Chiaroscuro

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Als Chiaroscuro (ital.: "hell-dunkel") bezeichnet man in der Kunst die Andeutung von Licht und Schatten. Dieses Gestaltungsmittel zeichnet sich durch starke Hell-Dunkel-Kontraste aus und wird dazu verwendet, sowohl die Räumlichkeit als auch den Ausdruck des Werkes zu steigern.


Glücklich wie lange nicht mehr betrat Momoka das Verlagsgebäude. Shuji musste am gestrigen Tag zwar sehr schnell gehen, aber überraschender Weise rief er am Abend noch einmal an und entschuldigte sich ein weiteres Mal dafür, dass er unvorhergesehen zur Arbeit musste. So erzählte das frisch zusammengekommene Paar über Stunden hinweg über die sinnlosesten Dinge. Zumindest würden Außenstehende das so bewerten, Momoka jedoch bedeutete es alles so mit Shuji umgehen zu können. Ein sanftes Lächeln schlich sich auf ihre Züge, allein beim Gedanken an ihn. Die Brünette hatte sich wohl Hals über Kopf in den Brillenträger verliebt und genau das tat ihrer Laune wirklich gut. Auch wenn sie wusste, dass wieder Unmengen an Aufgaben in ihrem Büro auf sie warten würden, machte die Aussicht darauf, ihrem Freund zu sehen das Ganze doch um einiges erträglicher.Fröhlich betrat die Künstlerin das Gebäude und begrüßte jeden, der ihr begegnete, mit einem herzerwärmenden Gesichtsausdruck. Ihr waren ausnahmsweise sogar die skeptischen Blicke egal, die ihr zugeworfen wurden. Nein, diese Miesepeter würden ihr ganz sicher nicht den Tag versauen. Beschwingt betrat sie den Fahrstuhl, der die Brünette in kürzester Zeit in ihre Etage brachte. Auch ihre Kollegen aus der Kinder- und Jugendbuchabteilung begrüßte sie ungewohnt herausgekehrt, was sowohl Taro als auch Rika, dazu brachte, ihrer Freundin unauffällig in ihr Büro zu folgen.Als Taro diese fröhliche Version seiner Kollegin erblickte, wusste der Schwarzhaarige sofort, dass hier etwas im Busch war. Schon nach dem letzten Wochenende benahm sich Momoka wie ausgewechselt. Ihr Verhalten heute übertraf das der vergangenen Woche noch bei weitem. Nur zu gern würde er herausfinden, was das bei ihr auslöste. Kurz schielte er zu Rika, die genau, wie er der Kreativmitarbeiterin nachsah. Also kam es nicht nur ihm so vor. Eilig huschte er zu seiner blonden Kollegin und flüsterte ihr leise zu: „Was meinst du, sollen wir jetzt herausfinden, woran ihre gute Laune liegt, oder sollen wir ihr noch eine Schonfrist geben?" Der verschlafene Blick Rikas musterte Taro kurz und sie zuckte kurz mit den Schultern: „Nachdem, was wir letzte Woche beobachtet haben, kann es nur an einer Sache liegen. Also ist es eigentlich egal."Verwundert zogen sich seine dunkeln Augenbrauen zusammen. Zum einen wusste er nicht auf was Rika hinaus wollte, zum anderen, wirkte sie ungewöhnlich niedergeschlagen. Nun galt es also für ihn abzuwägen. Sollte er erst bei Rika oder Momoka horchen? Wenn er jetzt so recht darüber nachdachte, würde der Lektor bei der Marketingmitarbeiterin wohl auf Granit stoßen. Der Schwarzhaarige nahm also Rikas Hand und lächelte sie an: „Dann komm, wir gehen mal fragen, was unser kleines Mauerblümchen so zum Strahlen bringt."Voller Elan und Wissensdurst ging er mit Rika im Schlepptau zum abgesonderten Büro Momokas. Ohne anzuklopfen, riss er die Tür auf und grinste die kleine Brünette, die sich erschrocken zu ihnen umdrehte, an und schloss sogleich die Tür hinter sich und Rika. Mit schief gelegtem Kopf näherte er sich der Kleineren und ließ sich auf den Stuhl neben sie fallen. Schwerfällig tat es ihm Rika gleich, sagte im Gegensatz zu ihrem Kollegen aber nichts. „Momo, du siehst zu frisch und ausgeruht aus. Woran mag das wohl liegen?" Mal sehen, wie weit er mit etwas Dumm stellen bei der Brünetten kam. Diese sah ihn kurz abschätzend an und gab ihm dann eine kurze und knappe Antwort: „Ich hatte ein schönes Wochenende. Mehr nicht. Es liegt vielleicht daran, dass ich mich mal richtig ausgeschlafen habe."Das klang zwar plausibel, aber reichte dem Anzugträger bei weitem nicht. Er wollte jedes noch so kleine Detail von der schüchternen Frau hören. Gerade setzte er an noch weiter nachzufragen, als ihm Rika zuvor kam: „Dein Date am Wochenende lief also gut. Das freut mich." Das Lächeln, das Taro im Gesicht der Blondine erkennen konnte, wirkte zwar gezwungen, dennoch aufrichtig. Aber das war nicht das, was ihn gerade wie ein Schlag traf. Eher, dass er nicht wusste, dass ihre kleine Momoka ein Date hatte. Die Momoka, die so lange sie in diesem Verlag arbeitete, keine Treffen mit Männern hatte, zumindest keine, die man so sehr bemerkt hätte, wie dieses.„Was?", entkam es Taro lauter als eigentlich beabsichtigt, „Warum weiß ich nichts von so einem geschichtsträchtigen Ereignis? Das muss ich doch als dein Lieblingskollege als Erstes erfahren!" Der schwarzhaarige Mann empörte sich zügellos und sah dabei dann noch zu Rika: „Und überhaupt, warum weißt du davon und ich nicht! Das ist noch viel schlimmer!"Natürlich überforderte Momoka die Situation leicht. Was konnte sie schon dafür, wenn Rika im Gegensatz zu Taro weit weniger aufdringlich war und sie sich bei der Blondine sicher sein konnte, dass diese auch nicht alles sofort an die große Glocke hing. „Taro, beruhige dich doch. Es ist doch nicht so gemeint, aber Rika und ich haben uns eben über unsere Pläne für das Wochenende unterhalten. Mehr ist da nicht. Es lag nie in meiner Absicht, dich auszuschließen", zum Ende hin wurde der Ton ihrer Stimme immer versöhnlicher. Jedoch schien das ihren Kollegen nicht zu kümmern, denn dieser sah nur beleidigt, mit verschränkten Armen zur Seite. „Ich bin enttäuscht von euch beiden. Jetzt fangt ihr an mich auszuschließen", auch wenn Momoka schon öfter gesehen hatte, wie der Schwarzhaarige übertrieb, war es ihr aber bei jedem Mal trotzdem unangenehm.„Tu nicht so theatralisch. Du weißt jetzt, was Phase ist! Außerdem solltest du dich vielleicht etwas mehr um dein eigenes verkümmertes Singleleben scheren, als Momoka immer in den Ohren zu liegen!", schrie Rika halb. Die Brünette neben ihr zuckte erschrocken zusammen. Dass die Marketingmitarbeiterin etwas rauer mit dem Lektor umging, das war nichts Neues, aber das hier überstieg alles bis jetzt dagewesene. Auch Taro schien wirklich überrascht zu sein und sah die Blondine mit geweiteten Augen an: „Sag mal, was ist mit dir los. Übertreib du mal nicht. Das ist ja nicht mehr normal."Nun war es auch an Rika erschrocken zu sein. Sie schlug die Hände vor ihren Mund und sah sowohl Momoka als auch Taro entschuldigend entgegen. Hinter ihren Händen murmelte sie kaum verständlich eine Entschuldigung und sprang gerade zu auf und verließ das kleine Büro. Ein jeweils braunes und schwarzes Augenpaar hingen an der geschlossenen Tür, nachdem die Blondine verschwunden war. „Was ist denn bei der los? Die ist ja vollkommen von Sinnen", entkam es Taro. Auch Momoka wusste nicht so recht, was sie vom Verhalten ihrer Kollegin halten sollte. Es war äußert ungewöhnlich, einen solchen Ausbruch bei ihr zu sehen. „Vielleicht ist bei ihr in den letzten Tagen etwas passiert, das ihr sehr zu schaffen macht. Sie hat die ganze Zeit schon zu bedrückt geschaut", gab die Künstlerin zu denken. Sie unterhielt sich zwar viel mit Rika, aber alles wusste auch sie nicht. Taro nickte verstehend und stand seinerseits auf: „Ich werde wohl mal nach ihr sehen müssen. Du hast