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Ich wachte früh am Morgen von einem Poltern auf, das aus der Nebenwohnung zu kommen schien. Jetzt wusste ich auch, was mein Großvater mit lauten Nachbarn meinte.

Ich setzte mich auf und streckte mich einmal ausgiebig. Ich hatte kaum geschlafen, da mir der gestrige Tag im Kopf rumspukte. So richtig verstehen konnte ich das alles nicht. Und es ließ mich jetzt auch nicht los. Ich musste einfach immerzu daran denken, was ich gestern alles gesehen und gehört hatte. Die Tatsache, dass es wohl Menschen mit magischen Kräften gab, wollte ich nicht wirklich wahrhaben, aber leugnen konnte ich es auch nicht mehr.


Gähnend schnappte ich mir mein Handy und entsperrte es. Mein erster Weg führte mich zu Google, in das ich direkt magische Kräfte eingab, allerdings nur Hokus Pokus fand. Nichts Brauchbares.

Doch schnell erinnerte ich mich an das Wort, dass sie mir gestern gesagt hatten. Bionische Menschen.

Also tippte ich dies ein und fand zu meiner Überraschung mehrere Newsseiten und Artikel zu dem Thema. Ich öffnete den erst besten und hatte direkt ein Bild vor mir. Drei Jungen, ein Mädchen in schwarzen Kostümen. Als wären es Superhelden. Bei genauem hinsehen erkannte ich allerdings zwei Gesichter. Das von dem Fahrstuhl-Mädchen und das von Chase. Diese standen mit ernstem Blick neben einem großen muskulösen Typen und einem kleineren, schmächtigen dunkelhäutigen Jungen, der breit in die Kamera grinste.

Meine Augen folgten den schwarzen digitalen Buchstaben. Es war die Rede von dem großen Erfinder Donald Davenport und seinen Kindern, Adam, Bree, Chase und Leo, die auch auf dem Bild abgelichtet waren. Nun wusste ich wenigstens, wie das Mädchen hieß.

Etwas weiter unten wurde deren Geschichte erzählt, dass die bionischen Chips, die sie in sich trugen, von Davenport Industries entwickelt wurden und sie diese schon ihr ganzes Leben hatten. Jedenfalls alle bis auf Leo. Dieser bekam seine Fähigkeiten erst später. Und zusammen bildeten sie ein Team, um die Welt vor allen möglichen Gefahren zu retten.

Ich nickte erstaunt vor mich hin. Wenn das alles der Wahrheit entsprach, hatten diese Leute meinen Respekt verdient. Auch wenn es etwas komisch war, dass sie Superstärke und Supergeschwindigkeit hatten und superschlau waren, so schien es hier doch recht normal zu sein. Nur hatte ich noch nie was davon gehört, was wohl an meinem alten Wohnort lag, der außerhalb Amerika war. Und solange sie die Welt retteten, hatten sie auch eine Berechtigung, so zu sein. Wenigstens weiß ich jetzt, dass das alles auf die Wissenschaft geht, und dass sie keine Aliens sind, an die ich seit gestern kurzzeitig geglaubt hatte.


Plötzlich klopfte es an der Tür, was mich aufsehen ließ.

„Ja?", sagte ich laut, wodurch sich die Tür einen Spalt öffnete und der Herr des Hauses seinen Kopf hindurch steckte.

„Du hast besuch."

Ich? Besuch?

Ich runzelte die Stirn, schlug die Decke beiseite und stand auf.

„Ich bin gleich da. Ich muss mich noch schnell umziehen", versicherte ich, bekam ein Nicken als Antwort und die Tür schloss sich wieder.

Ich schnappte mir meine Kleidung aus dem frisch eingeräumten, weißen Kleiderschrank und machte mich fertig.

In schwarzer Jeans und dunkelgrünem T-Shirt betrat ich das Wohnzimmer, aus dem ich bereits eine weibliche Stimme vernahm. Als ich angekommen war, konnte ich diese auch einer Person zuordnen. Bree – wie ich jetzt den Namen wusste – saß auf unserer Couch und unterhielt sich mit meinem Großvater über belanglose Dinge. Als sie mich wahrnahm, stand sie auf und lächelte mich an.

„Hi", sagte ich verwirrt und schaute zu ihr.

„Hey, ich hatte mich gefragt ob du Lust hast, etwas mit mir zu unternehmen?", plapperte sie drauf los und ich nickte perplex. Ich war noch zu verschlafen um darüber genau nachzudenken.

„Gern", fügte ich noch schnell höflich hinzu, und machte ihr damit scheinbar eine riesige Freude.

„Super!"

Sie schnappte sich meine Hand und zog mich mit auf den Flur. Ich konnte im vorbei gehen geradeso meinen Schlüssel schnappen und meinem Opa ein „Bis Später" hinterher zu rufen.

Auf dem Weg nach unten plapperte sie weiter.

„Also, was hältst du davon, wenn wir zusammen Shoppen gehen. Oder in ein Café und uns besser kennen lernen."

„Äh, ja... Gern."

„Tut mir leid, wenn ich dich etwas überrumple, aber ich bin immer etwas aufgeregt, wenn ich neue Menschen kennen lerne."

Sagte die besondere von uns... Eigentlich sollte ich aufgeregt darüber sein.

„Ist schon in Ordnung. Ich habe nichts dagegen", lächelte ich sie höflich an.


„Das mit gestern tut mir übrigens leid. Ich hoffe die Jungs haben dich nicht allzu aus dem Konzept gebracht."

Ich musste schmunzeln.

„Ehrlich gesagt, haben sie das. Von all diesem ganzen Bionic Zeugs hatte ich noch nie gehört. War das erste Mal."

Sie lachte leise.

„Kein Wunder, dass du so reagiert hast. Ich hoffe es macht dir nichts aus?"

Der Fahrstuhl hielt an und die Tür öffnete sich. Schnellen Schrittes verließen wir diesen und das Gebäude.

„Nein, ich denke nicht. Es überfordert mich etwas, aber ich denke in ein paar Tagen wird das völlig normal sein."

Sie nickte.

„Du wirst dich daran gewöhnen. Und keine Sorge, wir sind nicht gefährlich."

Ich stimmte ihr direkt zu.

„Ja, ich hatte heute Morgen einen Artikel über dich und deine Geschwister gelesen, und was ihr alles tut. Das ist sehr beeindruckend, wenn auch etwas merkwürdig. Aber tatsächlich fasziniert mich die ganze Sache. Ist ja nicht etwas, was man ständig um sich rumhat."

Bree lachte fröhlich, während wir auf dem Gehweg die Straße entlangliefen, begleitet von Motorengeräuschen, Blaulicht und Sirenen, und einer Menge Fahrradfahrer, denen wir hin und wieder ausweichen mussten.

„Da gebe ich dir recht. Sowas sieht man nicht alle Tage."

„Und du bist also die Superschnelle?", fragte ich direkt nach. Der Artikel über die Geschwister hatte meine Neugier geweckt.

Sie nickte und fügte hinzu.

„Ich kann ziemlich schnell laufen und meine Stimme verstellen, mein Bruder Adam hat Superkraft und Laseraugen, mein Stiefbruder Leo hat einen Bionischen Arm... Ach und neuerdings auch ein Bein. Und Chase, den du ja auch bereits kennen gelernt hast, ist superschlau. Und super nervig."

Ich lachte bei der Aussage.

„Das klingt nach wahrer Geschwisterliebe!"

„Oh, du glaubst gar nicht was ich schon alles durchmachen musste, mit den Drei."

„Ich habe zwar keine Geschwister, aber ich kann es mir vorstellen, dass es ziemlich anstrengend ist", entgegnete ich lachend, wobei Bree es mir sofort bestätigte. Wenn ich solche Geschichten höre, bin ich wieder ganz froh, Einzelkind zu sein. Das hat eben doch seine Vorteile.

„Weißt du Juna, ich bin froh endlich mal eine weibliche Person im Haus zu haben, die mich auch etwas versteht. Wir können gerne öfters etwas unternehmen. Dann komme ich endlich mal aus dieser Jungs Bude raus."

Stimmt, ich hatte ihr meinen Namen noch gar nicht verraten. Weder gestern vor dem Fahrstuhl, noch als ich in ihrer Wohnung war. Sie hatte ihn wahrscheinlich von meinem Opa.

„Gern, da ich gestern erst eingezogen bin, kenne ich hier auch noch niemanden. Weder die Menschen, noch die Stadt."

Ihr Lächeln wurde immer breiter.

„Na dann bekommst du jetzt eine ausgiebige Stadt-Shopping Tour von mir. Ich zeige dir die besten Läden hier!"

Zwischen Bionic und SuperkräftenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt