Kapitel 1

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Die Sonne schien mir ins Gesicht und die warmen Strahlen taten einem gut. Wenn ich hier auf dieser friedlichen Lichtung im Wald saß, konnte man die eigentliche Hektik im Alltag vergessen. Momentan war so einiges los und die meisten waren vollkommen unruhig.

Ich hob meine Schnauze an, denn so fühlte es sich an, als könnten mich die Sonnenstrahlen besser erreichen. Ich hielt meine Augen geschlossen und gab ein zufriedenes Seufzen von mir. So gut ein Wolf eben seufzen konnte, in menschlicher Form würde es ein bisschen anders klingen.

Um meine Stimmung auszudrücken wedelte ich noch mit meinem Schwanz und all der Stress rückte vollständig in den Hintergrund.

Diesen friedlichen Platz besuchte ich seit ich klein war, denn mein Dad hatte ihn mir gezeigt. Es war schon immer sein Lieblingsfleck gewesen, welchen er mit mir geteilt hatte.

Ich bewegte meine Ohren nach hinten, als ich die Vögel lauter zwitschern hörte und es wurde ein aufgebrachteres. Ein paar davon hörte man davonflattern, was dank meinem Gehör als Werwolf, gut zu bemerken war.

Scheinbar bekam ich Besuch und die Tiere gaben mir vorab Bescheid darüber. Es mag ungefährlich sein, da ich in einem friedlichen Rudel lebte, welches in Harmonie erstrahlte, aber ich achtete stets auf meine Umgebung. Meine Eltern hatten mir das beigebracht, einfach um sicher zu sein, dass ich in möglichen Notlagen nie unschön überrascht wurde.

Im Mindlink hörte ich meine beste Freundin ernst sagen: "Da bist du ja. Ich muss dich ermahnen, Aurela."

Der Mindlink war eines der praktischsten Dinge unter den Werwölfen. Man konnte zu jeder Zeit mit jeglichem Rudelmitglied eine mentale Unterhaltung führen. Vor allem in Wolfsform war das ein großer Vorteil, ansonsten könnte man sich nur schwer verständigen.

Ich seufzte, öffnete meine Augen und während ich aufstand, drehte ich mich zu ihr um. Gina kam gerade auf die Lichtung und ich antwortete: "Alle übertreiben maßlos und das weißt du. Es mag ein Ball für Alpha Darkmoon sein, aber der wird sich kaum für uns interessieren."

Angeblich wollte er seine Mate finden, was mich wunderte, denn den Gerüchten zufolge war er ein grausamer Mann.

Warum sollte so jemanden derart verbissen seine Mate suchen?

Um ihm entgegen zu kommen und auf keinen Fall in Ungnaden zu fallen, gab jegliches Rudel einen Ball. Es waren meist große Veranstaltungen und jeder war dazu eingeladen. Allerdings hatten nur Frauen im geeigneten Alter eine Pflicht anwesend zu sein. Leider gehörten Gina und ich dazu, weil wir 20 Jahre alt waren und unseren Mate noch nicht gefunden hatten.

Ich setzte mich in Bewegung um ihr entgegen zu gehen. Noch immer legten die Vögel Beschwerde ein, da meine beste Freundin diese wundervolle Ruhe zerstört hatte. Sie hielten uns für eine Bedrohung, da wir Wölfe waren. Wenn die nur wüssten, dass wir sie als kein Futter betrachteten.

Gina blieb stehen und wartete auf mich. Da wir als Rückweg ihre Richtung einschlagen mussten, machte das Sinn.

Sie meinte: "Ja, es ist mir klar. Trotzdem müssen wir heute Abend erscheinen und uns Mühe geben. Ansonsten bringt uns unser Alpha um."

Damit hatte sie uns beide zum Lachen gebracht, denn der Alpha unseres Rudels war ein sehr netter Mann und ein unglaublich guter Anführer. Diese Aufgabe war perfekt für ihn und er achtete stets auf die Mitglieder.

Soeben kam ich vor ihr an und eine leichte Windböe fuhr ihr durchs seidige Fell, was sie noch edler und hübscher wirken ließ. Dabei war Gina das allgemein mit ihrem dunkelgrauen Fell machte sie ganz schön was her. Wenn sie sauer war, konnte man es als bedrohlich gelten lassen.

Meine Wenigkeit hingegen war mit dem hellgrauen Fell, eher weniger bedrohlich. Es war so hell, dass es beinahe weiß war. Dennoch war mein linkes Ohr dunkelgrau und mein rechtes Auge war von einem dunkelgrauen Fleck umrandet. Eigentlich war mein Fell ein lustiger Anblick, nur waren die meisten begeistert davon und bildeten sich ein mich bewundern zu müssen. Vielleicht lag das auch daran, da ich beliebt im Rudel war.

Gina nickte hinter sich und meinte: "Komm, laufen wir zurück und beginnen mit den Vorbereitungen. Es gibt auch noch deine und meine Mum, die genauso durchdrehen würden, wenn wir nicht brav sind und das machen, was von uns erwartet wird."

Mit einem Augenverdrehen ging ich an ihr vorbei und antwortete: "Wir sind erst das zweite Rudel, welches Alpha Darkmoon besucht. Ich finde es unfassbar unwahrscheinlich, dass jemand von uns die Strafe bekommt seine Mate zu sein."

Es wäre wahrscheinlicher von einem Blitz getroffen zu werden. Es gab unzählige Wölfinnen und normalerweise waren Mates im selben Rudel. Vielleicht hatte er sie in seinem Territorium übersehen.

Ich war bereits im Wald angelangt und Gina schloss mit mir auf. Die Blätter knirschten unter unseren Pfoten und dieses Geräusch liebte ich. Wölfe hörten zwar wesentlich besser, aber daran war man gewöhnt, weshalb so etwas nicht mal zu laut klang.

Gina hatte denselben Gedankengang wie ich, denn sie sagte: "Er hat sie sicherlich in seinem Rudel übersehen."

Und dennoch machten alle einen Aufstand wegen diesem Besuch. Die meisten hatten Angst, dass sie auserwählt werden könnten oder eines ihrer Familienmitglieder. Klar, bis zu einem gewissen Grad konnte ich das verstehen, aber der Großteil übertrieb.

Mit einem Kopfschütteln fing ich zu laufen an und meine beste Freundin tat es mir gleich.

My heartless Mate | ✔️ Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt