2 - Bettgespräche

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„Ich will noch schnell nach Arthur sehen", sagte Samantha, als sie mit Richard den Flur zu ihrem Schlafzimmer entlangging. Sie drückte die Kerze, die sie in der Hand gehalten hatte, um den Weg durch den dunklen Flur zu leuchten, in Richards Hand und öffnete leise eine Tür.

„Er schläft", raunte sie Richard über die Schulter zu.

„Was sollte er auch sonst tun", gab er flüsternd zurück.

Samantha wäre schon das ein oder andere eingefallen, denn Schlafen war nicht Arthurs Lieblingsbeschäftigung, aber sie ignorierte seine Bemerkung und trat leise an das Kinderbett.

Der Zweijährige sah im Schlaf friedlich aus. Das dunkle Haar, das er von seinem Vater geerbt hatte, fiel ihm wirr in die Stirn, seine Augen waren geschlossen und sein niedlicher Mund im Schlaf leicht geöffnet.

Samantha ging wie immer, wenn sie ihn anblickte, das Herz auf und Richard trat hinter sie, achtete darauf, die Kerze außer Reichweite zu halten, und blickte über ihre Schulter.

„Er ist so wunderschön."

„Ja, das hat er von seiner Mutter", stimmte er ihr zu und beobachtete mit einem leichten Heben seiner Braue, wie sich sein Sohn im Schlaf regte, einen leisen Seufzer ausstieß und sich auf die Seite rollte. „Wir sollten ihn schlafen lassen."

Samantha nickte und huschte wieder zur Tür und Richard schloss sie leise hinter ihnen. Arthur war gut aufgehoben. Sein Kindermädchen schlief hinter einem Vorhang im Kinderzimmer und wäre da, wen er aufwacht.

„Was für ein Abend", sagte Samantha als sie die Tür zu ihrem Schlafzimmer hinter sich zugezogen hatte.

Richard durchquerte das Zimmer und entzündete zwei Kerzen auf dem Frisiertisch und eine auf dem Nachttisch. Dann stocherte er mit dem Schürhaken im Kamin herum, so dass die Glut hell aufleuchtete. Als er ein Holzscheit aus einem Weidenkorb daneben nachlegte, züngelten die Flammen hell und warm und Funken stoben auf.

Samantha ließ sich in einer fließenden Bewegung, die die Seide ihres eleganten Kleides rascheln ließ, auf dem Hocker vor dem Frisiertisch nieder und nahm vorsichtig die diamantenbesetzen Kämme aus ihrem Haar und begann nach den Haarnadeln zu angeln. Halb bedauerte sie es, ihrer Zofe Becky freigegeben zu haben, denn sie hätte die Frisur in Windeseile gelöst, ihr Haar ausgekämmt und für die Nacht zu einem Zopf geflochten, aber Samantha schickte Becky meistens zu Bett, wenn sie wusste, dass es spät wurde und heute war es aufgrund der jüngsten Ereignisse besonders spät geworden.

Allein bei dem Gedanken daran, wie knapp der Herzog dem Attentat entkommen war und dass die Pistolenkugel ebenso gut Richard oder sie selbst hätte treffen können, stellten sich erneut ihre Nackenhaare auf.

„Glaubst du, der Herzog ist noch in Gefahr?"

„In seiner Position ist er leider nie ganz sicher", antwortete Richard und seine gefurchte Stirn verriet, dass er ähnlichen Gedanken wie sie selbst nachhing. Er hatte seinen dunklen Rock aus feinem Tuch über eine Stuhllehne geworfen und knöpfte sich die bestickte Weste auf. „Aber er weiß um die Gefahr und geht normalerweise kein Risiko ein. Wer hätte gedacht, dass ihm dieser Kerl auf dem Nachhauseweg von einer Dinnergesellschaft auflauert. Andererseits geschieht so etwas wohl immer dann, wenn man am wenigsten damit rechnet."

„Ja", stimmte sie ihm zu. „Wie damals als bei dem Ball des Herzogs im Keller Feuer ausgebrochen war und alle evakuiert wurden. Erinnerst du dich?"

„Nur zu gut."

Es war im Juni 1816 gewesen. Nur ein paar Tage vor ihrem ersten Hochzeitstag. Jemand hatte in der Pariser Residenz des Herzogs Fässer mit Schießpulver versteckt und Feuer gelegt. Wenn das Feuer nicht rechtzeitig von einem Bediensteten entdeckt und gelöscht worden wäre, wären sie alle mitsamt dem Haus in die Luft geflogen.

Die Schatten von FerywoodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt