen, jedoch ist die Pille in seinen leuchtenden Händen viel interessanter. Ich greife neugierig nach der orangenen Kapsel.

Bevor die beiden Geister sich mitsamt dem Nebel aufgelöst haben, erkenne ich ein fernes Schimmern desselben bläulichen Lichts hinter einem der Hügel.

Nicht weit von uns muss Clash Blau auch gerade Kapseln erhalten haben und falls die Regeln noch dieselben sind, haben sie mehr bekommen als wir.

"Wir müssen dahin," krächze ich und beginne mich aufzurappeln.

Jackson starrt mich verwirrt an, dann verstaut er die Kapsel in seiner Hüfttasche.

Genervt deute ich vor uns: "Dahin. Clash Blau ist dort."

"Und dann?" fragt er und ich schnaufe bloß. "Ich kann jetzt nichtich meine... Akira ist gerade erst..." stammelt er weiter vor sich hin und rauft sich die rabenschwarzen Haare.

"Vergiss sie doch mal für einen Moment. Wir kommen auch ohne sie zurecht."

Ächzend setze ich mich in Bewegung, wobei ich zum ersten Mal meine verletzte Wade zu spüren bekomme. Die Wunde ist nicht sonderlich groß, jedoch bereits voller Dreck. Ich versuche notdürftig die umliegenden, zerrissenen Stofffetzen über das Blut zu ziehen.

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