Kapitel 8:

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Am nächsten Morgen ging ich als erstes in die Ställe.
Kaum jemand war wach und ich hatte auch wenig lust, dass mich jemand aufhielt.
Auch wenn Marise mich wahrscheinlich köpfen wird wenn ich nicht zum Frühstück kam, mir war es aktuell egal.
Sobald ich im Stall ankam begrüßten mich das Schnauben und Scharren der Pferde, woraufhin ich augenblicklich ruhiger wurde und schnurstrags auf Mariscal's Box zuging.
Seine Box war relativ weit hinten, da er auf sogut wie alles und jeden agressiv reagierte und gerne auch mal austritt oder sogar beißte.
Ich öffnete seine Box und trat rein, sofort kam er zu mir und scannte mich von oben bis unten und schnupperte mich ab.
"Sorry Kumpel, ich hab nichts für dich."
Daraufhin schnaubte er und ich strich Ihm über den Rücken.
"Aber ich hab eh was viel besseres für dich." Sagte ich und grinste.
Innerhalb von wenigen Minuten war er geputzt und wir gingen aus dem Stall.
Ich hatte auf den Sattel und das Zaumzeug verzichtet, da Mariscal auch so auf mich hörte.
So machten wir uns also auf den Weg zum Eingangstor von Sandringham, wodurch wir nach draußen gelangten.
Mariscal blieb währenddessen brav neben mir und nur ab und zu ließ er sich entweder etwas zurückfallen oder trabte ein wenig vor. Aber er blieb immer in meiner Nähe und sollte er doch mal zu weit entfernt sein pfiff ich leise, woraufhin er sich sofort wieder mir zuwand und zu mir kam oder stehenblieb und auf mich wartete.
Als wir am Tor ankamen öffnete ich es, sodass wir hindurch konnten und verschloss es sofort wieder hinter uns.
Einmal rund um die Mauer führte ein Sandweg entlang, der an verschiedenen Stellen abzweigte und in die Stadt, den Wald, die Felder oder zum Strand führte.
Für heute hatte ich mir die Felder als Ziel ausgesucht, da es dort nichts ungewöhnliches ist einem Reiter zu begegnen und ich hatte gerade echt keine Lust darauf irgendwem zu begegnen, der lauter komischer Sachen fragte. Außerdem war es dort relativ unwahrscheinlich, dass ich Robert traf, da er sehr wahrscheinlich über den Hauptweg der Stadt zum Gestüt kam.
Sobald wir auf den Reitweg kamen, zog ich mich auf Mariscal und genoss das Gefühl wieder auf Ihm zu sein, einige Zeit.
Kaum jemand auf Sandringham ritt ohne irgendetwas und schon gar nicht auf Mariscal, genau genommen ritt eigentlich niemand außer mir auf Ihm.
Ich riss mich aus meinen Gedanken und atmete einmal tief ein.
Mariscal ging sofort in den Schritt, er war von Anfang an auf meine Atmung fixiert.
Man hatte Ihm früh beigebracht nicht auf Zeichen mit Zügeln zu achten sondern eher auf das Gewicht und vorallem die Atmung von dem Reiter.
Alle 35 Pferde auf Sandringham waren so trainiert worden, damit es nicht zu unnötigen Machtübernahmen zwischen Pferd und Reiter kam.
Es dauerte nicht lange, bis ich mich wieder an Ihn gewöhnt hatte und er in einen leichten Trab überging.
Ich hielt mich nur locker in seiner Mähne fest und sah mich in meiner Umgebung um. Während ich weg war hatte sich vieles verändert.
Einige Bäume um Sandringham waren gefällt worden und neue gepflanzt, der Sandweg wurde etwas breiter gemacht außerdem wurde der Sand ausgewechselt.
Als wir ein paar Minuten so den Weg entlang geritten sind, beugte ich mich zu Mariscal vor und strich Ihm über die Seite an seinem Kopf.
"Na Großer, willst du mal wieder galloppieren?"
Augenblicklich riss er den Kopf nach oben und sprang nach vorne.
Im nächsten Moment rasten wir auch schon über den Sandweg.
Der aufgewühlte Sand unter seinen Hufen flog in alle Richtungen und sobald wir an der Abzweigung angekommen waren die zu den Feldern führte, bog er hinein, so als wusste er genau wohin ich wollte.
Die Felder waren gerade erst frisch gemäht und mit leichtem Druck meiner Oberschenkel, lenkte ich Ihn auf eines.
Ich ließ seine Mähne los und breitete meine Arme links und rechts von mir aus.
Ich fühlte mich einfach frei und für einen kurzen Moment vergaß ich was zuhause los war und weshalb ich von dort weggegangen bin.
Jetzt war nichts anderes außer Mariscal und ich auf diesem Feld in meinen Gedanken.
Plötzlich hörte ich ein eindringliches Hupen und zuckte zusammen. Beinahe wäre ich heruntergefallen und konnte mich gerade noch so in der Mähne von Mariscal festkrallen, bevor ich gänzlich runterfiel.
Mariscal, der merkte was los war, wurde langsamer bis er schließlich ganz stehenblieb.
Ich setzte mich wieder richtig auf Ihn und wirbelte mit dem Oberkörper herum, um zu sehen wer so bekloppt war und in der Gegenwart eines Pferdes einfach auf die Hupe drückte.
Augenblicklich erstarrte ich, als ich erkannte, dass es einer der SUV's meiner Eltern war.
Ich musste nicht einmal reinschauen im zu wissen wer drin saß. Auch wenn es mir nichts genützt hätte, da er abgetönte Scheiben hatte, durch die man nicht mal dann etwas erkannte wenn man sich die Nase an Ihnen platt drückte.
Die Fahrertür öffnete sich mit einem Klicken und mit einem dumpfen Geräusch fiel sie wieder zu.
"Was machst du hier draußen ganz alleine?" Fragte mich ein Mann ungläubig.
Ich hingegen lächelte Ihn nur ironisch an.
"Es ist auch schön dich zu sehen, Robert!"
Robert winkte ab und trat auf mich zu. Woraufhin Mariscal den Kopf Zurückriss und unruhig auf der Stelle tänzelte.
Robert blieb wie angewurzelt stehen und musterte Ihn misstrauisch. Er mochte noch nie besonders Pferde und erst Recht nicht Mariscal.
"Also, kommst du jetzt wieder mit mir zurück?" Fragte er mich und nickte in Richtung Sandringham.
"Meinetwegen. Aber ich reite auf Mariscal." Sagte ich schlicht und wendete Ihn.
Robert seufzte, ließ es aber bleiben weiter mit mir zu diskutieren und stieg wieder ins Auto.

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