recht, da muss irgendwas im Busch sein, ansonsten wäre sie ja nicht so." Bestätigend nickt Momo und wartete, bis Taro den Raum verlassen hatte. Gedankenverloren ließ sie sich auf ihrem Stuhl zurückfallen. Hoffentlich war Rika nur schlecht gelaunt und es handelte sich nicht um etwas Schlimmeres. Es würde ihr wirklich leidtun, wenn etwas im Privatleben ihrer guten Kollegin schlecht lief. Vielleicht würde ja Taro später noch einmal zu ihr kommen und ihr erzählen, was genau mit der Marketingmitarbeiterin nicht stimmte.Seufzend sah die Brünette auf die rechte untere Ecke ihres Bildschirms und weitete kurz die Augen. Es war tatsächlich schon nach neun Uhr. Sie musste sich ranhalten, damit sie, bevor Shuji hier aufschlug, noch etwas geschafft hatte. Die Künstlerin hatte nämlich die üble Vorahnung, dass sie mehr Zeit verquatschen würden als sonst. Sie machte sich also daran, die restlichen Illustrationen für das Märchenbuch zu beginnen und schon ein grobes Layout anzulegen.Momoka wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, aber sie war wirklich ein gutes Stück weiter gekommen. An der genauen Farbgebung musste sie vielleicht noch arbeiten, aber das würde sicher kein Problem werden. Mit einem Gerüst, an dem sie sich entlang hangeln konnte, fiel ihr die Arbeit wirklich viel leichter. Gerade wollte sich die Illustratorin an die nächste Skizze machen, da klopfte es hinter ihr an der Tür. Ein freudiges Lächeln schlich sich auf ihr Gesicht. Das war sicher Shuji mit dem Kaffee, den er ihr seit einer Woche jeden Tag mitbrachte. Sie sprang halb von ihrem Stuhl auf und öffnete die Tür voller Elan. „Shuji! Da bist du ja!", kam es fröhlich von der Kleinen. Jedoch passte hier etwas nicht, denn die Person vor ihr, war viel kleiner als ihr Freund.„Shuji also, sollte es für sie nicht eigentlich Herr Hanma heißen?", fragte der ihr Unbekannte. Erschrocken weiteten sich Momokas Augen und vor ihr stand allen Ernstes der Schwarzhaarige, der auch an dem Tag hier war, als Shuji sie auf der Toilette überrascht hatte. Schnell verbeugte sich die Brünette vor dem Mann und trat einen Schritt zur Seite. „Es tut mir wirklich leid. Herr Hanma bestand darauf, dass ich ihn mit seinem Vornamen anspreche. Aber wenn ich damit eine Grenze überschreite, dann werde ich das in Zukunft natürlich sofort ändern", sprach Momoka immer noch mit gesenktem Haupt. Der Mann trat an ihr vorbei in den Raum und schien sich umzusehen. Genau konnte es die Künstlerin aber nicht sagen, denn ihr Blick war immer auf den Boden gerichtet.„Mach die Tür zu. Ich habe mit dir, wie auch mit den anderen Mitarbeitern einiges zu besprechen", Ungeduld lag in der Stimme des Manns und Momoka tat sofort wie ihr geheißen. Als sie die Tür dann geschlossen hatte, stand die junge Frau unschlüssig mitten im Raum. Sie wusste wirklich nicht, was sie von der Situation halten sollte. Ihr war klar, dass es sich bei dem Mann um einen von Shujis Kollegen handeln musste. Aber was er genau für eine Position hatte, das entzog sich ihr vollkommen. Genau wie ihrem Freund sah man ihm absolut nicht an, dass er eine hohe Position im Unternehmen innehatte, so nahm sie es zumindest an.„Setzt dich hin und steh nicht so doof in der Gegend herum, sonst bist du die Erste auf meiner Abschussliste", der harsche Ton in seiner Stimme ließ die Künstlerin sofort sichtbar zusammenzucken. Hölzern setzte sie sich auf ihren Stuhl und wartete ab, was der Typ als Nächstes wollen könnte. Auf jeden Fall musste sie sich zusammenreißen. Wenn er wirklich vorhatte, Mitarbeiter zu entlassen, dürfte sie nicht weiter in irgendwelche Fettnäpfchen treten. Weiterhin blickte die Brünette nach unten und wartete, bis sie wieder angesprochen wurde: „Wie ich sehe, sind sie ein Teil des kreativen Teams hier. Woran arbeiten sie?" Die Art und Weise, wie er mit ihr sprach, veränderte sich vollkommen. Er klang um einiges ruhiger und geschäftlicher. Vielleicht hatte sie sich noch nicht ganz ins Aus geschossen.Kurz räusperte sie sich und begann ihm dann zu erklären, dass sie an einem Märchenbuch für Kinder im Vorschulalter und für Kinder, die gerade begannen zu lesen, arbeitete. Genaustens ging die Illustratorin darauf ein, warum sie die Figuren so gestaltet hatte und gerade diese Farbpalette wählte. Die ganze Zeit hörte ihr der Mann stumm zu und nickte an der ein oder anderen Stelle verstehend. Immer mal wieder schrieb er etwas in ein kleines Büchlein. Was genau, konnte die junge Frau aber nicht sagen.„Mehr gibt es nicht dazu zu sagen. Haben Sie noch weitere Fragen Herr-", kurz stockte sie. Da hatte Momoka allen Ernstes vergessen ihn zu fragen, wie sie ihn ansprechen sollte. Für den Bruchteil einer Sekunde suchte sie die Kleidung des Mannes nach einem Besucherausweis ab, jedoch trug er keinen, zumindest nicht für die Künstlerin sichtbar. Jetzt hatte sie sich doch noch einen Fehltritt erlaubt.„Kokonoi und nein, zu ihrer Arbeit habe ich keine weiteren Fragen mehr. Viel mehr interessiert mich etwas ganz anderes", Herr Kokonoi lehnte sich lässig in seinem Stuhl zurück und legte einen Arm über die Lehne. Die schwarzen Augen von Hanmas Kollegen sahen sie kurz abwartend an, bevor er seine Aussage fortsetzte, „Was genau ist da zwischen ihnen und Hanma, Frau Genda?" Die Frage traf Momoka wie ein Schlag. Was sollte sie nun darauf antworten? Die Brünette hatte es schon viel zu offensichtlich gemacht, dass das Verhältnis zwischen ihr und Shuji nicht mehr rein geschäftlich war. Verunsichert sah sie sich im Raum um. Ihr musste jetzt unbedingt etwas einfallen, ansonsten, wäre sie wohl vollkommen aufgeschmissen.„Mir ist sein Privatleben eigentlich vollkommen egal. Sollten sie für ihn die Beine breit machen, könnte es mich nicht weniger interessieren. Solange sie weiterhin konstante Leistung bringen und damit Geld in das Unternehmen spülen, haben sie nichts zu befürchten", der Schwarzhaarige, hatte nicht einmal ansatzweise Scham solche Sachen überhaupt auszusprechen. Momoka hingegen schoss sofort die Röte ins Gesicht. Wie kann er sie einfach darauf ansprechen? War das denn nicht eigentlich unprofessionell? Unter keinen Umständen wollte sie auf eine solche Frage antworten, jedoch brannte der Blick Kokonois sich so sehr in ihre Haut, dass ihr gar nichts anderes übrig blieb. Wenigstens wage, sollte sie Informationen geben.„Ich weiß zwar nicht, auf was sie hinaus möchten, jedoch kann ich ihnen sagen, dass unser Verhältnis sich keines Wegs auf die Qualität und die Quantität meiner Arbeit auswirkt", kam es sachlich von Momo. Niemals würde sie auf diese Spekulation eingehen. Auf ihre Aussage hin stand Herr Kokonoi auf und grinste sie an: „Mehr muss ich nicht hören. Ach, und ja", er kramte kurz in der Tasche seines Sakkos und legte ihr eine Visitenkarte hin. „Sollten sie mal mit ihrem Talent wirklich Geld verdienen wollen, dann melden sie sich bei meinem Kollegen und viel Spaß noch mit Hanma", eienen Moment unterbrach er sich und fügte seiner Aussage noch hinzu, "Ihr Shuji wird hier nicht mehr auftauchen. Inupi wird seine Aufgaben wieder übernehmen", damit verschwand der Schwarzhaarige aus ihrem Büro und ließ sie allein.Erleichtert ließ sie sich auf ihrem Stuhl zurücksinken. Das Gewicht, das gerade noch auf ihren Schultern gelastet hatte, war vollkommen von ihr abgefallen. Die Brünette musste wohl einen guten Eindruck gemacht haben. Wieso hätte sie wohl sonst eine Visitenkarte erhalten sollen? Ihr Blick glitt zu dem kleinen weißen Stück Pappe. „Hakkai Shiba?", las sie den Namen darauf laut vor. Irgendwas sagte ihr dieser Name. Genau zuordnen konnte sie ihn im ernsten Moment nicht. Jedoch fiel es ihr ziemlich schnell ein, woher sie diese Person kennen musste. Das war doch der Gönner ihres ehemaligen Studienkollegen. Schnell steckte sie das Kärtchen in ihre Tasche. Die Künstlerin würde sich zwar niemals dort melden. Aber wegwerfen wäre ihr einfach zu unhöflich. Außerdem konnte man nie wissen, ob sich doch noch einmal die Gelegenheit bieten würde einen solchen Kontakt zu erhalten. Erst jetzt realisierte sie, dass Shuji hier nicht mehr auftauchen würde. Ein trauriger Ausdruck legte sich auf ihr Gesicht. Die Brünette hatte wirklich gehofft, dass sie wenigstens sie letzten zwei Wochen etwas von ihrem Freund haben würde.~Hanmas Laune am Morgen konnte der von Momoka tatsächlich Konkurrenz machen. Auch wenn er früher als sonst aufstehen musste. Um sechs Uhr war einfach nicht seine Zeit. Sie war es auch noch nie gewesen. Aber was tat ein Mann nicht alles, um später bei seinem Mädchen sein zu können. Da stand eben selbst Shuji mal wirklich pünktlich auf. Trotzdem sah der Mann keinen Sinn darin, schneller durch die Gänge des Gebäudes zu gehen. Kisaki konnte ruhig noch etwas warten, was fiel ihm gestern auch ein ihm so auf die Nerven zu gehen. Der konnte sich glücklich schätzen, dass er Kaya erreicht hatte. Wie sehr die Frau gegen die Aufgabe war, die er ihr auftragen sollte, würde er dem anderen Brillenträger jetzt brühwarm gegen seine aufgeblasene Birne knallen.An dem Zielbüro angekommen trat er einfach ohne zu klopfen ein und ließ sich wie immer auf den Stuhl gegenüber seines Freundes nieder. Im Gegensatz zu sonst zündete er sich aber sofort eine Zigarette an und pustete den Rauch in die Luft.„Nach dem Drama, was du gestern abgezogen hast. Kannst du echt froh sein, dass ich so früh hier hergekommen bin", meckerte Shuji los und erntete einen mahnenden Blick seines Gegenübers. Dieser legte den Stift zur Seite, mit dem er bis eben noch etwas aufgeschrieben hatte und faltete seine Hände vor dem Gesicht, um sich so unauffällig die Nase etwas zuzuhalten. Auch wenn die meisten Mitglieder der Gang rauchten, war es Kisaki schon immer heilig, dass es in seinem Büro rauchfrei blieb. Tja, wer aber Shuji Hanma nervte, der musste wohl mit den Konsequenzen leben. „Mach die Kippe aus! Du weißt, dass ich das nicht will!", stellte der Blonde ruhig klar. Shuji jedoch grinste nur und nahm noch einen tieferen Zug. Danach blies er den Rauch direkt in die Richtung seines Kollegen und lehnte sich dann zurück. „Jetzt ist aber normal die Zeit für meine Morgenzigarette", mehr sagte er nicht und inhalierte gleich noch etwas vom stickenden Rauch. „Mich interessiert es recht wenig, wann und wie du rauchst. Also, was hast du mit Kaya erreicht? Wird sie Kazutora für uns beschatten?", kam Kisaki endlich zum Punkt. Das Einzige, was Shuji auf diese Frage hin tat, war mit den Schultern zu zucken. „Keine Ahnung, die hat gestern am Telefon eh nichts gecheckt. Muss sich wohl wieder besoffen haben", die Stimme des Schwarzblonden klang relativ gleichgültig. Er war es eben auch nicht anders von Kaya gewohnt. Nach den Ereignissen von vor zwölf Jahren ging es mit ihr stetig bergab. Es kam nicht nur einmal vor, dass Shuji sie stockbesoffen in der Wohnung vorfand, die er ihr vor einigen Jahren besorgt hatte. Davon wusste aber Kisaki nichts, denn der würde die Frau sonst wohl selbst schon dort belästigt haben.„Nicht dein Ernst? Dann soll sie gefälligst nüchtern werden und machen, was man ihr sagt", sichtlich genervt davon, knallte Kisaki die Faust auf den Tisch. Das alles beeindruckte Hanma aber nicht ein Stück. Er drückte seine Zigarette nur auf der kleinen Untertasse vor seinem Gegenüber aus. „Ich kann nichts dafür, wenn ich ihr auf den Sack gehe, dann ist sie wieder ewig verschwunden, also halt den Ball flach, sie wird es schon machen. Aber da wir, das jetzt geklärt haben, muss ich jetzt los, ich habe noch Dinge, die im Verlag erledigt werden müssen", sagte Shuji und wollte gerade aufstehen, als Kisaki ihn, mit dem, was er sagte, innehalten ließ. „Musst du nicht: Koko hat Inui wieder dafür eingesetzt. Du kannst dich also wieder voll und ganz deinen Aufgaben hier widmen", sagte ihm sein Kumpel lächelnd und fügte dann noch an, „Ich mein da war es sicher schon nach einer Woche langweilig für dich." Skeptisch zog der Raucher eine Augenbraue hoch. Irgendwas war hier faul. Kokonoi würde das doch nicht freiwillig machen. Den Verlag hatte Hanma nicht vor die Wand gefahren, also konnte es wohl kaum im Interesse des Geldverwalters liegen, ihn vom Objekt abzuziehen. „Hat er das? Echt komisch. Sollte er mir das dann nicht persönlich sagen und nicht du?". Der Kleinere verschränkte die Arme vor der Brust und sah Hanma ernst an: „Als wäre dir das so wichtig, dorthin zu gehen. Du bist einfach einen Haufen Arbeit los geworden." Shuji wollte immer noch nicht so recht glauben, dass Kokonoi aus Eigeninitiative gehandelt hatte. Es passte einfach nicht zu dem ehemaligen Black Dragon. Vor allem, weil Hanma ihm eigentlich genau recht kam. „Und du hast da nicht deine Finger im Spiel? Warum solltest du sonst wissen, wieso Kokonoi mich absägt?" Der Schwarzblonde zündete sich eine weitere Kippe an. Anders würde er wohl nicht mehr lange ruhig bleiben können. Dass Kisaki intrigant war, das wusste Shuji nur zu genau, aber gegen ihn selbst hatte sich das noch nie gerichtet. „Ich habe Kokonoi nur in Kenntnis gesetzt, dass ich dich für Interna mehr brauche, als er dich auf seinen diversen Spielwiesen", wurde dem Größeren sachlich erklärt. Natürlich für die Interna. Der verarschte sich doch selbst. „Laber keinen Scheiß, du brauchst mich sonst auch nicht. Aber jetzt auf einmal oder was? Ich kann das auch alles nebenbei machen. Dir passt es doch nur nicht, dass ich nicht ans Handy gegangen bin. Kann es sein, dass du eifersüchtig bist?", in der Stimme des Zweimeter Mannes lag Wut. Wut auf seinen jahrelangen Freund, der ihm scheinbar nicht mal etwas Privatleben gönnte. In nächster Zeit konnte ihn Kisaki erstmal gernhaben. Jetzt würde er erst recht nicht mehr erreichbar sein, sobald er das Gebäude hier verließ. Zumindest nicht für seinen Kumpel.Kisaki schnaufte nur kurz und schüttelte den Kopf: „Du scheinst dich wohl in was hineinzusteigern. Ich bin alles, nur nicht eifersüchtig. Du bist doch der, der sich auf Ausstellungen rumtreibt und seine Aufgaben hier vernachlässigt." Daher wehte also der Wind. Hatte Shiba wohl den Mund nicht halten können. Oder? Nein, eigentlich war er niemand, der so etwas an die große Glocke hing. Er hatte wohl übersehen, dass er beschattet worden war. Das konnte in nächster Zeit also wirklich lästig werden. Aber er würde schon damit klarkommen. „Und woher weißt du das? Welcher deiner kleinen Spitzel hat es dir verraten? War es Iroh? Oder vielleicht doch jemand auf der Veranstaltung?", langsam reichte es ihm, er musste hier unbedingt raus, sonst würde es Kisakis Hackfresse wohl nicht überleben. „Du hast es mir zwar selbst gesagt, aber das scheinst du ja über dein kleines Flittchen vergessen zu haben", nun kam der wahre Grund des komischen Verhaltens seines Freundes zum Vorschein. Unendliche Wut stieg im Schwarzblonden auf. Wie konnte es ein kleiner Wicht wie Kisaki wagen, seine Momoka als Flittchen zu bezeichnen? „Nenn sie noch einmal Flittchen und ich pollier dir die Fresse! Es geht dich einen Scheiß an, was ich wann mit ihr mache. Ich gehe jetzt die Sache mit Kaya klären. Und ich hoffe für dich, dass du mich heute nicht noch einmal anrufen wirst." Mit diesen Worten stand Shuji auf und verließ einfach ohne jegliche Verabschiedung den Raum. Kisaki konnte ihn mal kreuzweise. Nur weil er zurückgewiesen wurde, musste er nicht den eifersüchtigen Hammel heraushängen lassen.~Momoka hatte den ganzen Tag Hoffnung, dass Shuji vielleicht wenigstens zum Mittag hier auftauchen würde. Als diese Hoffnung dann leider zunichte war, hatte sie beschlossen sich mal wieder Taro und Rika anzuschließen. Da erfuhr die Künstlerin dann auch, was mit der Marketingmitarbeiterin nicht stimmte. Ihr Freund hatte am Wochenende überraschend Schluss gemacht. Dieser unmögliche Kerl hatte von jetzt auf gleich seine Sachen gepackt und war auf und davon. Kein Wunder, dass es der Blondine so nahe ging, als Momoka von ihrem Wochenende erzählte und wie gut es doch mit Shuji lief. Naja dachte sie zumindest. Denn zusätzlich meldete er sich den ganzen Tag nicht bei ihr. Auch wenn sie durch Herr Kokonoi wusste, dass ihr Freund andere Angelegenheiten zu klären hatte. Trotzdem machte sie sich Gedanken, weil er nicht ein einziges Lebenszeichen von sich gab, aber wahrscheinlich machte sie sich wieder unnötig Gedanken, denn sicherlich würde er spätestens heute Abend anrufen. Oder sie rief einfach an. Ihre Gedanken für sich selbst bestätigend nickte sie und packte ihre Sachen zusammen. Der Blick auf die Uhr an der Wand verriet ihr, dass es bereits halb acht war. Zeit, endlich nach Hause zu gehen. Sie schaltete also den PC aus und verließ ihr Büro, wie sie es heute Morgen vorgefunden hatte. Mit dem Fahrstuhl ging es dann für sie bis ins Erdgeschoss und sie verabschiedete sich von der Empfangsdame, nur um dann auf den bereits von Straßenlaternen beleuchteten Fußweg zu treten. Ohne sich weiter umzusehen, ging Momoka zielgerichtet in die Richtung der nächsten Bahnstation, als sie ungewöhnlich schnelle Schritte hörte, die auf sie zu kamen. Die Künstlerin ging etwas schneller, aber sie wurde bald eingeholt.„Willst du jetzt vor mir weglaufen oder was?", die Stimme kam von hinten und war ihr nur alt zu bekannt. Ein Stein fiel der Brünetten vom Herzen. Sie wurde nicht von einem Verrückten verfolgt. Ihr Freund war ihr einfach nur nachgegangen. „Shuji, du hast mich erschreckt", sagte sie kurz und umarmte den Mann dann. „Wenn du dich nicht umschaust, dann kann ich nichts dafür. Ich stehe hier schon seit über einer Stunde und warte auf dich", die braunen Augen der Kleinen weiteten sich. Warum tat er denn sowas? „Du hättest doch einfach Bescheid sagen können", sagte sie und kuschelte sich etwas an ihn, „Ich habe dich nämlich vermisst heute." Amüsiert lachte der Mann und legte selbst seine Arme um die Kleinere. „Gib es zu, du hast deine Zuckerbombe am morgen vermisst", unterstellte er ihr spielerisch und strich Momoka durch die langen Haare. Schmunzelnd sah sie zu ihrem Freund hoch und ging auf seine Aussage ein: „Na gut, ich habe auch den Kaffee vermisst, aber hauptsächlich dich!" Shuji brachte auf diese Aussage hin etwas Abstand zwischen sich und die Kleinere, um ihr einen kurzen Kuss aufzudrücken und dann ihre Hand zu nehmen. „Dann hoffe ich, dass es dich nicht stört, wenn ich mich heute Nacht bei dir einniste."

Sketches (Hanma x Oc) (Tokyo Revengers)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt