Dag saß jetzt schon fast eine halbe Stunde am Esszimmertisch und wartete darauf, das Isabelle nach Hause kam.
Er sah auf die Uhr. Meist arbeitete sie noch genau drei Stunden, doch das war ihm egal. Er wollte mit ihr reden. Auch wenn das eine Prozent weg war, wollte er es trotzdem versuchen.
Er wusste, dass die Chance bei null stand, aber ... er musste es herausfordern.
Als er den Schlüssel im Schloss hörte, sah er trotz alledem nochmal auf die Uhr, obwohl er dies gerade erst getan hatte. Es war viel zu früh. Das war bestimmt Nia.
Die Türe wurde geöffnet. Der Schlüssel aufgehangen. Die Türe geschlossen.
Dag bekam dieses mulmige Gefühl, als die Schritte sich näherten, denn er wusste, das dies Isabelle war. Er lebte schließlich lang genug mit ihr zusammen, um zu wissen, wie sie sich anhörte.
Ihre Tasche ließ sie vor Schreck fallen, als sie ihn erblickte. »Dag? Was machst du hier?«
Er klimperte kurz mit dem Schlüssel vor sich herum.
Isabelle kehrte ihm den Rücken zu und stellte die Tasche weg. »Lass den Schlüssel bitte liegen und dann möchte ich das du ... gehst.«
»Ich will mit dir reden Isy.«
»Ich aber nicht mit dir.«
»Bitte. Du musst mir die Chance geben ...«
Rasch drehte sie sich um. »Dir die Chance geben? Um, was? Deinen Scheiß zu erklären? Dag, ich will darüber nichts wissen. Ich benötige nicht noch mehr Infos.«
»Es geht nicht um Infos, Isy. Ich liebe dich und ich weiß, ich kann das nicht rückgängig machen, aber ... du musst mir diese Sache bitte vergeben.«
»Und dann?«
»Lass uns weiter eine Paar-Therapie machen. Wir bekommen das hin. Wir werden dran arbeiten. Nur gib mir bitte die Chance. Bitte.«
Isabelle sah in seine hellen Augen, die sie flehend anblickten. »Ich kann das nicht.« , sagte sie, obwohl die Stimme in ihr flüsterte.
»Isy bitte.«
»Du hast mich belogen Dag. Es geht ums große Ganze. Sie ist kein Flirt für dich.« Ihre Stimme hakte teilweise ab. »Du hast mir damals gesagt, du würdest nie eine andere lieben.«
»Ich liebe sie nicht.« , gab er von sich und stand auf. Ohne Umwege kam er auf sie zu. »Ich will dich nicht verlieren.«
»Mich verlieren? Du hast mich in diese scheiß verfickte Lage gebracht. Nur du.« Ihre Unterlippe zitterte, als er ihr genau gegenüberstand.
»Ich wollt das nicht. Ja, ich hab es getan, aber ... Isy, du hast mich immer weiter von dir weggeschubst. Ich dachte, du willst mich nicht mehr.«
»Und dann fickt man eine andere?«
Er atmete tief ein und suchte nach Worten. »Ich liebe sie nicht.« , wiederholte er.
»Ist sie schwanger?« Dag sah ihr länger in die Augen. Isabelle benötigte keine ausgesprochene Antwort mehr. Wie von selbst griff sie an ihren eigenen Bauch, ehe sie zu Weinen begann.
»Es tut mir leid.« , sagte er und versuchte, sie zu umarmen. Eine Sekunde ließ sie es zu, bevor sie ihn wegschubste.
»Geh' Dag. Bitte.« , schluchzte sie. »Ich will dich nicht hier haben.«
Er schüttelte mehrmals den Kopf und fing dann ebenso an zu weinen, ehe er auf die Knie sank und ihren Unterkörper festhielt. »Bitte Isy. Schick' mich nicht weg.«
Isabelle stand wie versteinert, mit geschlossenen Augen da, während er sich umschlungen an sie klammerte. Sie hoffte, dass er sie endlich loslassen würde, denn sie hatte nicht die Kraft ihn nochmal von sich wegzustoßen.
»Dich zu verletzen war das Schlimmste, was ich dir und mir antun konnte.« , sprach er weiter. »Aber bitte glaube mir, dass ich dich liebe und das ich alles tun werde, damit du nie wieder so ein Leid verspürst.«
Isabelle sammelte ihre Entschlossenheit - trotz der flüsternden Stimme-. »Dann geh' bitte.«
»Was?« Mit verheulten Augen sah er sie an.
»Du musst gehen, damit ich kein Leid mehr verspüre.« Nun ließ er sie los. Immer noch auf den Knien, sah er, wie sie zwei Schritte von ihm wegging.
»Nein. Isy. Ich penn' auf der Couch. Wir machen eine Therapie und alles wird wieder gut.«
»Gar nicht's wird wieder gut. Meinst du, ich ertrage es, dass du alle zwei Wochen oder so dein Kind, was du mit ihr haben wirst, zu uns holst? Oder das du weiterhin Kontakt mit ihr hast? Allein der Gedanke, dass du sie angefasst hast ... sie geküsst hast. Nein. Ich ertrage das nicht.«
»Ich muss mich kümmern. Das Kind kann nichts dafür. Und alles andere, es wird dauern, aber bitte ...«
»Ich weiß. Die Kinder können nie etwas dafür.«
Dag war klar, dass sie damit ihren kleinen Unfall meinte, durch den sie am Ende ihren Sohn begraben mussten. »Ich hab das nicht geplant.«
Isabelle sah ihn an, als die Haustüre geöffnet wurde.
Dag wischte sich die Tränen weg und stand auf, als er seine Tochter sah, die mit Robin die Wohnung betrat.
»Papa.« , rief sie, kam angelaufen und umarmte ihn. Ihre Mutter sah weg und wischte sich ebenfalls die Tränen aus dem Gesicht. »Bleibst du hier?«
Dag sah zu Isabelle, die sich nun wiederkehrend umdrehte und den Kopf schüttelte. »Nein. Er wollte jetzt wieder gehen.«
Nias Augenbrauen zogen sich zusammen. »Was? Wieso?« Ihr Blick huschte zu ihrem Vater. »Habt ihr geredet?«
»Geht solange ins Zimmer, dann ...«
»Nein.« , unterbrach Isabelle ihn. »Wir haben geredet und ... dein Vater geht jetzt wieder.«
»Was? Hör ihm doch zu.« Nia wurde lauter.
»Das habe ich getan.«
»Anscheinend nicht. Er kommt her und entschuldigt sich und du ... du schmeißt ihn raus?«
»Nia, das ist nicht deine Angelegenheit.«
»Natürlich ist das auch meine. Ich will nicht, dass du ihn rausschmeißt.«
Dag fand es zwar einerseits gut, dass seine Tochter sich so für ihn einsetzte, aber Isabelle hatte Recht. Es war nicht Nias Entscheidung, ob er bleiben könnte oder nicht. »Nia, lass uns das alleine regeln, okay?!«
»Euch?«
Robin zog leicht an dem Arm seiner Freundin. »Lass uns gehen, okay?!«
»Nein.« Sie wehrte ihn ab. »Warum bist du so egoistisch?« , meckerte sie ihre Mutter an.
»Nicht so. Das reicht jetzt.« , meinte Dag mit ernsterer Stimme. »Hör auf deine Mutter.«
Nia sah Isabelle wütend an, ehe sie kehrtmachte und cholerisch die Türe ihres Zimmers zuknallte.
Robin sah ihr erst kurz nach und überlegte, ob es ratsam wäre, ihr nachzugehen. Doch hier bei Dag und Isabelle wollte er ebenso nicht bleiben. »Ehm ... ich ...« Er zeigte Richtung Flur.
Dag nickte. Er wartete, bis Robin in Nias Zimmer war. »Sie meint das nicht so. Ich werde mit ihr nochmal reden.«
»Geh' jetzt.« Isabelle sah ihn eisern an. »Merkst du nicht, dass du immer mehr kaputt machst?«
»Ich ... ich wollte ... ich wollte doch nur ...«
»Geh.«
Dag sah sie nochmal an. Er wusste, dass kein Wort was er noch sagen könnte, Isabelle umstimmen würde. Sie verabscheute ihn. »Ich liebe dich wirklich.« , sagte er leise und ging mit gesenktem Haupt zur Haustüre. Dort drehte er sich ein weiteres Mal um. Sie sah ihn an. Ihre Augen gefüllt von den Tränen, die sie gleich rauslassen würde.
Mit schweren Herzen verließ er die Wohnung.
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Reißen wir uns gegenseitig raus, oder reiten wir uns rein (Band 3)
FanfictionBAND 3 »Ich will keinen Streit mit dir. Ich will das wir uns beide wie erwachsene Menschen verhalten und ...« »Ich verhalte mich erwachsen oder siehst du, das ich gerade kindisch bin?« , sprach Carla. »Ich weiß, das zwischen uns mehr ist und ich geb...