Dag lag auf der Couch in Carlas Wohnung.
Es war schon spät und die Bewohnerin der Räumlichkeit lag bereits schlafend in ihrem Bett.
Er setzte sich auf, weil er einfach keinen Schlaf fand. So einsam auf der Couch war für ihn gleichsam wie alleine in dem Hotelzimmer zu nächtigen.
Nur mit einer Boxershorts bekleidet, griff er nach seinem Handy und ging leichtfüßig in die Küche. Er holte sich ein Bier aus dem Kühlschrank, das er auch direkt ansetzte.
Dag drehte sich um und sah zum Bett.
Carla schlief seelenruhig und hatte ihm den Rücken zugekehrt. Er war froh, dass sie zugedeckt war und er nicht auf ihr Hinterteil schauen musste.
Er trank erneut und ließ seinen Blick auf sie gerichtet. Sie hatte von Anbeginn eine Anziehungskraft in ihm hervorgerufen, dem er schlecht widerstehen konnte. Vielleicht war das auch der Grund, weshalb er mittlerweile immer öfters daran dachte, tatsächlich mit ihr etwas Ernstes zu beginnen.
Er wollte nicht alleine sein. Er war schließlich nicht mehr alleine gewesen, seit er neunzehn war. Abgesehen von der Zeit, als Isabelle abgehauen war.
Carlas Nähe fand er nicht nur angenehm, sondern in einfachen Worten berauschend. Mit ihr war er im Grunde glücklich und hatte er nicht selbst auch ein wenig Glück verdient, nach all dem Scheiß, den er ebenso mitgemacht hatte?!
Doch dann gab es da noch Isabelle.
Selbstverständlich vermisste er die guten Zeiten mit ihr. Die erste Liebe vergisst man nie. Vielleicht hing er deshalb weiterhin so stark an der Vergangenheit?! Die zweite Liebe war sie quasi auch. Denn nach der primären jungen Liebe folgte die sekundäre reifere Liebe. Jedoch soll diese auch die Schmerzhafteste sein.
Dag wusste nun, was damit gemeint war. Der Schmerz sie verloren zu haben, war so unerträglich, dass er sich mit so vielen Dingen, wie es nur ging, ablenken wollte, um nicht daran erinnert zu werden, was vergangen war.
Das Einzige was er jetzt nur noch wollte und so stark benötigte, war glücklich sein.
Sein Blick war kontinuierlich auf Carla gerichtet.
Die dritte Liebe soll für immer bleiben.
War sie vielleicht diese Liebe? Auch wenn er das derzeit nicht fühlte, was Isabelle in ihm auslöste und das von Anbeginn ihrer ersten Begegnung, konnte sich ja möglicherweise daraus mehr entwickeln ... mit der Zeit.
Sie hätten Zeit. Er müsste nichts im Schnellverfahren durchführen. Gegebenenfalls könnte er irgendwann mehr in ihr sehen als seine Ex-Bettgespielin sowie baldige Mutter seines nächsten Kindes.
Doch da war immer noch seine Frau. Womöglich war dennoch Isabelle die dritte Liebe und sie mussten diese schwere Zeit durchmachen, um sich darüber klar zu werden, wie wichtig ihre Liebe zueinander war. Vielleicht hatte Nia Recht, dass er es wieder und wieder aufs Neue versuchen musste, sie abermals für sich zu gewinnen. Sie waren schließlich nicht erst seit kurzem zusammen.
Warf man etwas wirklich so schnell weg? Oder hatten sie es beide schon vor längerer Zeit weggeworfen? Dessen ungeachtet hätte Isabelle auch früher mehr an sich und ihre Psyche arbeiten müssen. Sie muss doch gemerkt haben, wie sehr sie ihn in schöner Regelmäßigkeit zu Boden gedrückt hat mit ihrer kalten Art ihm gegenüber.
Carla regte sich eine Winzigkeit.
Nun hatte er ein wenig Reue, dass er hier schlief, während Isabelle vielleicht gerade weinend im Bett verbrachte und ihn vermisste.
Der Gedanke, dass er besser ins Hotel gehen sollte, verstärkte sich.
Sein Handy vibrierte und er nahm erst noch einen Schluck aus der Flasche, ehe er die Nachricht las.
- Ich freu mich schon, wenn du endlich hier bist. Dieses Mal sind wir auch ungestört. Vergiss den Wein nicht. 😏
Dag wurde übel, da er nicht wusste, ob er die Mail von Isabelle richtig deutete.
- Was meinst du?
Tippte er eilig zurück.
Die Haken wurden blau und er sah, wie sie schrieb.
- Sorry war nicht an dich. Hab mich vertan.
- Wen hast du denn gemeint?
Nur ein Haken war sichtbar. Dag ging in die Anrufliste und versuchte sie anzurufen, doch ihr Handy war aus.
Er überlegte, ob er sich bei Vincent melden sollte, aber verwarf diesen Gedanken sofort, denn die Mail war für ihn eindeutig.
Isabelle traf sich mit einem anderen.
Sie hatte abgeschlossen mit ihm. Für sie war es vorbei. Es gab kein Zurück mehr. Niemand lag weinend im Bett und vermisste ihn. Im Gegenteil. Sie genoss ihr Leben ohne ihn.
Er klatschte sein Handy auf die Arbeitsplatte und sah dann erschrocken auf Carla, die jedoch weiterhin in ihrer Position liegenblieb.
Der Gedanke das Isabelle sich bereits nach etwas Neuem umsah, machte ihn wütend. Während er seelisch doch immer wieder noch an ihr festhielt, war sie längst dabei ihn komplett aus ihrem Leben abzuhaken.
Er fühlte sich ein wenig zurückversetzt zu der einen Nacht, wo er bei Carla geschlafen hatte und es sich richtig angefühlt hatte, obwohl er an Isabelle gedacht hatte.
Aber eventuell hatte es sich ja richtig angefühlt, weil es Carla war. Möglicherweise hatte er sich die Sache mit Isabelle nur eingeredet, damit ihn das schlechte Gewissen nicht so sehr in die Enge trieb.
Doch wozu sollte er jetzt noch negativ darüber denken?
Warum sollte er nicht auch seinen Neubeginn starten dürfen?
Und warum sollte es nicht die Frau sein, die ihn derzeit glücklich machte?
Er trank erneut, ließ sein Handy liegen und legte sich entschlossen und vorsichtig neben Carla hin. Schonungsvoll, damit er sie nicht weckte, platzierte er sich zur Seite. Ihm wurde sofort wärmer, obwohl sie ihn nicht mal berührte. Das Gefühl neben einer Person zu liegen, war für ihn schon ein weiterer Schritt in mehr Normalität.
Einfach nur neben ihr einschlafen und morgen mit ihr über seine Gedanken, was beide betraf, in Ruhe sprechen, war sein Plan. Mehr nicht.
Dag bemerkte, wie sie sich plötzlich rührte, dann verharrte und schließlich umdrehte. Sie sah ihn an. »Hast du dich verirrt?« , sprach sie flüsternd.
»Nein.« Er strich ihr eine Strähne hinters Ohr, hob anschließend ihr Kinn an und küsste für einen Moment unüberlegt und wie von selbst sanft ihre Lippen.
»Ist das der Alkohol, oder ...«
»Ich hab nur gerade eben einen Schluck getrunken.« , fiel er ihr ins Wort. »Ich bin nüchtern. Ich weiß also, was ich hier tue.«
Sie lächelte dezent. »Sicher?«
Er nickte. »Ich will uns eine Chance geben.« , sprach er es nun doch schon früher aus.
Ihr Lächeln blieb, als er sie ein wenig näher zu sich zog und einfühlsam küsste, während er dieses Mal auch seine Zunge mit einbezog, die fast schon in Zeitlupentakt mit ihrer harmonierte.
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Reißen wir uns gegenseitig raus, oder reiten wir uns rein (Band 3)
FanfictionBAND 3 »Ich will keinen Streit mit dir. Ich will das wir uns beide wie erwachsene Menschen verhalten und ...« »Ich verhalte mich erwachsen oder siehst du, das ich gerade kindisch bin?« , sprach Carla. »Ich weiß, das zwischen uns mehr ist und ich geb...