Nia lag auf ihrem Bett, während Robin an ihrem Schreibtisch irgendwelche Hausaufgaben beendete.
»Habt ihr eigentlich nie welche auf?« , erkundigte er sich bei ihr.
»Nö.« , meinte sie.
»Warum glaube ich dir das nicht?!«
Sie grinste ihn an. »Jetzt mal ehrlich Robin, für was sollen Hausaufgaben gut sein? Wenn ich später arbeite, bekomme ich danach auch nichts für zu Hause mit.«
»Je nachdem was du arbeitest, schon.«
»Ich will keinen regulären Job.«
»Was willst du denn machen?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Hab ich doch schon gesagt. Ich dachte immer, ich will etwas auf der Bühne, aber ... mir würde es auch gefallen, wenn ich Filme machen könnte. Ich weiß nicht. Ich will irgendwas ... wo man mich danach kennt.«
»Ich verstehe nicht, wieso du unbedingt erkannt werden willst. Was bringt dir das? Sei doch froh, wenn du normal durch die Straßen rennen kannst.«
Sie war ein wenig still, ehe sie weitersprach. »Ich find' das schön. Diese Aufmerksamkeit, weißt du ...«
Robin runzelte die Stirn. Er fand es irgendwie nicht gut, dass sie so sehr nach Aufmerksamkeit suchte. Schließlich gab er ihr eine Menge. »Was hast du von der Beachtung wildfremder Menschen?« , wiederholte er sich einfach.
»Weiß ich nicht. Aber das Gefühl ist schön.«
Er konnte sie nicht verstehen. Und irgendwie zweifelte er nun an sich selbst. Was wäre, wenn er ihr nie genug Aufmerksamkeit geben könnte?
Dag und Nia waren sich schon immer sehr ähnlich und die Trennung ihrer Eltern hatte sie zwar geschockt, aber andererseits war sie nicht so richtig sauer auf ihren Vater.
Robin jedoch wusste, wenn es bei seinen Eltern der Fall gewesen wäre, würde er seinen Vater dafür verabscheuen. Genauso andersrum, wenn es seine Mutter gewesen wäre.
Er empfand ein gebrochenes Herz, als eines der schlimmsten Schmerzen überhaupt.
Ihm war dieser Schmerz zwar nicht im vollsten Umfang widerfahren, aber trotz allem hatte er bereits das Gefühl gehabt, sein Herz wäre in tausend Teile zerbrochen.
Dieses Enge-Gefühl, als würde ein dicker Elefant auf dem Brustkorb sitzen.
Diese Übelkeit, die irgendwie ein ständiger Begleiter wurde, sobald er sich Nia mit einem anderen vorgestellt hatte oder sie mit einem anderen sehen musste.
Auch wenn sie mittlerweile seine Freundin war, würde er niemals all die Emotionen vergessen, die ihn all die Tage beherrscht hatten.
So zu tun, als ob ihm gar nicht fehlte, tat besonders weh. Er wusste genau, welche Gedanken einen tagtäglich beherrschen, wenn eine andere Person mit involviert ist.
»Trifft dein Vater sich noch mit dieser Frau?« Eigentlich ging es ihn nichts an, aber irgendwie interessierte es ihn auf die eine oder andere Weise.
Nia setzte sich auf. »Keine Ahnung. Glaube nicht. Er liebt sie nicht, sondern meine Mutter.« Sie gab das wieder, was ihr Vater ihr erzählt hatte.
»Na ja.« Er rollte ungewollt mit den Augen.
»Was, na ja?« Sie sah ihn mit einer hochgezogenen Augenbraue an.
»Wenn man einen Menschen liebt, dann ...«
»... wir wissen die Hintergründe doch gar nicht Robin.« , unterbrach sie ihn unbeherrscht. »Ich finde das auch nicht toll und hätte gerne meine Familie von damals wieder, aber ... was soll ich denn tun? Meinen Vater dafür hassen?«
»Nein, das habe ich nicht gesagt, aber ... er hat deiner Mutter wehgetan.« Er konnte sich denken, wie es Isabelle derzeit gehen musste.
»Ich weiß. Trotzdem ist das mein Vater.«
Robin drehte sich wieder in die richtige Position und schrieb weiter. Ihm war klar, dass er gegen die Bindung, die Nia mit ihrem Vater besaß, nicht ankommen würde. Er wollte ja auch nicht, dass sie ihn hasst. Das würde er niemals verlangen. Er selbst verabscheute Dag ja ebenfalls nicht, aber dennoch verbreitete ihn die Vorstellung, dass sie das zu locker nahm - wie seine Auffassung derzeit war -, geringfügig Sorgen.
»Meine Mutter und er kommen wieder zusammen. Wenn sie ihn wirklich liebt, verzeiht sie ihm.« , meinte Nia nach ein wenig Schweigen.
»Du meinst, man sollte so etwas verzeihen?« Mit Schwung drehte er sich. Seine Stimme war am Ende ein kleiner Voicecracker, wie so oft.
»Natürlich.«
Robin dachte ungewollt an Jenaro und wie oft Nia ihm jeden Fehltritt verziehen hatte. Wiederholt traten Ängste in ihm auf ... hat sie ihn etwa mehr geliebt? Oder was sollte ihre Aussage bedeuten?
Der Zweifel an ihn selbst summierte sich. Die permanente innere, selbstkritische Stimme führte dazu, dass sich die Unklarheit an sich selbst verstärkte.
War er gut genug für Nia?
Fand sie ihn wirklich attraktiv?
Noch etliche Fragen geisterten in seinem Kopf herum und eine ploppte ein wenig wider Willen aus ihm heraus. »Würdest du mir so etwas verzeihen?« , fragte er sie.
»Du würdest das gar nicht machen.« , antwortete sie und grunzte ein leichtes Lachen.
»Also von deinem Vater hätte ich das auch nie gedacht.«
»Warum geilst du dich so daran auf?« Ihr Mimik wurde wieder dunkler.
»Weil ... du hattest die ganze Zeit Panik, das deine Eltern sich trennen und jetzt ... dein Vater wohnt nicht mehr bei euch und du ... du siehst das voll locker.«
»Ich seh' das nicht locker Robin. Ich war dabei, als meine Mutter das rausbekommen hat. Meinem Vater bin ich hinterhergelaufen, und hab ihn angeschrien, dass er damit unsere Familie kaputt gemacht hat. Also stell' mich bitte nicht so hin, als hätte ich ihm ein High Five gegeben.«
»Das habe ich niemals behauptet.« , verteidigte er sich.
»Mein Vater wird mit ihr reden. Die vertragen sich und alles wird wieder gut. Du wirst sehen.«
Robin schrieb weiter. Er wollte das Thema einfach nicht noch mehr ausschlachten. Er liebte Nia. Aber wenn sie ihm auf so eine Art und Weise wehtun würde, wüsste er nicht, ob er ihr das verzeihen könnte.
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Reißen wir uns gegenseitig raus, oder reiten wir uns rein (Band 3)
FanficBAND 3 »Ich will keinen Streit mit dir. Ich will das wir uns beide wie erwachsene Menschen verhalten und ...« »Ich verhalte mich erwachsen oder siehst du, das ich gerade kindisch bin?« , sprach Carla. »Ich weiß, das zwischen uns mehr ist und ich geb...