Kapitel 4

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»Ja, genau. Ich werde gleich mit dem Taxi dorthin fahren.« Während ich mir mein Telefon zwischen meine Schulter und mein Ohr klemmte, zog ich mir meine Schuhe an. Am anderen Ende des Hörers war meine Mutter, die ich über die neuen Erkenntnisse informieren wollte. Gestern war ich zu erschöpft gewesen, um mich noch bei ihr zu melden.
»Hoffentlich ist das Paar nennt«, bemerkte sie traurig am Telefon, schien noch immer damit zu kämpfen, dass ich nicht mehr bei ihr war.
»Dem ersten Eindruck nach sind sie nett«, sprach ich, wollte sie beruhigen. Das war an sich nicht gelogen, aber es gab gestern schon den einen oder anderen Moment, wo ich mir ein wenig seltsam vorkam. Was ich beobachten konnte, war, dass Tom in ihrer Anwesenheit kaum sprach. Deshalb gehe ich davon aus, dass sie das sagen in der Ehe hat. Als sie nämlich kurz weg war, sprudelten die Worte nur so aus ihm heraus. Zusätzlich scheinen die beiden sich in vielen Dingen nicht einige zu sein. Das hatten mir die Fragestellungen offenbart, die unterschiedlicher nicht sein konnten. Des Weiteren wirkte ihr Beziehung nicht harmonisch, sondern eher voller Dispute. Doch der erste Eindruck kann täuschen. Möglicherweise war ich nicht die Einzige, die nervös und angespannt war. Immerhin hatten sie eine schwierige Aufgabe zu bewältigen. Jemanden zu finden, der auf ihren größten Schatz aufpasst. »Wenn ich die Probezeit bestehe, dann darf ich weiterhin auf ihren Sohn aufpassen. Sein Name ist...« Ich presste meine Lippen aufeinander, verstummte. Durfte ich den Namen ausplaudern? Darüber wurde ich nicht informiert. Ich wusste, dass es vieles gab, über das ich nicht sprechen durfte, aber wo da die Grenze war, musste ich noch in Erfahrungen bringen.
»Mila?« Meine Mutter wirkte aufgrund meiner Verstimmung am anderen Ende ein wenig beunruhigt.
»Nicht so wichtig. Drück mir die Daumen, das meine Probezeit gelingt und ich den Job bekomme.«
»Natürlich! Weißt du denn schon, wann du Urlaub hast und mich besuchen kommst.« Ich setzte mich auf die Kante von meinem Bett, betrachtete die zwei Koffer, die ich längst an die Wand gestellt hatte, um sie gleich aus dem Zimmer zu transportieren.
»Nein. Ich denke, das wird noch einen Moment dauern, Mama. Erst einmal muss ich die Eingewöhnung über die Bühne bringen und dann erst ein wenig arbeiten. Kein Arbeitgeber stellt jemanden ein und genehmigt drei Wochen später Urlaub. Wir müssen uns ein wenig gedulden.« Die Enttäuschung darüber konnte ich durch das Telefon hören. Meine Mutter atmete schwer aus, rührte scheinbar gerade ihren Kaffee um, denn das Klirren des Löffels war eindeutig zu hören.
»Okay«, kam es nur vor ihr, ehe eine ellenlange Stille zwischen uns herrschte.

Niemand sagte etwas, schien mit seinen inneren Dämonen zu kämpfen, die unterschiedlich aussahen. Meine Gedanken schweiften zu meinem zukünftigen Chef, den ich gestern als anstarren musste und den ich gleich wiedersehen darf. Nun konnte ich nur hoffen, dass es mir in Zukunft leichter fiel seine Gegenwart zu ertragen.
Meine Mutter hingegen dachte sicher über die Leere und Stille nach, die sie in der relativ kleinen Wohnung umgab. Wünschte sich nichts sehnlicheres, als das ich wieder zurückkomme. »Nun, ich muss jetzt auflegen, Mama«, sprach ich, ergriff von uns beiden als erste das Wort. »Ich möchte nicht zu spät kommen. Sobald ich Zeit habe, melde ich mich wieder bei dir.« Ein erneutes lautes ausatmen drang durch den Hörer, weshalb ich mich augenblicklich schlecht fühlte. Vielleicht sollte ich meine zwei Freundinnen darum bitten, meine Mutter mal zu besuchen oder dafür zu sorgen, das sie jemanden kennenlernt. Einsamkeit kann einen Menschen nämlich krank machen und diese Schuld wollte ich mir nicht aufbürden.
»Gut, Mila. Dann wünsche ich dir viel Glück und ganz viel Spaß für deinen heutigen Tag. Und bitte halte dein Wort und melde sich wieder bei mir.«
»Natürlich!« Nachdem wir das Telefonat beendeten, warf ich mich nach hinten, landete in der sanften Bettdecke. Gedankenverloren starrte ich an die Decke, die ich seit gestern in- und auswendig kannte. So oft hatte ich sie betrachtet, verhindert an Tom und sein wunderschönes Gesicht zu denken. Aber... ehrlich gesagt gelang mir das nicht, was mich zunehmend verwunderte. Noch nie hatte es ein Mann geschafft mich so zu fesseln. Ich hatte die Befürchtung, dass mir das zum Verhängnis wird und mich früher oder später meine Einstellung kostet. Das wäre fatal und möglicherweise das Ticket zurück nach Deutschland. Jedenfalls, wenn die Agentur für mich keine neue Stelle aus dem Ärmel zaubert. Nichtsdestotrotz brachte es mich nicht weiter in Gedanken zu versinken, weshalb ich mich aufrecht hinsetzte und vom Bett aufsprang. Ich betrachtete mich noch ein allerletztes Mal im Spiegel, nickte mir zu, um mir selbst Mut zuzusprechen und verließ mit meinen zwei Koffern das Hotelzimmer.

and then came the nanny (Tom Hiddleston FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt