3.2 Der zweite Monat

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Elyon war nicht mehr im Bett, als Finan am nächsten Morgen aufwachte. Er nahm sich die Zeit, sich in Ruhe zu waschen und fand sie später in der Küche. Sie starrte mit gefurchten Augenbrauen auf eine dampfende Schale, die vor ihr auf dem Tisch stand. Dem Geruch nach zu urteilen, handelte es sich um Haferbrei.

»Guten Morgen, Vera«, sagte Finan zu dem Mädchen, das vor dem Herd stand und mit fünf großen kupferfarbenen große Töpfe hantierte. Das brodelnde Essen verströmte einen süßlich-sauren Geruch.

Vera drehte sich kurz um und strahlte ihn mit ihren blauen Augen an. »Guten Morgen! Du hast gerade die ganze Bande verpasst, sie sind bereits losgezogen, um sich um die Tiere und die Gewächshäuser zu kümmern.«

Finan hatte keinen blassen Schimmer, wer mit der Bande gemeint oder was ein Gewächshaus war, und es war ihm egal, denn Finan hatte immer noch nicht die Müdigkeit vom Vortag abgeschüttelt. Er setzte sich Elyon gegenüber hin und verkniff sich ein amüsiertes Grinsen, da sie den Brei immer noch finster anstarrte.

»Wir haben noch trockenes Fleisch übrig, du kannst mir deinen Brei geben und ich esse ihn auf«, sagte Finan in der Kaisersprache.
Elyon schob ihm schweigend die Schüssel hin.

Vera drehte sich gerade zu ihnen um, als Finan die Schüssel an sich nahm und sie begutachtete. Er konnte nicht anders, als das glatte weiße Material zu bewundern, aus dem sie gemacht war und die filigranen roten und gelben Blüten, die an vier Stellen wie ein Kompass gemalt worden waren.

»Oh, will Elyon nichts frühstücken?«, fragte sie besorgt.
»Nein, sie ist ... nun ... sie hat ganz bestimmte Essgewohnheiten. Ich gebe ihr später etwas.«
Vera legte den Kopf beiseite und beobachtete Elyon fragend, doch am Ende sagte das blonde Mädchen nichts, sondern wandte sich Finan zu.

»Was kann ich dir sonst bringen? Möchtest du etwas eingelegtes Obst zu deinem Brei haben? Eine Tasse Kräutertee oder Kaffee?«
»Ich nehme gerne etwas Tee.« Janne hatte ihnen in der letzten Stadt, die sie besucht hatten, eine Tasse Kaffee gekauft. Finan mochte den Geruch, doch der Trunk schmeckte leider nicht, wie er roch. Elyon hatte einmal daran gerochen und hatte sich angewidert abgewandt. Sie war sehr stur, wenn es um Essen geht, aber nur, wenn es auch Auswahl gab. Draußen in der Wildnis legte sie ihre seltsamen Vorlieben ab und aß protestlos das, was man ihr gab.

Als Finan gerade sein Frühstück beendete, ging die Tür auf die nur wenige Schritte von dem Herd entfernt war und ein kalter Windzug blies durch den Raum. Normalerweise hasste Finan jegliche Kälte, die seine Wärme unterbrach, doch die Luft war so stickig und warm in der Küche, dass der frische Luftzug eine angenehme Abwechslung war. Janne klopfte sich den Schnee von den Stiefeln ab und trat in die Küche ein.

»Woah, hier ist es angenehm warm. Guten Morgen, allerseits, seid ihr bereit für euer Treffen mit den obersten Wächtern?«Finan bemerkte, wie Vera leise seine Begrüßung erwiderte und ihre Wangen sich rot färbten. Doch Janne schenkte ihr im Gegenzug kaum Beachtung. Finan stand auf und brachte seine Schüssel und Tasse zur Spüle. Er war kein Freund von Liebestuereien, da er selbst kein Interesse hatte, jemals mit irgendjemanden so eine Beziehung einzugehen.

»Wir sind gleich so weit. Ich muss Elyon nur beim Anziehen helfen.«Finan dachte leicht verbittert an die schäbige Kleidung, die er anhatte. Zumindest war sie sehr schäbig, verglichen mit den feinen Jacken und Mäntel, welche er an Janne und die anderen Wächter gesehen hatte. Sie sahen fast samtig aus und die Farben leuchteten fast in dem unendlich weißen Hintergrund, wenn sie draußen unterwegs waren.

Finan schüttelte die Gedanken ab und half Elyon mit ihren Jacken und Stiefeln, ehe er sich selbst gegen die Kälte wappnete. Als sie mit Janne hinaus in den Hof traten, wartete Jesko bereits auf sie. Sobald sie in Sicht kamen, tapste sein Ziehonkel mit tänzelnden Schritten auf sie zu und holte sich von Elyon Liebkosungen ab.

Elyons Erwachen | Band 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt