Vogelscheuche und Gürtelschnalle - Teil 2

43. Du siehst traurig aus

°○ Maria ○°

"Na du Hübsche?", begrüßte Leon mich an Mehmets Tür, nahm mich in den Arm und küsste mich. "Wo hast du denn deine Anstandsdame gelassen? Oder bist du wieder gelaufen?"
"Nein", sagte ich. "Diesmal haben die mich schon an der Straße rausgelassen."
"Wen meinst du mit die?", fragte Leon und führte mich in die Wohnung.
"Lea", antwortete ich.
Aus dem Wohnzimmer erklang das laute Motorengeräusch einer Kettensäge, dazu das Kreischen einer Frau. Bestimmt ein Horrorfilm, dachte ich.
"Lea..." Leon überlegte. "Ist das nicht die mit den rosa Haaren?"
"Genau", sagte ich.
"Die ist doch ganz cool, oder?"
"Das ist meine Lieblingsbetreuerin"
"Oha... okay..." Leon lachte. "Das kann sie sich dann ja auf die Plakette schreiben."
"Wieso?", fragte ich. "Gibt doch viele Leute, die ich nett finde."
"Ja... so ungefähr ne Handvoll, wenn's hoch kommt."
"Stimmt doch gar nicht!"
"Zieh mal deinen Mantel aus!"
Ich tat es.
"Die lassen wir hier mal so stehen, oder?", fragte Leon und deutete auf die Sporttasche neben der Eingangstür, welche ich mitgebracht hatte - ein hässlich unförmiges Ungetüm, das Lea mir vorhin noch vom Dachboden geholt hatte.
"Ja... mir egal." Ich reichte Leon den Mantel, als er die Hand danach ausstreckte. "Ist ja nichts geheimes drin, oder so."
"Digga, was machst du denn?" Alis Stimme aus dem Wohnzimmer.
Er lachte, gleichzeitig begann jemand laut zu husten.
"Was läuft da schon wieder schief bei euch?", rief Leon. "Kann man nicht mal vor die Tür gehen, ohne, dass ihr Scheiße baut?"
"Wer ist denn alles da?", fragte ich.
"Alle eigentlich." Leon hängte den Mantel über die Garderobe. "Nur Melanie kommt erst später", fügte er dann noch hinzu. "Die ist noch arbeiten. Und kann auch sein, dass Manuel noch kommt. Mit Minchen."
"Achso..." Das könnte ja wieder heiter werden, dachte ich.
Wir betraten das Wohnzimmer.
"Bambina!", rief Ali, gleich, als er mich sah. "Wie geht's?"
"Gut", antwortete ich. "Und... hi."
"Hi", begrüßte Mehmet mich, rieb sich die Augen und hustete dann noch mal.
"Alles klar bei dir?", fragte Leon ihn. "Was hast du gemacht?"
Im Fernsehen lief der Abspann eines Films, in dessen Hintergrund rannte ein Mann über die Straße irgendeiner Einöde, eine Kettensäge in den Händen haltend, das Gesicht hinter einer unheimlichen Maske verborgen.
"Komm mal zu mir!" Verena klopfte neben sich aufs Sofa.
Ich setzte mich.
"Du spinnst doch!" Jetzt lachte auch Leon, keine Ahnung warum, aber ich mochte das nicht. Genauso wenig wie diesen ganzen Auflauf hier. Das sah mir viel zu sehr nach Party aus.
"Willst du ein Bier?" Ali hielt mir eine Flasche hin.
Ich schüttelte den Kopf. "Lieber nicht."
"Sie mag kein Bier", meinte Leon, ließ sich neben mich aufs Sofa fallen, nahm eine Flasche Cola und schenkte etwas davon ins Glas, welches vor mir stand. "Das müsstest du doch langsam mal wissen."
"Wieso müsste ich das?", entgegnete Ali. "Ich bin doch nicht mit ihr verheiratet!"
"Wie geht es dir?", fragte Verena. "Bist du wieder fit?"
"Na ja... geht so", meinte ich, nahm mir meine Cola und nahm einen Schluck. "Ich wusste gar nicht, dass ihr heute auch kommt."
"Davon hab ich dir doch erzählt!", mischte Leon sich ein.
"Ja..." Ich zuckte die Achseln. "Tut mir-"
"Wir wollten doch heute ins Zoney!"
"Das... hab ich gar nicht mitbekommen."
"Dann hör mal zu, wenn ich mit dir rede!", sagte Leon und legte dabei so viel Bestimmtheit in seine Worte, dass ich gleich merkte, wie mir die Hitze ins Gesicht stieg. "Heute ist Frozen Friday. Da reden wir auch schon seit Tagen von. Guck!" Er zog sein Handy aus der Tasche, legte als nächstes einen Arm um mich und entsperrte es dabei. "Das hatte Ali doch letztens noch in die Gruppe geschickt", sagte er, öffnete WhatsApp und klickte dann auf die Gruppe "Droogs":

Ali
Rum?🤤

Mehmet
👎🏻

Ali
😳

Mehmet
🙁

Ali
😭😭😭

Leon klickte weiter auf Medien. Und scrollte durch eine Mischung aus verschiedenen Fotos und Videos, viel zu schnell, als dass ich erkennen konnte, was genau auf ihnen zu erkennen war. Dann endlich fand er, wonach er gesucht hatte.
"Hier!"