Ilaria und die Pilzlinge

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Kurzbeschreibung:
Die  goldenen und roten Blätter der Bäume fallen zu Boden. Ein sonniger  Herbsttag wie dieser lädt zu einem Spaziergang im Schimmernden Wald ein.  Eigentlich wollte die Meerjungfrau Ilaria nur einige Kräuter und Pilze  sammeln, doch als sie einen leisen Hilferuf hört, ändern sich ihre  Pläne. 




Ilaria und die Pilzlinge
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Ein Spaziergang durch den Schimmernden Wald ist immer etwas Besonderes für mich. Jede Jahreszeit hat ihren Reiz, der Herbst bietet jedoch die Möglichkeit, spezielle Kräuter und leckere Pilze zu sammeln. Mit einem kleinen Körbchen spaziere ich einen schmalen Trampelpfad entlang. Fröhlich summe ich eine Melodie während um mich herum rote und goldene Blätter auf den Boden des Waldes fallen. Heute ist ein schöner Tag!


Im Augenwinkel erkenne ich eine Bewegung. An einem Baum über mir schlängeln sich rote Ranken durch die Äste. Gespannt, was über mir wohl vor sich geht, bleibe ich stehen und blicke nach oben. Ich entdecke einige Büschel Tentakelkraut. Dieser magischen Pflanze begegnet man in diesem Wald öfter. Eine der neugierigen, aber ungefährlichen Ranken schlängelt sich in meine Richtung. Das Tentakelkraut stupst gegen meine Wange, dann tastet es sich vorsichtig meinen Hals und meine Schulter entlang und schlingt sich anschließend um meinen Arm. Ich kichere.


„Hallo, du freches Ding", begrüße ich die Pflanze und lege meine Finger an die glatte Oberfläche des Tentakelkrauts. „Mach es dir nicht zu gemütlich, ich bin kein Ast." Mit sanften Bewegungen kitzle ich die Pflanze, die erst zuckt und sich dann von mir zurückzieht. Ich beobachte, wie die Pflanze in den lichten Baumkronen verschwindet und sich nun um einen kräftigen Ast schlingt.


Gut gelaunt hüpfe ich durch die Blätter und summe weiter mein Lied. Ich verlasse den schmalen Trampelpfad und klettere zwischen die Äste einiger Büsche. Als mein Kleid an einem der Äste hängen bleibt, ziehe ich vorsichtig daran, um mich wieder zu befreien, dann setze ich meinen Weg fort. Ich war schon öfter hier. In der Nähe gibt es einen wunderschönen magischen See, der im Winter nicht gefriert. Für eine Meerjungfrau wie mich bietet er eine Möglichkeit, den Winter unbeschadet zu überstehen. Solange ich mich außerhalb des Wassers aufhalte, bin ich der Kälte schutzlos ausgeliefert, in meiner natürlichen Umgebung hingegen nehme ich sie kaum wahr.


Ich betrete die Lichtung des Waldes. Im Sommer wachsen an den violetten Sträuchern köstliche, süße Beeren. Von den Blättern und Blüten ist jedoch nicht mehr viel übrig. Auch die Beeren sind längst gepflückt oder von den Wesen des Waldes gefressen worden. Dass der Winter immer näher rückt, ist nicht mehr zu übersehen. Immer mehr der Pflanzen verlieren ihre Blätterpracht. Ich nehme einen tiefen Atemzug der frischen Luft. Mit geschlossenen Augen richte ich mich zur Sonne. Die Strahlen wärmen meine Haut, sie verleihen mir das Gefühl, neue Kraft zu tanken.


Ein leises Geräusch, kaum lauter als das Fallen eines getrockneten Blattes, zieht meine Aufmerksamkeit auf sich. Es ist ein Piepsen oder Quieken, so genau kann ich es nicht zuordnen. Es klingt nach einem kleinen Wesen in Not. Ich sehe mich um, doch außer fallenden Blättern kann ich nichts sehen. Mit leisen Schritten bewege ich mich voran. Ich bin mir nicht sicher, ob ich in die richtige Richtung gehe, also bleibe ich stehen und lausche erneut. Als das Geräusch ein weiteres Mal erklingt, drehe ich mich um und verfolge es. Vorsichtig schreite ich durch die Blätter, um nicht zu viel Lärm zu machen. Hinter einem Baum entdecke ich dann das hilflose Wesen. In einem umgefallenen Baumstamm steckt ein kleiner Pilzling fest. Das verängstigte Wesen wackelt mit seinem blauen Hut, er ist beinahe so dunkel wie mein Haar. Der Pilzling sieht auf. Unter seinem blauen Hut verbirgt sich ein pummeliger, weißer Körper, wie es für diese kleinen Wesen üblich ist. Seine winzigen Ärmchen sind zu kurz, um sich von dem Holz wegzudrücken. Der Pilzling strampelt, um sich zu befreien, dabei ist er jedoch nicht besonders erfolgreich. Ich kichere. Der Anblick ist zu niedlich. Der Pilzling quietscht und streckt seine Ärmchen nach mir aus. Mit einem sanften Lächeln lasse ich mich zu Boden sinken. Ich stelle meinen Korb neben mir ab.

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