Die Nacht war kurz und mein Schlaf auch eher unruhig. Murrend stehe ich gegen sechs wieder auf. "Dieses Arschloch lässt mich einfach nicht zur Ruhe kommen", murmle ich bevor ich aufstehe und zu meinem Schrank gehe. Heute entscheide ich mich für einen Rock und ein Top. Beides elegant, aber trotzdem sportlich. Zusammen mit Unterwäsche nehme ich die Sachen mit ins Bad. Ich stelle mich unter die Dusche und drehe das Wasser auf kalt. Das brauche ich jetzt um wach zu werden. Und Kaffee. Ich seufze auf. Diese ganze Situation ist irgendwie verquer. Eigentlich hatte ich mir das alles ganz anders vorgestellt, aber nun ist es, was es ist.
Als ich fertig bin mit duschen schlüpfe ich in meine Sachen und mache mich fertig. Kaffee klingt immer verlockender, denn irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, das es auch heute wieder ein langer Tag wird. Als ich aus dem Bad trete, steuere ich direkt auf meine Küchenzeile zu. Während ich auf den Kaffee warte, wasche ich die beiden Tassen von gestern ab und hänge meinen Gedanken nach.
Ganz oben auf meiner Liste für heute steht das Meeting mit den Anderen. Wir müssen klären, ob wir uns nun breiter aufstellen, bis wir wieder richtig im Spiel sind oder nicht. Ich denke zwar nicht, das die Einheit dem nicht zustimmen wird, aber wer weiß. Ausnahmen gibt es ja bekanntlich immer. Dann möchte ich heute mal wieder trainieren. Das tut mir gut, lässt mich meinen Frust abbauen und ich muss eh darauf achten immer in Form zu bleiben. Man weiß nie, wann man das gebrauchen kann. Und ich will schauen, ob vielleicht schon weitere Aufträge da sind. Denn wenn der Erste einmal angefangen hat, dauert es meist nicht lange bis Weitere eintrudeln. Außerdem will ich noch das Gespräch von Adrian und dem Fremden auswerten. Also habe ich doch etwas zutun heute.
Die Kaffeemaschine reißt mich aus meinen Gedanken. Automatisch greife ich nach einer Tasse, fülle sie mit Kaffee und begebe mich in mein Büro. Dort angekommen setze ich mich an meinen Schreibtisch und schalte meinen Laptop ein. Ich öffne das Ortungsprogramm. Okay, die Mädchen sind alle im Lager, das ist gut. Was mir nicht so gut gefällt: Der Pate und seine Männer befinden sich im Dorf. Nein, stop. Nur seine Männer befinden sich im Dorf. Ich suche den Bildschirm ab und finde ihn schließlich an der Grenze zu unserem Gebiet. Zurücklehnend seufze ich auf, verschränke die Arme hinter meinem Kopf. Was hast du nun wieder vor Adrian? Wozu dieser Aufwand?
Ich verstehe es einfach nicht. Ich weiß, das er gerne spielt. Ich kenne die Rolle, in die er uns, in die er mich drängen will. Oder in der er mich sehen will. Aber dennoch... Seine Anwesenheit in Deutschland, die Kommunikation, die Warnung, das Paket. Es passt einfach nicht zusammen. Ich springe in das Programm von den Überwachungskameras. Nach kurzem suchen, finde ich die Geräte an der Grenze und begutachte die Bilder. Schnell finde ich ihn.
Er steht vor dem Paket, scheint in Gedanken versunken. Auch hat er kein Lächeln im Gesicht sondern sieht eher traurig aus. Ich stutze. Wieso sieht er traurig aus. Er hat doch sicherlich geahnt, wie das laufen wird. Ich spüre wie Mitgefühl sich einen Weg durch meine Kopf bahnen will, doch ersticke es sofort im Keim. Er ist der Feind. Er ist es nicht wert. Du darfst kein Mitgefühl für ihn haben, weil er einmal traurig aussieht. Außerdem ist nicht gesagt, das es echt ist. Da kommt mir eine Idee. Ich habe vor einer Weile ein Programm geschrieben, mit dem ich meinen Absender verschlüsseln kann. Also ich kann Nachrichten verschicken, ohne das man weiß, von wem sie kommen. Und die Nachrichten sind auch nicht nachverfolgbar. Wie bei unbekannten Anrufen.
Ich öffne besagtes Programm. Ich gebe seine Nummer und meine Nachricht ein doch zögere ich. Soll ich sie wirklich absenden? Verrät uns das? Ich habe keinerlei Informationen über unseren Standort preis gegeben. Eigentlich ist es nur eine Aussage, die ich von überall treffen kann. 'Wir sind nicht deine Opfer.' Ich schaue noch einmal zu dem Bild der Kamera und klicke auf senden. Auf seine Reaktion bin ich gespannt.
Er wirkt genervt, als er sein Handy aus der Tasche zieht. Kurz starrt er auf das Display, hebt dann sein Gesicht, sodass ich es vollständig betrachten kann. Er schaut nicht in die Kamera, was mich auch gewundert hätte, denn alle sind sehr gut versteckt. Sein Ausdruck ist wütend. Doch nach und nach verändert er sich. Ein Lächeln bildet sich auf seinen Lippen. Mit dieser Reaktion habe ich nicht gerechnet.
Gedankenverloren lächelt er in den Wald. Und erst jetzt wird mir bewusst, was ich getan habe. Ich bin von mir aus auf ihn zugegangen. Ich habe mich bei ihm gemeldet, obwohl es keinen Grund dazu gab. Ich habe ihm Futter gegeben, um sein Spiel weiterzuspielen. Mit der Hand schlage ich mir gegen die Stirn. Ich bin so dumm. Er hat mich provoziert und ich bin darauf eingestiegen. Verdammt!
Aus den Augenwinkeln sehe ich auf einem der anderen Bilder eine Bewegung. Sein Vize läuft auf ihn zu. Sagt etwas. 'Noch nichts.' Adrian dreht sich zu ihm und nickt daraufhin. Er scheint etwas zu sagen, denn das Gesicht seines Vizes hellt sich auf. Mit einem Grinsen wendet er sich kopfschüttelnd ab und lässt ihn alleine. Der Pate dreht sich wieder zum Wald. Gespannt betrachte ich ihn. Seine Lippen bewegen sich, bevor er sich umdreht und die Grenze ebenfalls hinter sich lässt. Ich verschlucke mich an meinem Kaffee, als ich seine Worte verstanden habe.
"Meine Königin"
Langsam erhole ich mich wieder, sperre den Laptop und klappe ihn zu. Warum hat er das gesagt? Und vor allem, meinte er damit wirklich mich? Was hab ich nur wieder für Gedanken. Ein Blick auf die Uhr verrät mir, das es Zeit wird in die Zentrale zu gehen. Schnell leere ich meine Tasse, nehme sie mit aus meinem Büro um sie in die Spüle zu stellen. Ich hole mein Handy aus meinem Schlafzimmer, greife nach meinem Schlüssel und verlasse das Apartment. Auf auf zu einem Meeting mit der Einheit.
Doch auf dem Weg dorthin, lässt mir dieser merkwürdige Start in den Tag keine Ruhe.
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Die Dornen der Rose
AksiWas würdest du tun, wenn sie dir das Wichtigste in deinem Leben nehmen wollen? Würdest du aufgeben oder würdest du kämpfen? Genau vor diese Entscheidung wird Ruby gestellt. Doch sie überlegt nicht, sondern reagiert. Keine regelmäßigen Updates garant...