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Mit etwas rosigen Wangen senke ich den Kopf. "Ich mag noch gar nicht wirklich drüber nachdenken, was es tatsächlich bedeutet, dass wir..." ich blicke zu ihm auf und atme zittrig aus, "...dass wir tatsächlich Eltern werden." gebe ich zu. "Glaub mir", er senkt den Blick auf seinen Bauch, "würde ich nicht ab und an den Herzschlag von dem Kleinen spüren können, ich könnte es selbst kaum glauben."

Einen Moment ist es still zwischen uns, nur das Geschnatter der Enten-Familie, die es sich am Ufer vor uns bequem gemacht hat, durchbricht diese.

Ich atme tief ein und wieder aus, nehme meine Hand zurück in meinen Schoß, bevor ich mich ganz leise traue, meine Sorgen mit ihm zu teilen. "Ich habe einfach so eine scheiß Angst, alles falsch zu machen, Harry..." Überrascht blickt er auf. "Was meinst du?" flüstert er und streicht mir vorsichtig die Haare hinters Ohr. "Weißt du..." ich seufze leise auf und muss kurz schmunzeln, als sich durch seine Berührung eine Gänsehaut in meiner Halsbeuge bildet, "...ich habe die Erfahrung machen müssen, wie es sich anfühlt, wenn der eigene Vater... ja, ich denke, man kann sagen, auf ganzer Linie versagt."

"Das tut mir leid, Lou." wispert er und hebt vorsichtig mein Kinn an. "Magst du mir davon erzählen, oder tut dir das zu sehr weh?" Tatsächlich bin ich mir dessen gar nicht so sicher, doch diese Wärme, die Liebe und das Verständnis in seinem Blick, löst ein Gefühl in mir aus, das mich nicken lässt.

Ja, ich fühle mich bei ihm sicher. Und dieses Gefühl ist so wundervoll, dass ich nach seiner Hand greife, sie in meine lege und mit den Fingerspitzen der anderen undefinierbare Formen auf seinen Handrücken male, während ich erzähle.

Ich mag wirklich gern, seine Hand zu halten...

"Naja, er... schon vor meiner Geburt hat er alles falsch gemacht, was er konnte. Hat meiner Mama schöne Augen gemacht, sie hat in ihm ihre Chance gesehen, aus der Armut zu kommen. Er hat sie betrunken geschwängert und wollte dann nichts mehr von ihr wissen." Mir kommen die Tränen und ich schüttle den Kopf. "Oh Gott, ich habe mich schon jetzt genauso verhalten wie er..." schluchze ich, doch Harry verneint dies direkt. "Nein, hast du definitiv nicht, L-" er stockt kurz, bevor er mir tief in die Augen sieht, dann flüsternd hinzuzufügt "...hast du nicht, Love." Instinktiv muss ich lächeln, bevor er weiter redet. "Du bist noch so jung und warst einfach überfordert, was nachvollziehbar ist. Ich wusste sofort, dass du es nicht so meinst, wie du es gesagt hast."

Ich gebe seiner Hand einen sanften Kuss, was er aufmerksam beobachtet, sehe ihn schwer schlucken. Es scheint ihn wirklich unruhig zu machen, wenn ich ihm Zärtlichkeiten schenke...

"I-Ich mag, wenn du mich so nennst." flüstere ich deshalb, um ihn von meinen Lippen auf seiner Haut abzulenken. "W-Wirklich?" wispert er, als er aufsieht. "Ich war nicht sicher, ob das für dich in Ordnung ist, wenn ich dir diesen Namen gebe." Ich nicke sofort. "Mehr als in Ordnung, glaub mir."

Er senkt kichernd den Blick und sieht kurz Richtung Wasser. "Du hast vorhin auch etwas zu mir gesagt, das ich sehr mochte... Du hast mich Hazza genannt." Mit roten Wangen räuspere ich mich leise. "Das mochtest du? Das ist mir irgendwie so... rausgerutscht." gebe ich zu. "Ja, du darfst mich gerne so nennen, wenn du magst." Ich nicke bloß zustimmend, bevor ich nach einiger Zeit Stille weiter von meinem Vater erzähle.

"Auf jeden Fall hat sein Vater ihm dann die Leviten gelesen und dazu gezwungen, meine Mutter zu heiraten - ein uneheliches Kind sei ja etwas, worüber die Leute schlecht reden." Ich seufze auf. "Manchmal wäre ich lieber der Bastard gewesen, als der ungewollte Sohn..." Harrys Hand, die in meiner Halsbeuge ruht, übt leicht Druck auf meinen Nacken aus, um ihn sanft zu massieren und streicht zeitgleich mit dem Daumen über meinen Kiefer. Es ist so eine kleine, doch umsorgende Geste und ich bin in diesem Moment wirklich dankbar, dass er derjenige ist, der mir zuhört.

"Ich war einfach nie genug, wie eine laufende Enttäuschung für ihn und das hat er mich Tag ein Tag aus spüren lassen. Ich war froh, meine Mutter gehabt zu haben, doch sie hat genauso unter ihm gelitten." Nachdenklich gibt Harry ein Brummen von sich. "Das heißt, er ist nicht mehr mit deiner Mutter liiert?" fragt er ruhig. Ich schüttle den Kopf. "Er lebt nicht mehr. Auf einem Jagdausflug von einem Grizzly angefallen und zerfleischt worden. Ich habe ihn nie wieder gesehen."

"Oh... okay." Ich sehe ihn schwer schlucken. "Ich weiß, man redet nicht schlecht über Verstorbene, genauso wenig über seinen Vater, aber ich habe wirklich leider kaum etwas Gutes, was ich über ihn sagen könnte, ehrlich gesagt..." gebe ich zu. "Und das ist vollkommen okay, Love. Nur weil dieser Mann, ohne über mögliche Konsequenzen nachzudenken, mit deiner Mama intim geworden ist, schützt ihn das nicht davor, die Wahrheit über ihn zu sprechen. Wenn er ein schlechter Mensch war, darfst du das ruhig so sagen." Ich lächle ihn dankbar an.

"Ich habe mich immer so schlecht gefühlt, wenn er mich schon als kleines Kind zurecht gewiesen hat. 'Louis William, so etwas gehört sich nicht für anständige Leute!' - Anständige Leute, das ich nicht lache. Der Mann war Schmied, ein dreckiger und knochenharter Job, aus der Unterschicht. Jeden Abend hat er in der Dorfkneipe die Hälfte des verdienten Geldes versoffen und danach den Rest im Puff verpulvert. Wir waren ihm scheißegal, Ich, genauso wie meine Mutter waren nur Balast für ihn. Mama hat sich kaum noch getraut, ihn zu fragen, ob er noch Geld für etwas zu Essen hätte, aus Angst vor dem Echo. Aber trotzdem fühlte er sich so wahnsinnig toll und wichtig, bloß weil er der Cousin des Dorfvorstandes war..." brumme ich und merke erst, wie sehr ich mich dabei offenbar aufrege, als mir Harry erneut über den nahezu versteinerten Kiefer streicht.

"Es tut mir so wahnsinnig leid, dass du das durchmachen musstest. Ich kann jetzt verstehen, dass du dich hier wohler fühlst. Aber eine Sache gibt es da noch..." Ich sehe ihn fragend an. "Louis William? Du hast einen Doppelnamen?" schmunzelt er und legt den Kopf etwas schief. "Ah shit, ich sollte denken, bevor ich einfach drauf los plappere..." grummle ich mit roten Wangen. Natürlich will ich, dass auch er mich besser kennen lernt, aber meinen Zweitnamen hätte ich schon gern geheim gehalten...

"Ich verrat's keinem, versprochen!" kichert er, "...ich bin mal so fair und verrate dir im Gegenzug, dass ich ebenfalls einen 2. Namen besitze." Überrascht blinzle ich ihn an. "Edward." lässt er mich wissen und räuspert sich leise. "Das ist aber ein schöner Zweitname, finde ich." Sanft lächle ich ihn an, piekse ihm dann kichernd in die kleine Vertiefung neben seinem Mundwinkel, als er sich verlegen bedankt.

Die Zeit vergeht wie im Flug, während wir einfach bloß die Sonne genießen und über unsere Kindheit - diesmal die weniger schattigen Seiten - quatschen. Und ich liebe alles daran. So unterschiedlich unser Leben durch die verschiedenen Orte und Gegebenheiten auch gewesen sein mögen, finden wir dennoch einige Gemeinsamkeiten, allem voran Dinge, die uns beide faszinierten, welche uns immer wieder zum lachen bringen.

Schmetterlinge zum Beispiel. Wir beide liebten damals Schmetterlinge.

Einige Minuten kehrt dann irgendwann Stille ein, weshalb mir das Gespräch heute morgen wieder durch den Kopf geistert. "Harry?" wispere ich, woraufhin er aufsieht. Auch er schien in Gedanken versunken gewesen zu sein, während er einige der wilden Blumen um uns herum zu einem Kranz geflochten hat. "Was meinte Nolwe heute morgen genau, als sie meinte, dass es Konsequenzen für Alvar haben wird? Ich dachte, er sei quasi die... oberste Instanz, oder so?" frage ich vorsichtig. Harry lässt das bunte Blütenmeer in seinen Schoß sinken und wiegt etwas den Kopf hin und her.

"Nicht ganz. Ja, er ist Oberhaupt unseres kleinen Dorfes, aber hat keine alleinige Entscheidungsgewalt. Jede Entscheidung, die eine nennenswerte Folge mit sich zieht, muss durch den Rat der Ältesten beschlossen sein. Dass er diese, durchaus folgenreiche, allein getroffen hat, ist definitiv nicht in Ordnung..." Er atmet tief durch und greift sich instinktiv an den Bauch, "...was genau passieren wird, kann ich nicht sagen, das wird der Rat entscheiden." Ich nicke nachdenklich.

"Doch egal, wie sie entscheiden, eins steht definitiv fest." Er lächelt sanft, als er mir den Blumenkranz vorsichtig auf den Kopf setzt, "...nichts kann für ihn so schlimm sein, wie Nolwes Enttäuschung zu spüren."

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selfish addiction ⊱°⊰.˖* || L.S. [mpreg]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt