1 - "He's strange."

58 5 1
                                    

Das erste Mal, dass ich ihn sah, war auf der Hochzeit meines Onkels Oliver.

Plötzlich war er da. Rauschend, jedoch elegant war er in mein Leben - und in meine Gedanken - eingedrungen. Ohne überhaupt mit mir gesprochen zu haben, war er auf einmal etwas, was mich unglaublich interessierte.

Plötzlich saß er in meinen Gedanken fest und ich wusste nicht, was mit mir passiert war.

Er sah toll aus, wie er in der Ecke des edlen Tanzsaals auf einen der eleganten, mit feinem Stoff überzogenen Stühle saß und nichts tat. Wirklich, er hatte nichts getan. Den ganzen Abend nicht.

Ein einziges Champagnerglas drehte er in den Händen, die ganze Hochzeit über. Manchmal nahm er einen Schluck von dem, nach einer Weile wahrscheinlich schon aufgewärmten, Champagner und starrte dann wieder in die Mitte des Saals.

Irgendwie beobachtete er alle, jedoch sah er niemanden richtig an. Seine grünen Augen schweiften mit einem seltsamen Blick, mit einer gewissen Härte in ihm, jedoch nichts außer Missachtung, durch den Saal.

Ich kann mich nicht erinnern, ob er mich erblickte, was wahrscheinlich aber nicht der Fall war, denn er sah niemanden an.

Seine Anwesenheit faszinierte mich. Wie er einfach lustlos in seinem Stuhl da saß, zu nichts auf zu fordern.

Während alle anderen aufstanden, um sich entweder beim Buffet zu bedienen oder um zu tanzen, blieb er sitzen.

Ab und zu mal, ging eine Frau mit langem, schwarzen Haar und einem langen, roten Kleid auf ihn zu, sagte ihm etwas aber er schüttelte ä immer nur den Kopf.

Nur einmal stand er auf und lief in Richtung Ausgang. Sein schwarzer Anzug, bestehend aus schwarzen, engen Jeans; einem schwarzen Hemd; passendem schwarzen Jacket und schwarzen, spitzen Schuhen, ließen ihn so elegant und unberührt wirken. Seine langen Beine waren trainiert und ich spürte schon wie mir warm wurde, nur wenn ich daran dachte.

Irgendwann, als er seine weißen Zähne ab und zu zum Vorschein brachte, wiederfand ich nicht der Versuchung, meine jetzige neue Tante, Marie, zu fragen, wer der Unbekannte war. Schließlich musste er zu ihrer Familie oder ihrem Freundeskreis gehören, da er nicht zu meiner Familie gehörte. (Zweiteres bezweifelte ich jedoch, da er viel jünger war als meine Tante oder jeder ihrer anderen Freunde, die ich bis jetzt kennen lernen durfte.)

"Who is he?", fragte ich sie, immer noch auf ihn starrend.

"He, who?"

Ihre Stimme war süßlich als sie mich fragend ansah.

Ich deutete mit meinem Kopf in die Richtung des Jungen, der gerade mal ein paar Jahre älter als ich sein konnte und sie sah mich ernst an, bevor sie sich über ihre ebenfalls weißen Zähne bleckte. Ihre Zähne waren fast genauso weiß, wie ihr Hochzeitskleid.

"That's Jonah, Jonah Chase."

Jonah

"Jonah's the son of one of my dear friends from college, when I came back from England a couple of years ago", fuhr sie fort und meine Augen hefteten sich wieder auf diesen Jonah.

Ich wusste nicht, was er an sich hatte, was mich so an ihm interessierte. Vielleicht seine seltsame, zurückhaltende Art.

"But anyway, stay away from him.", fügte sie schnell hinzu und ich sah sie jetzt wieder an. Dieses Mal etwas verblüfft. "Why?"

"He's strange.", murmelte sie weiter, immer lächelnd. Natürlich tat sie das, sie war die Braut. "He does weird stuff, so I've heard."

"Weird stuff doesn't mean bad stuff.", meinte ich. Ich konnte nicht glauben, dass jemand der so aussah wie dieser Jonah, irgendwie böses tun konnte.

YouWo Geschichten leben. Entdecke jetzt