»Und wie läuft alles?« , fragte Mara, als sie Isabelle, wie so oft ein Wasser mit Früchten - dieses Mal waren es nur rote - hinstellte.
»Nicht gut. Ich schlafe kaum.«
»Wenn du willst, können wir da auch mit Medikamenten aushelfen. Ich bin zwar kein Fan davon, aber du musst deinem Körper auch Ruhe gönnen. Und da ist Schlaf sehr wichtig.«
Isabelle zuckte mit den Schultern. »Es ist schwerer für mich, einzuschlafen, seit ich ... seit ich sie gesehen habe.«
»Das verstehe ich.« , meinte Mara. »Du hast ihn blockiert?«
»Ja. Ich wusste nicht, wie ich sonst diesen Abstand zu ihm schaffe.«
»Nein, das ist gut. Ihr habt ein Kind zusammen. Für Notfälle kannst du ihn immer noch kontaktieren, das ist wichtig. Aber mehr auch nicht. Du solltest nicht sein Leben verfolgen.«
»Ich weiß. Ich will das auch nicht. Ich will nichts mehr sehen, oder wissen.«
»Deine Haare hast du ... wegen ihr verändert?!«
Isabelle nickte. »Sie ist mir auf irgendeine Art und Weise ... ähnlich. Ich wollte mich davon distanzieren. Anders sein.«
»Nicht das sein, was ihm gefällt?!«
Sie nickte abermals. »Ja. Das auch irgendwie.« , sprach sie ein wenig unentschlossen. »Ist das falsch?«
Mara schüttelte den Kopf. »Nein. Es ist normal. Weißt du wie viele Frauen sich die Haare zum Beispiel komplett abschneiden, nur weil der Ex immer lange Haare bevorzugt hat?! Es ist ein Prozess, den du nun durchläufst. Du musst zu dir finden. Da gehört es auch dazu, herumzuexperimentieren.«
»Er hat sie mitgebracht. Zu dem Ort, an dem wir uns kennengelernt haben.« , sprach Isabelle kaum vernehmlich.
»Meinst du, da steckt mehr dahinter?«
»Wie meinst du das?«
»Das alles immer noch mit dir zusammenhängt?!«
Isabelle schüttelte den Kopf. »Nein. Ich denke eher, er will mir zeigen, dass er mit uns abgeschlossen hat. Das ich in seinem Leben ... belanglos geworden bin.«
»Nein, das denke ich weniger. Und das sage ich, ohne ihn zu kennen. Ihr habt eine lange Zeit miteinander verbracht. Es hängt ein ganzes Leben daran. Ein gemeinsames Zuhause, Kinder und so weiter.«
»Aber wir haben kein gemeinsames Leben mehr.« , sagte sie. »Ich hab' gestern alle Bilder, die uns zeigten von den Wänden genommen ... doch ich wusste danach nicht wohin damit.«
»Okay. Ich verstehe im Ansatz, wieso. Impulsiv neigen wir dazu, alle Sachen vom Ex in Windeseile zu entsorgen oder wegzupacken. Das bringt leider gar nichts, Isabelle!« Mara setzte sich in einen Schneidersitz. »Mit solchen Aktionen laufen wir der eigentlichen Situation nur davon. Es ist besser, Erinnerungsstücke vor Augen zu haben, um sich bewusst mit der veränderten Lebenslage auseinandersetzen zu können.«
»Du meinst, ich hätte es noch so belassen sollen?«
»Ja. Aber es macht jetzt auch wenig Sinn, alles wieder aufzuhängen.« , sagte Mara mit einem leichten Lächeln. »Du musst die Jahre mit Dag nicht aus deinem Gedächtnis streichen, um einen Neuanfang nur für dich zu starten. Sie sind schließlich ein großer und wichtiger Teil deines Lebens.«
»Aber es tut weh. Es schmerzt, zu wissen, dass sie nun der wichtige Teil seines Lebens geworden ist.« Sie zog die Lippen ein, um das ankommende Weinen zu unterdrücken. Innerlich zählte sie bis zehn. Dann sprach sie weiter. »Ich trage die Verantwortung. Es ist meine Schuld, dass wir Rio verloren haben. Und es ist meine Schuld, dass ich meinen Mann verloren habe.«
»Nein Isabelle. Wir reisen jetzt nicht zurück. Die Vergangenheit liegt hinter dir. Nicht vor dir.« , ermahnte Mara sie. »Das mit eurem Sohn war ein Unfall. Soll ich dir etwas sagen?! Mein Vater hat mich, als ich siebzehn war, von einer Party abgeholt. Eigentlich wollte ich da gar nicht hin, aber mein damaliger Schwarm war auch da ... also ... bin ich doch los. Man könnte sagen, dass es mein Verschulden war, das mein Vater deshalb am nächsten Morgen verschlafen hat und das er deswegen eventuell schneller fuhr, als es erlaubt war. Der LKW-Fahrer im Gegenverkehr jedoch kam von einer langen Schicht und schlief ein. Mein Vater konnte nicht mehr ausweichen und ...« Sie stoppte kurz ab. »Er war auf der Stelle tot.«
»Das ... das tut mir leid.«
»Das Schicksal kann beschissen sein und meint es oft nicht gut mit uns, aber ... niemand trägt Schuld daran.«
»Wenn ich ...«
»Nein.« , unterbrach Mara sie und legte dabei tröstend die Hand auf deren Oberschenkel ab. »Keiner kann das Schicksal lenken. Der Mensch plant etwas, das Schicksal macht es anders.«
Isabelle blieb erst eine längere Zeit still, als müsste sie das, was Mara gesagt hatte, zunächst einmal verinnerlichen. »Es war aber meine Schuld, die meinen Mann in die Arme einer anderen Frau getrieben hat.« , sprach sie dann fast flüsternd.
»Das weißt du nicht.«
»Doch. Wenn ich nicht so getan hätte, als wäre alles in Ordnung. Wenn ich nicht meine Probleme verdrängt hätte, aus Angst, das Leute mit dem Finger auf mich zeigen, dann ... ich habe ihn von mir weggeschubst, Mara. Immer mehr ... bis sie da war und sie ihn ... ich ... ich ... er wollte, das ich ihm vergebe. Er meinte, das wir das hinbekommen. Das wir eine Paar-Therapie machen sollen. Selbst da hat er noch versucht, und daran festgehalten das wir das schaffen können. Er hat mich da noch geliebt. Ich hätte es da noch mit ihm hinbekommen können. Aber ich ... ich war ...«
»Du warst verletzt Isabelle. Und du bist es auch jetzt noch. Du verstehst vielleicht ein wenig seine Beweggründe, trotz allem elidiert das nicht deinen Schmerz.«
»Ich habe alles kaputt gemacht. Nicht er.«
»Isabelle wir ... lass uns die Vergangenheit jetzt erst einmal abhaken. Das bringt uns momentan nicht weiter.«
~ nichts bringt mich weiter. Ich stecke fest. ~
Isabelle nickte, konnte aber nicht aufhören, darüber nachzudenken, was sie alles falsch gemacht hat, um Dag zu verlieren.
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Reißen wir uns gegenseitig raus, oder reiten wir uns rein (Band 3)
FanfictionBAND 3 »Ich will keinen Streit mit dir. Ich will das wir uns beide wie erwachsene Menschen verhalten und ...« »Ich verhalte mich erwachsen oder siehst du, das ich gerade kindisch bin?« , sprach Carla. »Ich weiß, das zwischen uns mehr ist und ich geb...