Sim

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"Hoffnung. Ich glaube nicht dass es noch Hoffnung gibt." Sim schüttelt den Kopf und schaut auf den Fernseher. Neben ihm liegt seine Katze auf dem Sofa und schnurrt. Sie weiß nichts vom Ende der Welt. Sim wusste schon bei der ersten Nachricht, dass die Erde zugrunde geht. Immerhin ist er Wissenschaftler und erforscht die Auswirkungen der Menschen auf die Erde.

Er steht auf und schaut aus dem bodentiefen Fenster. Die Landschaft ist bergig und ruhig dahinter. Vor Jahren ist er ans Ende der Welt gereist und hat nur seine Katze mitgenommen. Auf einer kleinen tropischen Insel erforscht er das Wetter. Auf dem einzigen Berg der Insel hat er eigens eine Wetterstation errichtet. Im Tal und am Hafen wohnen einige Fischer, die jedoch kaum Kontakt zu ihm haben. Er zieht die Einsamkeit vor.

Sim schaltet den Fernseher aus und macht sich in der kleinen Küche einen Kaffee. Er hat keine Angst vor dem Tod. Sein Leben war hervorragend wie traurig. Doch nun ist er bereit zu gehen. Sim überlegt, was er tun könnte bis zum nächsten Tag. Er wollte schon immer einmal auf die Hauptinsel der Inselgruppe und dort den Berg Luri besteigen. Bis heute kann er sich nicht erklären, wie dieser Berg entstanden ist. Er ist sehr hoch und trotz des tropischen Gebietes mit Schnee bedeckt. Abenteurer die bereits dort waren, meinten es wäre nicht kalt gewesen, höchstens minus 5 Grad.

Sim wirft einen Blick auf den Rucksack neben der Tür. Er ist bereits gepackt. Die oberste Tasche des Rucksacks ist robuster und eine Plexiglasscheibe schließt sie ab. Sim hat sie dort befestigt, damit er seine Katze mitnehmen kann. In der Vergangenheit ist er immer mit seiner Katze gereist. Sie hat sich daran gewöhnt.

Das rote Tier schleicht zwischen seinen Beinen durch und mauzt leise. Sim streichelt sie und gibt ihr dann ein Schälchen zu essen. Er hat genug Zeit übrig für sein letztes kleines Abenteuer. Und seine Katze Tiger lässt er sicherlich nicht zurück. Im Bad wäscht er sich das Gesicht und beginnt sich zu rasieren. Er mochte noch nie Haare im Gesicht. Als er das Bad verlässt spielt Tiger gerade mit dem gepackten Rucksack als würde sie wissen was vor sich geht.

Sim nimmt sich seinen Kaffeebecher und tritt auf den kleinen Balkon. Die Hitze ist schon am frühen Morgen drückend und er setzt sich in den Schatten. Jeden Morgen sitzt er dort und lauscht den Vögeln. Wenn der Wind gut steht, hört er das Rauschen des Meeres oder das schäumende Wasser in der Brandung. Er wird diesen Ort vermissen.

Tiger jagt einem Schmetterling hinterher, der jedoch entkommt. Frustriert setzt sich Tiger auf die Balustrade und beginnt sich zu putzen. Das rote Fell glitzert in der Sonne. Sim schließt für einen Moment seine Augen und lässt die Geräuschkulisse auf sich wirken. Er denkt daran was die anderen Menschen machen würden. Viele würden in Panik geraten, aber nicht in diesem Teil der Welt. Die Menschen leben unter einfachen Umständen und werden sicherlich nicht glauben, dass so ein schlimmes Ereignis passieren kann.

Da der Flugverkehr weltweit nicht mehr gestattet ist, muss Sim mit dem Boot zur Hauptinsel fahren. Er mag den Seeweg überhaupt nicht. Immer wenn er so ein schwankendes Gefährt besteigt wird ihm spätestens außerhalb des Hafens übel. Die Einwohner lachen ihn dafür aus und nennen ihn 'den Kranken Sim'. Er würde viel lieber mit dem rostigen kleinen Propellerflugzeug fliegen. Ein europäisches Ehepaar besitzt den kleinen Flugplatz auf der Insel. Falls sich Touristen hierher verirren, dann können sie dort Paraglider benutzen oder einen Fallschirmsprung machen. Sim versteht sich gut mit ihnen. Sie unterhalten auch einen kleinen Laden mit Lebensmittel aus Übersee. Dort hat Sim gerne Samen und Süßigkeiten gekauft.

Die Hitze wird nach einer Stunde unangenehm und Sim beschließt sich den letzten Vorbereitungen zu widmen. Er packt Proviant für ihn und Tiger ein. Dann steht er unschlüssig vor dem Kleiderschrank und überlegt, was er anziehen könnte. Er entscheidet sich für sein Abenteureroutfit das seine Frau ihm einmal geschenkt hat. Es besteht aus einer beigen kurzen Hose und einem hellbraunen Leinenhemd. Er zieht sich um und schlüpft in seine Wanderschuhe. Sie sind schon abgetragen, doch für dieses Abenteuer reichen sie noch.

Ein letzter TagWo Geschichten leben. Entdecke jetzt