47 LIZ ‖ Mädchengespräch

1.3K 125 83
                                    

Sie albern im Wasser herum wie die kleinen Kinder, sind geradezu unerträglich süß zusammen. Ich drehe mich auf meinem Liegestuhl auf den Bauch und lege den Kopf auf meinen verschränkten Armen ab, um das Elend nicht länger mitansehen zu müssen.

Ich freue mich für Pat und meinen Bruder. Das tue ich wirklich. Aber ständig deren pures, ungetrübtes Glück vor Augen zu haben, während ich selbst immer tiefer im Gefühlschaos versinke wie im Treibsand, ohne Aussicht darauf, es aus eigener Kraft wieder auf sicheren Grund zu schaffen, ist wirklich hart.

Blinzelnd öffne ich meine geschlossenen Augen, als ich spüre, wie sich ein Schatten auf mich legt. Pat setzt sich zu mir auf den Liegestuhl. Der Kontakt mit ihrem kühlen, nassen, von Wassertropfen übersäten Körper erzeugt eine Gänsehaut auf meinem Rücken.

„Hey", höre ich sie leise sagen, während sie mit ihrer kalten Hand meinen Arm berührt, woraufhin mich ein Frösteln überläuft. „Alles okay?"

„Mhmmm", brumme ich vor mich hin, während ich die Lider wieder sinken lasse.

„Das glaub' ich dir aber nicht."

Okay, diese Antwort ist neu. Sie hat mich in den letzten Tagen schon mehrmals gefragt, wie es mir geht, sich aber jedes Mal sofort mit einem knappen „Gut" als Antwort zufriedengegeben.

Wir haben nicht mehr richtig miteinander geredet, seit sie mit meinem Bruder zusammen ist, also seit dem Tag, an dem ich das Gespräch der beiden Mädchen auf der Toilette mit angehört habe. Pat und Jo verbringen sowohl die Schulpausen als auch ihre gesamte Freizeit zu zweit und ich habe das Gefühl, dass die beiden nur noch Augen füreinander haben. Ich kann sie verstehen. Trotzdem tut es weh, dass die letzten beiden Menschen, die mir noch geblieben sind und denen ich uneingeschränkt vertraue, überhaupt keine Zeit mehr für mich haben.

Zu Hause ziehe ich mich die meiste Zeit in mein Zimmer zurück, weil ich ihnen nicht auf die Nerven gehen und das fünfte Rad am Wagen sein möchte. Ich versuche mich abzulenken, mit ohrenbetäubender Musik, mit Gesang, der wohl mehr lautem Geschrei ähnelt, oder indem ich meine Gibson quäle, bis sie kreischt. Manchmal sogar durch lernen. 

Hauptsache, meine Gedanken driften nicht zu dem Kerl ab, in den ich rettungslos verliebt bin und bei dem ich mir nicht mehr sicher bin, ob ich ihm irgendetwas glauben kann. Verrückt, wenn man bedenkt, wie scharf er auf Ehrlichkeit und Wahrheit zu sein scheint. Aber vielleicht ist das auch nur gelogen. 

Auf das ätzend stechende Gefühl, das sich jedes Mal in meiner Brust aufbaut, sobald er vor meinem inneren Auge auftaucht, kann ich auf jeden Fall sehr gut verzichten.

„Liz? Willst du mir nicht sagen, was los ist?"

Diesmal ist Pat anscheinend hartnäckiger. Ich seufze, drehe mich um und lege meinen Arm über die Augen, um sie vor der Sonne zu schützen.

„Es ist wegen Luke, oder? Weil Jo nicht will, dass du ihm die Wahrheit sagst", bohrt sie weiter.

„Hat er dir das erzählt? Dass er Luke nicht vertraut?"

„Ja."

Ich schlucke. Meine Kehle ist plötzlich trocken und meine Stimme nur ein heiseres Krächzen, als ich sage: „Vielleicht hat er ja recht damit."

„Was meinst du? Wieso denkst du das?" Die Brauen über ihren karamellbraunen Augen zucken überrascht nach oben, dann legt sie ihren Kopf leicht schief.

Sie sieht wunderhübsch aus. Es ist nicht nur, weil ihr der dunkelblaue Bikini zu ihrer hellen Haut und ihren goldblonden, langen Haaren, die ihr noch feucht über die Schultern fallen und aus denen kalte Tropfen auf meine erhitzte Haut treffen, verdammt gut steht. Es ist vor allem, weil sie von innen heraus strahlt. Die rosa schimmernden Wangen und das glückliche Funkeln in den Augen machen ihre Erscheinung beinahe unwiderstehlich. Ich kann verstehen, dass mein Bruder sich Hals über Kopf in meine bezaubernde Freundin verliebt hat.

Rock me, Baby! ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt