ICH schlucke den dicken Kloß in meinem Hals herunter und wappne mich innerlich gegen die dunkle Gewissheit, dass es mal wieder nur ein Traum, eine aus meinen Sehnsüchten gespeiste und aus meinem trägen Verstand materialisierte Illusion ist. Gedanklich zähle ich schon die Sekunden, bis mich der jedem Menschen einverleibte Drang Aufzuwachen aus allen weichen, sanften Wolken reist. Jeder getane Herzschlag bedeutet für mich eine verstrichene Sekunde, ein vergeudeter Wimpernschlag, in dem ich das große Privileg habe, ihn wiederzusehen.
Mein Herz flattert wild wie ein durch den Frühling erwachter Schmetterling in meiner Brust, während unsere Blicke sich verschränken. Ich erkenne in seinen wunderschönen wie frisch polierter Obsidian glänzenden Seelenfenster, die gleiche Regung: Maßlose Hoffnung gemischt mit der Gewissheit der Trauer, die unweigerlich auf die baldige Trennung folgen wird.
Wie oft habe ich mich diesen wahnhaften Vorstellung schon hingeben? Wie oft habe ich die leise Stimme meines Verstandes ignoriert und mich diesem Traum - dieser Illusion, die nicht mehr wie eine wacklige Projektion war, eingelassen? Und wie oft wurde ich von dem bitteren Wachen hart auf den Boden der Tatsachen heruntergerissen?
Und dennoch verspüre ich den unwiderstehlichen Drang, welcher mich wie eine im Blut verpflanzte Droge durchdringt, ihm nahe sein zu wollen. Jeder Faser meines Körpers frohlockt nach seiner Berührung, doch ich versuche mich an dem Gedanken festzuklammern, dass allein seine Anwesenheit - ihn überhaupt sehen zu dürfen - genug für mich ist. Genug für mein gebrochenes Herz. Genug für meine doch so glückliche Seele.Ein Wind kommt auf und bauschte seine dunkelblonde Mähne auf, die nun sanft sein Gesicht umschmeichelt. Zugleich sorgt der dritte Aggregatzustand dafür, dass mir sein unverkennbare Duft entgegen geweht wird. Zärtlich legt sich der Mantel des Wohlbehagens um mich und deckt meinen vor Anspannung zitternden Körper zu. Ich schließe für einen winzigen Augenblick die Augen und lasse den kostbaren Moment nochmal in meinem Kopf Revue passieren, um ihn sicher in meinem löchrigen, viel zu menschlichen Gedächtnis verwahren zu können.
»Emilia.«
Seine Stimme ist kaum mehr als ein leises Wispern, allerdings durchdringt mich diese Silbe wie ein ohrenbetäubender Hammerschlag. Klein und unbedeutend sollte sie sein, doch ich fahre erschrocken zusammen.
»W-woher-«, stammle ich ungläubig, besinne mich dann jedoch eines besseren, als mir wieder einfällt, dass ich nur träume und meinem sehnsüchtigen Verstand alles zuzumuten ist. Dennoch schlägt mein zentrales Organ unverhofft Purzelbäume und lässt bereitwillig Blut in meinen Kopf schießen, wovon meine Wangen einen rosigen Farbton erlangen.Ich vermisse ihn schon sosehr, dass ich mir einbilde, meinem echten Namen, den ich ihm niemals anvertraut habe, weil mir schlicht und weg nicht die Zeit geblieben war, aus seinem Mund zuhören. Das ist der Beweis: Ich bin verrückt geworden! Candela und Ágata haben unrecht! Ich bin es! Und dieser Traum ist der unwiderrufliche Beweis dafür!
Eine Träne sickert ungewollt meine Wange herunter. Langsam verformt sich der salzige Tropfen nach dem Willen der Schwerkraft und folgt dessen eisernen Gesetzen bereitwillig. Rasch wische ich den emotionalen Ausdruck weg, denn ich will nicht, dass er - auch wenn es nur ein Traum ist - mich weinen sieht. Ich habe ihm definitiv schon genug Sorgen und Schmerzen bereitet! Aber mein verzweifelter Vertuschungsversuch geht jäh in der Unbedeutendheit auf, als der Mann einen Schritt auf mich zu kommt und die rechte Hand nach mir ausstreckt, während seine Lippen erneut die Silbe verlässt, welche meinen Namen beschreibt.
Jenes weckt ein Gefühl in mir, dass sich wie der erste Atemzug nach einem langen von Wasser verantwortlichen Luftentzug anfühlt. Sänfte lindert die brennende Qual. Sauerstoff löst die stechenden Schmerzen auf. Wärmende Sonnenstrahlen liebkosten meine vom Meer aufgeweichte Haut, treiben mir die bittere Kälte aus. Kraftvoll pumpt das Herz jenes rettende Gasgemisch durch meine Venen. Meine an das tiefe Blau gewöhnten Seelenfenster brennen unter der unmittelbaren Helligkeit. Kaltes Wasser rinnt das Gesicht herunter, lässt mein Sichtfeld kurzzeitig verschwimmen.
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Goldene Erinnerungen | LCDP
Fiksi PenggemarWenn du in der Zeit reisen könntest, welchen Augenblick würdest du dir aussuchen? Welchen Moment in deinem Leben würdest du gerne nochmal erleben? Welches Gefühl würdest du nochmal verspüren wollen? Es gibt viele Erinnerungen, die einem bei diesen F...