Montag

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Wie jeden Montagmorgen muss ich kurz blinzeln, bis ich die Zahlen auf meinem Spind lesen kann. Mit müden Fingern gebe ich meine Zahlenkombination ein: Das erste Rädchen drehe ich auf die Fünf, das Zweite und das Dritte auf die Zwei und das Vierte auf die Drei. Während ich in meinen Gedanken nach dem Stoff der letzten Woche krame, fällt mir ein, woran ich am gestrigen Abend gedacht hatte.
Da war Drake, mein Crush, in meinen Gedanken, wie er mich gegen eine Wand drückte und leidenschaftlich küsste, die eine Hand an meiner Taille, die andere an meinem Kinn. Mit meinen eigenen Händen fuhr ich durch seine samtweichen, braunen Haare.
Ein lauter Knall, gefolgt von einem stechenden Schmerz in meinen Fingern, reisst mich aus meinen Gedanken. Das Geräusch und die Schmerzen kommen von Ethan, meinem Enemy, der meine Spindtür zuschlägt, als ich gerade mein hässlich gelbes Englischheft herausnehmen will. Die scharfe Kante der Tür schneidet sich tief in die Haut meiner Finger ein. Blut tropft auf den Boden.

"Oooops, das wollte ich nicht!", schreit Ethan lachend durch den Schulflur, sodass alle vorbeigehenden Schüler*innen auf meine blutenden Finger aufmerksam gemacht werden. Ein Kreis schaulustiger Mitschüler*innen bildet sich um Ethan und mich. Natürlich hilft mir niemand. Auch Drake nicht, der direkt neben meiner Pflegeschwester Stacy steht und ihr etwas zuflüstert. Stacys schadenfreudiges Grinsen macht mich rasend. Wütend stürme ich auf die Mädchentoilette. Erst als ich in den Spiegel schaue, fällt mir der grosse Blutfleck auf meinem braunen Crop Top auf. Mit viel zu viel Wasser versuche ich, den Fleck abzuwaschen. Doch bis auf ein klatschnasses Oberteil bringt mir dieser Versuch nichts. Die Schulglocke klingelt. Schnell wische ich mir meine blutigen Hände an meiner Jeans ab, woraufhin diese ebenfalls einen roten Farbton annimmt.

"Verdammt", zische ich leise und mache mich auf den Weg zum Unterricht. 1. Lektion - Englisch auf dem Platz vor Ethan.

Als ich das Schulzimmer mit einigen Minuten Verspätung betrete, ernte ich einige dumme Blicke und noch dümmeres Gekicher, doch ich bin mir noch nicht mal so sicher, ob das nun schlimmer ist, als wenn ich rechtzeitig gekommen wäre.
Still setzte ich mich auf meinen Platz, während ich zu akzeptieren versuche, dass diese Woche noch furchtbarer sein wird, als die letzte.

"Hattest du Spass auf der Mädchentoilette?", zischt mir Ethan vom Platz hinter mir zu. Ich ignoriere ihn und konzentriere mich völlig auf den Unterricht.

Die Lektionen bist zur Mittagspause gehen einmal wieder viel zu langsam vorüber. Als ich mich endlich mit meinem Tablett in die Cafeteria setzte, natürlich an einem Einzelplatz, steht auf einmal Stacy vor mir. "Wirklich bemitleidenswert was dir heute morgen passiert ist." sagt sie mit ihrer Engelsstimme. Auf einmal nimmt sie ihren Milchshake und leert ihn über meinem Kopf aus. Die ganze Cafeteria bricht ihn schallendes Gelächter aus. Stacy und ihre Gang werfen mir noch einen letzten gehässigen Blick zu, bevor sie sich umdrehen und weggehen, wobei die Absätze ihrer High Heels auf dem Boden klackern.

Tränen bilden sich in meinen Augen und laufen an meinen Wangen herunter. Alle starren mich an, als ich schon zum zweiten mal an diesem Tag auf die Mädchentoilette eile.

~am Abend auf dem Weg nach Hause~

Während ich im Schulbus sitze, höre ich mein Lieblingslied von der Sängerin Kate Bush. "If I only could, I'd make a deal with God, and I'd get him to swap our places, be running up that road, be running up that hill, be running up that building", schallt es aus meinen Kopfhörern. Erschöpft stehe ich auf, da wir nun an meiner Haltestelle angekommen sind. Träge lege ich den 10 Minuten langen Weg zu unsere Dachwohnung zurück.

Zu Hause angekommen ist das erste was ich höre das wütende Geschrei meiner Pflegemutter Karen."Y/n, wo warst du so lange?! Du solltest dich doch schon längst um den Haushalt kümmern!". Am liebsten würde ich im gleichen Ton zurückschreien, doch die Angst vor meiner Pflegevater Arthur, welcher mich in solchen Situationen gerne schlägt, hält mich zurück. "Entschuldigung, der Schulbus hatte Verspätung.", antworte ich stattdessen. Mit gesenktem Blick gehe ich an meiner Pflegemutter vorbei und erledige, was sie von mir erwartet.

Als ich gerade das Abendessen für die ganze Familie koche, klingelt es plötzlich an der Wohnungstür. Gespannt laufe ich auf die Tür zu und öffne sie. Zuerst kann ich nur einen grossen Schatten erkennen, doch als ich genauer hinsehe, bemerke ich, dass es Drake ist. Sein muskulöser Oberkörper zuckt zusammen, als er mich sieht. "Uhm, Y/n was machst du hier bei Stacy? Sie hat mich zum Abendessen eingeladen."

"Ich bin ihre Stiefschwester.", entgegne ich kalt.

"Oh das wusste ich nicht."

Hinter mir höre ich Schritte, bis Stacy neben mir steht und mir einen "hau-ab-Blick" zuwirft. Still drehe ich mich um und widme mich wieder dem Kochen. Heimlich beobachte ich, wie die Beiden gemeinsam auf Stacys Zimmer gehen. Eifersucht durchfliesst meinen Körper. Was machen meine Pflegeschwester und mein Crush wohl im Zimmer? Das laute Piepsen des Backofens reisst mich aus meinen Gedanken. Ich stelle den Kartoffelauflauf, den ich zubereitet habe, auf den Esstisch und rufe meine Pflegefamilie zum essen. Als erstes setzt sich mein Pflegevater Arthur an seinen Stammplatz am oberen Tischende. Anschliessend kommen meine Pflegemutter Karen und mein kleiner Pflegebruder Lucas an den Tisch. Als letztes setzen sich Stacy und Drake. Ich versuche es zu verhindern, doch mein Blick wandert immer wieder zu Drake hinüber. der mir gegenüber sitzt. Es ist seltsam, doch er schaut verdächtig oft zu mir zurück.

Das ganze Tischgespräch handelt nur von Stacy oder Lucas. Mein Name wird kein einziges mal erwähnt. Am Gespräch nehme ich nicht Teil, da ich Angst habe etwas Falsches zu sagen.

Nachdem ich die Küche aufgeräumt habe, lasse ich mich todmüde in mein Bett fallen. Dabei höre ich leise Stimmen aus Stacys Zimmer neben mir. Um mir das Blöde Geschwafel meiner Schwester nicht anhören zu müssen, ziehe ich mir meine schwarzen Kopfhörer über und vertiefe mich in mein Buch über Kräuterkunde. Dabei setze ich mich auf meine Fensterbank, da die Abendsonne den Himmel und mein Zimmer in ein schönes Rot taucht.

Es fällt mir schwer, mich auf mein Buch zu konzentrieren, weshalb ich nach einiger Zeit einen Blick auf die Strasse vor unserer Wohnung werfe. Ich will mich gerade wieder meinem Buch zuwenden, als ich auf der Strasse zwei dunkle Gestalten wahrnehme. Auf einmal zückt die eine Gestalt, welche eine schwarze Kapuze trägt, ein langes Messer, besser gesagt Schwert, und sticht damit brutal auf die andere ein. Erschrocken zucke ich zusammen, als die erstochene Gestalt mit einem übermenschlichen Schrei zu Boden sinkt. Zitternd starre ich die Gestalt, die nun noch auf der Strasse steht, an. Als sie sich die Kapuze vom Kopf streift, kommt das blonde, längere Haar eines Typen zum Vorschein. Während er sich durch seine Haare streicht, schaut er sich um, bis sein Blick schliesslich auf mir landet. Seine Augen funkeln in der Abendsonne. Letztendlich zieht er seine Kapuze wieder über seinen Kopf, dreht sich um und macht sich lautlos aus dem Staub.

~Fortsetzung folgt~

Jace x y/nWo Geschichten leben. Entdecke jetzt