39. Kapitel

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"Ich erinnere mich nicht gerne an den Tag. Es war der schlimmste meines ganzen Lebens, bis heute. Unübertroffen", fing der graue Kater an, für einen Moment lachte er bitter. "Die Frage ist nur ob ich mich darüber freuen sollte oder nicht." 

Schmutzpfote setzte sich ebenfalls, Schauer der Aufregung rasten ihr Rückgrat hinunter und lißen ihren Schweif in Nervosität zittern.

"Angefangen hat der Tag schön, es war am Ende der Blattgrüne, die Blätter hatten schon angefangen, sich braun zu verfärben, waren aber noch nicht heruntergefallen. Vor dem Ende dieses Tages hatte ich Wurfgefährten, Schwestern", erzählte der Kater, seine Stimme schien mit jedem Wort kälter und frostiger zu werden.

"Schwestern?", fragte Schmutzpfote, sie fröstelte. Wenn er es so sagte...das musste bedeuten dass,...

"Zwei. Rindenpfote und Weizenpfote. Ich habe sie nie wirklich zu schätzen gewusst, bevor sie weg waren. Erst nachdem ich sie nicht mehr hatte, ist mir klar geworden, wie sehr sie die Einsamkeit vertrieben haben. An diesem Tag hatte ich auch noch jemand anderen bei mir. Feldjägerin, Sonnenstrahls Schwester. Hört sich nach einer fröhlichen Familie an, nicht wahr? Sonnenstrahl und Feldjägerin waren Wurfgefährten, wie man sie sonst nur in Geschichten hört, ein perfektes Team. Feldjägerin war die, die alles immer aufgelockert hat und Sonnenstrahl war derjenige, der die Dinge ernst genommen hat. An diesem Tag im Blattfall hat Feldjägerin uns eingeladen, dass sie Weizenpfote, Rindenpfote und mir das Jagen im Goldfeld beibringt. Das war ihre Lieblingsbeschäftigung und Sonnenstrahl sollte uns begleiten."

Schmutzpfote hörte stumm zu, aber ihr Innneres war aufgewühlt. Rußnarbes Art, zu erzählen, sagte bereits ein unschönes Ende vorraus.

"Es hätte ein schöner Familienausflug sein sollen. Wir sind auf der Goldwiese durch den Weizen gelaufen, der größer war als wir und haben Fangen und Verstecken gespielt, wie Junge. Es gab Mäuse in Hülle und Fülle, als müsste man nur die Krallen ausstrecken und hätte schon eine erwischt, aber mit einem Mal waren alle Mäuse verschwunden. Stattdessen war da ein ohrenbetäubender Lärm, so laut, dass meine Schnurrhaare gezittert haben. Ich wusste nicht was das war, konnte meine Familie nicht finden und bin in Panik losgerannt um sie zu suchen", erzählte der graue Kater weiter und Schmutzpfote sah, wie sich sein Fell langsam sträubte.

"Was war das Geräusch?", fragte sie leise und hielt gespannt den Atem an.

"Die Zweibeiner. Die Zweibeiner mit einem riesigen Monster, das sie über das Goldfeld lenkten. Aber ich konnte es nicht sehen, ich war zu klein um über die Halme zu blicken. Das Monster hat gedröhnt und gedonnert, ich war orientierungslos und bin ihm direkt ins Maul gelaufen. Ich erinnere mich noch an seinen stinkenden Atem, so stechend, dass ich glaubte, meine Augen und meine Nase würden brennen. Ich bin umgedreht und weggerannt so schnell ich konnte und habe nach meinem Vater und nach Feldjägerin gerufen, aber sie konnten mich über das Monster hinweg nicht hören. Ich bin noch nie so schnell gelaufen. Ich wusste nicht einmal, wo ich genau hinwollte, aber irgendwann habe ich die Bäume aus dem SumpfClan-Territorium erkannt und bin darauf zugerannt. Aber das Monster hatte mich gesehen und hat mich verfolgt. Es war schneller als ich..."

Schmutzpfote schluckte. Ihr Blick wanderte wieder zu Rußnarbes alten Verletzungen. Die Narben schimmerten in einem perlmuttweiß und ließen gar nicht vermuten, mit welchem Schrecken sie eigentlich verbunden waren.

"Es hat unheimlich wehgetan. Nichts was ich bis dahin gefühlt habe, kam an das heran, was das Monster mit angetan hat. Aber wie du siehst bin ich noch hier und das habe ich nur Feldjägerin zu verdanken. Sie hat mich weggestoßen, runter vom Feld. Ich habe geblutet, konnte mich nicht bewegen. Und das letzte was ich gesehen habe, war Sonnenstrahl, wie er sich hoch oben auf einem Baum verkrochen hat, wie der Feigling, der er ist."

Schmutzpfotes Mund war trocken. Langsam begannen sich die Teile zusammenzufügen. Deswegen hasste Sonnenstrahl das Goldfeld.

"Er hat das Gesetz der Krieger gebrochen. Verteidige deinen Clan, selbst wenn es dich dein Leben kostet. Aber er hat auch das Vertrauen zu uns gebrochen. Er hat sich versteckt, anstatt uns zu helfen, er hat uns dem Tod überlassen. Als ich dann später im Heilerbau aufgewacht bin, habe ich erfahren, dass ich nun ein Einzeljunges war und...und dass Feldjägerin ihr Leben für mich aufgegeben hatt Für mich, für den zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal feststand, ob ich überleben würde, oder ob ich für mein ganzes Leben ein Krüppel sein würde. Dieser Tag hat meine ganze Familie zerstört. Sonnenstrahl wurde nicht verbannt, aber insgeheim haben sie ihn alle verurteilt. Aschenweide hat ihn verlassen. Und ich habe nicht einmal eine Entschuldigung oder einen einfachen Besuch bekommen. Von da an hatte ich keinen Vater mehr."

Das Ende war noch viel grauenvoller, als Rußnarbes Stimme ihr angekündigt hatte. Sonnenstrahl hatte seine gesamte Familie im Stich gelassen, sogar seinen Sohn der überlebte. Die Schülerin wollte den Worten nicht glauben, aber sie wusste, dass Rußnarbe bei einer Lüge nicht seine Tränen verstecken würde müssen, sie wusste innerlich, dass das der Grund war, warum Sonnenstrahl im Clan ein Außenseiter war. Er hatte seiner Familie den Rücken gekehrt und so hatte der Clan ihm den Rücken gekehrt. Vermutlich hatte er auch deswegen keinen Schüler trainieren dürfen. Bis Schmutzpfote es verlangt hatte.

"Und? Hat es dir geholfen zu verstehen?", fragte Rußnarbe mit einem Funken Spott in der Stimme, der jämmerliche Versuch, die Schwäche nicht zu zeigen, die die Geschichte hervorgerufen hatte.

"Ein...Ein bisschen", brachte Schmutzpfote hervor, doch verschluckte sich fast an den Worten. Das Goldfeld, das sie immer so ser bewundert hatte war ein Mordschauplatz gewesen, ohne dass sie es gewusst hatte, und Sonnenstrahl, der Kater, der ihr das Leben gerettet hatte, war dort zum Schualustigen geworden, als seine eigene Familie zerfetzt wurde.

Schmutzpfote wollte noch etwas antworten, doch es bleib ihr im Hals stecken, als sie die orangefarbenen Pfoten sah. Sonnenstrahl. Sein Gesicht war vom Moosvorhang des Kriegerbaus verdeckt, aber sie wusste auch ohne die Wut in seinen Augen sprühen zu sehen, dass er mitgehört hatte.

"Schmutzpfote! Ich glaube wir müssen uns dringend unterhalten."

WarriorCats-Das Geheimnis der SonneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt