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Es war ein großer, roter Planet, auf den Luntac panisch mit ihrem Jagdschiff des Modells LT-270 mit nunmehr fünftausend Stundenkilometern zuraste, völlig außer Kontrolle und ohne Rettungsmöglichkeit. Das dieser Planet, was auch immer er sein mochte, der sichere Tod für Luntac war, daran wollte sie weder denken, noch es glauben.

Mit zusammengebissenen Zähnen hielt sie das Steuer des Schiffs so gerade wie es ihr möglich war, um nicht mit einer eleganten Fassrolle auf dem Boden aufzukommen. Das Triebwerk brannte, die Nerven lagen blank und die Anspannung wuchs mit jeder Sekunde an. Es konnte nicht ihr Ende sein, es durfte nicht ihr Ende sein, sie musste durchhalten. Wenn sie sterben würde, dann wäre sie nichts, außer einer Lügnerin. Eine Lügnerin die Versprechen gab, sie aber nicht halten konnte. Eine Lügnerin, die ihre Freunde rächen wollte, es aber nicht einmal schaffte zu überleben um ihre Rachepläne in die Tat umzusetzen.

Dieses verdammte Arschloch, dachte sie wütend, das Steuer fest in Händen. Ich hätte es besser wissen müssen, hätte besser wissen müssen, dass der Preis zu niedrig war.

Der rote Planet kam immer näher und die Geschwindigkeit, mit der sie auf diesen zuraste nahm immer mehr zu. Da hast du es. Das hast du jetzt davon, dass es dir immer nur um Geld geht. Hätte ich es gleich auf Sotalak verkauft, dann säße ich hier jetzt nicht. Ihre Atmung beschleunigte sich, mit aller Kraft zog sie das Steuer nach oben. Eine Kollision konnte sie nicht mehr verhindern, doch konnte sie ihr bestes geben, den unvermeidbaren Aufprall so sanft wie möglich stattfinden zu lassen. Gedanklich hatte sie den schmierig aussehenden Händler der Spezies Mensch schon auf ihre Liste derer gesetzt, an denen sie sich rächen musste, doch verwarf sie den Gedanken an Rache schnell wieder, als sie weitere Explosionen hinter sich am Rumpf des Schiffes vernahm.

Sie hatte die Atmosphäre durchbrochen, konnte die Oberfläche des Planeten sehen. Es war ein leer aussehender Planet, mit großer, roter Freifläche auf ihm. Auf eben diese Freifläche schoss sie geradewegs zu.

Ein letztes Mal biss sie die Zähne zusammen, zog das Steuer mit aller Kraft nach hinten und hoffte auf das Beste.

In einer Schräglage schoss das Schiff auf die Oberfläche zu. Zuerst streifte nur die Spitze es, wirbelte haufenweise roten Sand auf, der die Scheibe verschmutzte und die Sicht nach außen unmöglich machte, dann kam es ganz auf und schlitterte über den Boden, grub sich immer tiefer darin ein. Luntac wurde im inneren herumgeschleudert und durchgeschüttelt. Die Frontscheibe zerbarst und der Dreck von außen kam ins innere, flog Luntac direkt ins Gesicht und in ihre Augen. Sie schrie, konnte nichts mehr sehen, kniff die Augen so fest zusammen wie es nur ging und schloss den Mund um nicht noch mehr Dreck essen zu müssen.

Immer weiter und weiter schlitterte das Schiff über den Boden, wirbelte immer mehr Sand und Dreck auf, ließ eine riesige Staubwolke hinter sich, verlor immer mehr an Geschwindigkeit und kam schließlich zum völligen Stillstand.

Luntac ließ die Hände vom Steuer, rieb sich den Sand aus den Augen und schaute sich um. Sie brauchte einen Moment um zu begreifen, dass sie es geschafft hatte, das sie nicht gestorben war und das sie nun auf einem fremden Planeten gelandet war. Sie drückte auf einen kleinen Knopf am Steuerpult, der das Dach öffnen sollte, stellte jedoch ohne große Verwunderung fest, dass dieser kaputt war. So weit sie es feststellen konnte, was sie unverletzt, hatte nur ein paar Glassplitter in der Brust und ihrer Hüfte stecken.

So gut sie es schaffte, zerrte sie ihre Beine aus dem Fußraum und trat mit beiden gleichzeitig gegen die übrigen Stücke der Frontscheibe. Die Splitter flogen nach draußen, bahnten ihr den Weg in die Freiheit. Mit den Füßen voran schlang sie sich aus dem Schiff heraus und rutschte über die Schiffsnase nach draußen, wo sie unsanft auf dem roten Sand aufkam.

Sie stand auf, klopfte sich den Dreck von der Kleidung und zog sich ein paar große Glassplitter aus der Brust. Sie saßen tief, bluteten stark, doch machte es ihr nichts aus, denn die Freude darüber überlebt zu haben, war größer als all ihr Schmerz. Sie drehte sich zu dem zerstörten Schiff um. Es war nichts mehr als ein großes Wrack aus dem dunkler Rauch in den Himmel aufstieg. In der Ferne saß auf dem Boden eine Imewa, mit Teller großen Augen und einem langen Schnabel, schaute sie kurz verwundert an und rannte dann auf ihren kleinen krummen Beinen in die Weiten der Wüste weiter.

Luntac hatte nun zumindest die Sicherheit, dass sie nicht auf einem unbewohnten Planeten gelandet war, doch wenn die gesamte Bevölkerung nur aus Wüsten Imewa bestand, dann hatte sie ihre Zweifel ob sie es lange überleben würde, oder ob sie es überhaupt lange aushalten konnte.

Sie griff sich an den Gürtel, wo sich normalerweise ihre Waffe, die Magazine und ihr Messer befanden. Die Waffe hing an ihrem Gürtel wie sie es sollte, doch waren die Magazine weg. Sie hingen aus Bequemlichkeitsgründen nur daran, wenn sie sich außerhalb des Schiffes bewegte, ansonsten lagen sie immer neben ihr im Schiff. In das Schiff würde sie nicht noch einmal gehen, so viel war sicher, deshalb nahm sie die Waffe und prüfte das geladene Magazin. Es war leer, bis auf eine letzte Patrone, die si zur Not für sich selbst benutzen konnte. Sie steckte sie zurück in den Halfter, machte einen Schritt auf das Schiff zu um neue Munition zu holen (wenn man nur noch eine Patrone hat und auf einem unbekannten Planeten ist, überwindet man seine Grenzen und besorgt sich doch neue). Der erste Schritt war getan, da gab das Schiff einen lauten Knall von sich und stand plötzlich in Flammen. Schiffsteile flogen um sie herum, Funken sprühten in alle Himmelsrichtungen und das gesamte Cockpit stand in Flammen; mitsamt ihrer Magazine.

Mit einem schnellen Schritt wieder zurück nach hinten rettete sie sich vor den herumfliegenden Teilen und stemmte die Hände in die Hüften.

Einen Moment lang bewunderte sie das Feuer, wie die Flammen allen Treibstoff aus dem Tank tranken, den Bezug des Sitzes verschlangen und die Armatur hinfort schmelzen ließen. Knisternd ging das gesamte Schiff unter den gierigen Händen der Flammen zugrunde und verwandelte sich zu einer dunklen Wolke aus Rauch, die in den Himmel hinauf stieg, davon zeugte, dass ein Inneres in dem LT-270 existiert hatte und nun nichts mehr war, als die Pechschwarze Seele des Raumjägers, die gen Himmel stieg.

Luntac drehte sich wieder um und lief hinaus in die Weiten der Wüste, den Händler verfluchend, der ihr ein Kaputtes Schiff verkauft hatte.
„Möge Wlaretis Zorn ihn treffen und er von Elrosid geholt werden", fluchte sie vor sich hin und stampfte wütend durch die Wüste.

Nemolonia - Planet der ungezähmten LüsteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt