Teil 46

468 21 0
                                    

Ich war tot. Dessen war ich mir sicher. Dennoch spürte ich plötzlich wieder Kraft in mir, eine Wärme durchflutete mich, die ich zuvor noch nie gespürt hatte. Meine Füße berührten den Grund des Meeres  und mich durchzuckte ein Bild. Es war als würde ich das Meer plötzlich anders wahrnehmen. Es war, als würde ich es kennen. Ich wusste wo das Meer auf den Strand aufschlug, ich sah die Wellen und spürte die Bewegungen des Wassers. Es war plötzlich, als wäre ich ein Teil von ihm. Meine Lungen schrien nicht mehr nach Luft und auch sonst schien es mir besser als zuvor zu gehen. Ich stieß mich vom Grund ab und schwamm an die Oberfläche. Es dauerte seine Zeit, aber ich verspürte plötzlich keine Eile mehr. Ich durchbrach die Oberfläche des Wassers und atmete die frische Luft. Ich erschrak. Die Sonne bin schon auf. 'Wie lange war ich Unterwasser ?' Bevor ich mich selbst dieser Frage hingab schwamm ich zu einigen Felsen. Ich zog mich mit etwas Mühe auf sie und war das erste Mal seit vermutlich Stunden wieder aus dem Wasser raus. Ich berührte die Felsen und auch dieses Mal kam mir sofort ein Bild vor Augen. Ich spürte die Präsenz des Berges. Wusste wie die Klippen verliefen. Für den kurzen Moment in dem ich den Fels berührt hatte fühlte es sich an, als wäre ich ein Teil von ihm. Ich konnte die neu gewonnenen Eindrücke nicht verarbeiten. Mein Gehirn schien sich zu weigern. Auch stellte ich plötzlich fest, dass mir trotz meiner nassen Kleidung nicht kalt war. Ich spürte zwar die Kälte, aber fror nicht. Mir schoss ein Gedanke in den Kopf. Waren das meine Wolfsgene ? Hatten sie mich vor dem sicheren Tod gerettet? Da gab es nur ein Problem. Soweit ich wusste sorgte das Gen zwar für schnelles Heilen und schützte vor dem Tod, aber Menschen vom Tod zurückholen, das vermochte auch das Wolfsgen nicht. Und wenn ich mir bei einer Sache sicher war, dann war es, dass ich gestorben war. Ich war hier am Grund des Meeres gestorben. Aber dennoch lebte ich. Ich saß noch eine Zeit lang einfach so regungslos da und beobachtete den Sonnenaufgang. Dann entschied ich mich, ans Ufer zu klettern. Ein schmaler Weg führte zur Straße hinauf. Jedoch wusste ich nicht, wie ich Nachhaus kommen sollte, ohne ein Auto. Da ich mir nicht anders zu helfen wusste, ging ich einfach in Richtung Forks los. Meine Augen sahen die durchbrochene Leitplanke und wieder rief ich mir in Erinnerung, dass ich gestorben war. 

Nach einer gewissen Zeit passierten mich wieder Autos. Keines hielt allerdings an. Ich konnte es ihnen nicht verübeln, da ich vermutlich einen gruseligen verwahrlosten Anblick dabot. Irgendwann hielt aber doch ein Wagen. Zu meiner Überraschung war es Seths Mutter. "Du bist doch Nina oder?" Fragte sie mich verwirrt. Ich nickte. "Kaum steig ein. Ich fahr dich." Ich nickte wieder. "Danke." Ich erschrak. Meine Stimme klang reiner, sauberer. Nicht mehr so menschlich. "Was machst du denn hier und warum bist du nass? Warst du etwa schwimmen?" Sie sah mich entgeistert an. Sie würde mir nicht glauben, auch wenn ich ihr die Wahrheit sagte. "Ich hatte einen Unfall. Und dann hat es geregnet. Ich wusste nicht wie ich da wegkomme, deshalb bin ich zu Fuß losgelaufen." Sie sah mich erschrocken an. "Geht es dir gut? Hast du dich verletzt?" Sie musterte mich eindringlich. "Um Himmels Willen ist das Blut auf deinem Oberteil?" Ihre Stimme ging eine Oktave höher. "Keine Sorge Sue. Mir gehts gut. Kannst du mich nachhause fahren?" Sie schüttelte vehement den Kopf. Nichts da, ich bringe dich erstmal zu Emily. Die hat bestimmt trockene Kleidung und erstmal einen warmen Tee. Ich widersprach nicht. Mir war es tatsächlich Recht. Hauptsache ich stand nicht mehr allein auf der Straße herum. Immer wieder versuchte mir Sue Details zu entlocken, aber ich antwortete kaum. Ich fragte mich immer noch, warum ich Stunden Unterwasser war und dennoch lebte.

Als wir bei Emily ankamen erzählte Sue ihr aufgeregt aber leise was geschehen war. Sie murmelte noch etwas von "Schock" und Emily nickte besorgt. "Komm erstmal rein Nina. Ich geb dir trockene Kleidung und eine Decke!" Ich nickte und betrat das Rudelhaus. Sofort lagen einige Augen auf mir. Sam sprang tatsächlich auf. "Ist das Blut? Bist du verletzt?" Fragte er sofort und musterte mich. Ich schüttelte nur den Kopf. "Mir gehts gut." "Seth hol ihr eine Decke." Auch Seth sprang sofort auf und lief los. Ich musste tatsächlich besorgniserregend aussehen. Emily zog Sam zur Seite und erzählte ihm kurz was geschehen war. Nebenbei machte sie einen Tee. "Komm wir holen dir neue Kleidung." Sagte sie, nachdem sie das Wasser zum Kochen angestellt hatte. Ich lief ihr nach und bekam einen Pullover in die Hand gedrückt. Dann gab sie mir eine weite Jogginghose. "Hier, die müsste passen." Ich nickte. "Danke Emily." Als ich mich im Bad umzog konnte ich das aufgebrachte Gespräch der Männer wahrnehmen. "Wir sollten sie ins Krankenhaus bringen, sie steht bestimmt unter Schock!" Emily widersprach Seth. "Nein wir sollten sie jetzt nicht aus dem bekannten Umfeld reißen. Sam. Ruf Dr. Cullen an. Bitte ihn herzukommen. Er wird nicht nein sagen, wenn er hört um wen es geht." Sam schien wütend zu sein. "Auf keinen Fall!" Emily schnaubte! "Sam Uley! Du rufst jetzt sofort den Doctor an! Hast du das verstanden?!" Ich musste schmunzeln. Dennoch trat ich umgezogen aus dem Bad heraus, ich wollte nicht noch weiter lauschen. "Setz dich, ich bring dir deinen Tee." Sagte Emily wieder lieb zu mir und ich tat wie mir geheißen. Ich sah wie Seth zum Telefonieren rausging. Vermutlich sollte er Carlisle anrufen. Es war ein kurzes Telefonat und als Seth wieder reinkam nickte er Sam kurz zu. Ich bekam viele kleine Details plötzlich mit. Mir ging es nicht schlecht. Im Gegenteil, ich hatte das Gefühl ich nehme übermäßig viel wahr. Und das irritierte mich.

Nach einer Weile hörte ich wie ein Wagen vorfuhr. Carlisle stieg aus und betrat das Rudelhaus. Er war allein gekommen. Was klug war, angesichts der ohnehin angespannten Situation. Er hatte einen kleinen Lederkoffer dabei. Emily schickte alle anderen aus dem Haus und auch sie verließ dann, auf strengen Blick von Sam hin, das Haus. "Nina wir haben uns Sorgen gemacht um dich. Was ist passiert?" Irritiert sah ich ihn an. "Warum habt ihr euch Sorgen gemacht?" Carlisle runzelte die Stirn. Er musste sehen dass ich etwas zerstreut und abgelenkt war. "Nach deinem Telefonat mit Emmett haben wir uns Sorgen gemacht. Wir haben dich nicht mehr erreicht und Mike sagte, du wärst nachhause gefahren. Emmett hat dich gesucht, aber du warst nicht da." Ich nickte und verarbeitete die Infos. "Was ist mit diesem Tracker?" Fragte ich plötzlich, einer Eingebung folgend. Carlisle mustere mich noch immer. "Er verfolgte Bella bis Phoenix und hat sie angegriffen. Wir hatten keine andere Wahl." "Er ist tot?" Carlisle nickte. "Und bella?" Fragte ich. "Es geht ihr den Umständen entsprechend gut. Sie liegt im Krankenhaus, aber sie wird wieder gesund." "Im Krankenhaus?" Carlisle nickte und versuchte mich mit einer Berührung an meinem Arm wieder zum eigentlichen Punkt zu bringen. "Was ist passiert Nina?" Ich dachte kurz nach wie ich es ihm schildern sollte. "Ich hatte einen Autounfall. Aber ich bin unverletzt." Sagte ich direkt beschwichtigend. Carlisle begutachtete meinen Kopf. "Darf ich?" Ich nickte und er tastete meinen Kopf ab. "Bist du sicher dass du keine äußeren Verletzungen hast?" Ich dachte nach. "An meinem Top war Blut. Aber ich bin nicht verletzt. Es war ganz merkwürdig Carlisle." Er bedachte mich eines aufmerksamen Blickes. "Was war denn merkwürdig?" Ich dachte an den Moment als ich Unterwasser aufgewacht war. "Carlisle ich glaube ich war tot." Er zog überrascht die Augenbrauen hoch. Fing sich aber schnell wieder. 'Ich glaube er hält mich für verrückt wenn ich ihm das erzähle.' "Warum denkst du das Nina?" Ich schüttelte den Kopf. "Ist nicht wichtig. Mir  geht es gut Carlisle, tut mir Leid dass ich dich herbemüht habe." Er ließ mich nicht aus den Augen als ich aufstand, um meinen Tee in die Küche zu bringen. Er schien nachzudenken. "Willst du mich begleiten. Esme macht sich große Sorgen. Ich denke sie wäre beruhigter wenn sie sich selbst davon überzeugen könnte, dass es dir gut geht." Ich wusste dass er mich auch gerne im Blick behalten würde, aber hatte dennoch nichts dagegen. "Ich möchte eh nochmal die ganze Geschichte mit dem Tracker hören." Carlisle lächelte mir aufmunternd zu und stand dann auf. Ich zog mir meine nassen Schuhe an und holte meine alte Kleidung aus dem Badezimmer. Carlisle sah überrascht zu meiner nassen Kleidung. "Darf ich?" Er griff nach meinem Oberteil, dass ich bei meinem Tod getragen hatte. Er sah den Blutfleck und musterte abermals meinen Kopf und Hals auf Verletzungen. Er schien nun selbst irritiert. Sagte dann aber "Die lässt du lieber hier." Ich realisierte, dass blutgetränkte Kleidung in einem Haus voller Vampire wohl wirklich keine gute Idee war. "Stimmt." Sagte ich nur schlicht. "Ich komme gleich zum Wagen." Carlisle nickte und ging vor. Ich versuchte im Bad noch schnell das Blut aus dem Top zu waschen und ließ es dann in die Badewanne fallen. Als ich draußen ankam unterhielt sich Carlisle leise mit Sam. "Emily kann ich meine alte Kleidung ein anderes mal abholen?" Sie nickte. "Natürlich, kein Problem." Dann kam sie auf mich zu und umarmte mich. "Bis bald Nina." Ich verabschiedet mich auch von den anderen und versprach ihnen, bald wieder vorbeizukommen.

Carlisles schwarzer Mercedes war angenehm kühl und das Gefühl in einem Auto zu sitzen, ließ mich Bilder aus der letzten Nacht sehen. Ich spürte wie mein Fahrzeug auf dem Wasser aufschlug. Ich sah nochmal wie mein Fahrzeug durch die Leitplanke brach und ich erinnerte mich an die Fahrzeuge, die mich abgedrängt hatten. "Wie ist der Unfall passiert?" Fragte mich Carlisle plötzlich. Ich wusste aber nicht, ob ich ihm wirklich davon erzählen wollte. Ich sah kurz zu ihm und erkannte echte Sorge in seinem Blick. Deshalb rang ich mich dazu durch ihm etwas davon zu erzählen. "Ich wurde abgedrängt, von mehreren Fahrzeugen. Nach dem Rennen. Ich war schon fast wieder in Forks." Überraschung spiegelte sich in seinem Gesicht, aber er verbarg sie schnell wieder. Plötzlich fiel mir wieder ein, dass zusammen mit dem Auto auch mein Preisgeld gesunken war. Ich wollte mich am liebsten selbst dafür verprügeln, dass ich es nicht aus dem Auto gerettet hatte. "Sie waren wohl nicht so gut darauf zu sprechen, dass ich das Rennen gewonnen hatte." Ich schnaubte und ich spürte Wut als ich an dieses feige Verhalten dachte. "Und was ist dann passiert?" "Ich bin ins Wasser gestürzt. Mein Auto durchbrach die Leitplanke und stürzte mit mir ins Wasser." Er sah mich aus großen Augen an und überzeugte sich abermals davon, wie es mir schien, dass ich unverletzt war. "Die Airbags lösten aus und das Auto sank sehr schnell. Ich habe die Scheibe eingeschlagen und mich befreit." Das der letzte Teil anders war verheimlichte ich bewusst. Ich wollte erst selbst herausfinden, was es damit aufsichhatte. "Du scheinst sehr viel Glück gehabt zu haben. Ich bin froh dass dir nichts passiert ist." Sagte Carlisle nach einer Weile und öffnete das Garagentor mit einer Fernbedienung. "Ja Glück..." murmelte ich mehr zu mir selbst und hing wieder meinen Gedanken nach.

Die Deutsche in Forks (Twilight, Jasper Ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt