Nur ein Schritt

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Ich stand vor einem Wolkenkratzer mitten in der New Yorker Innenstadt. Um mich herum hatte sich eine Menschentraube gebildet, die wie ich nach oben in die Richtung des grauen Abendhimmel sahen. Ja, sogar die Menschen in den Nachbarhäusern standen auf den Balkonen und schauten gespannt nach oben. Als würde dort ein Film laufen. Doch statt ein Film stand dort auf dem Dach des Wolkenkratzers meine Mitschülerin Sirina vor dem Abgrund. Sie stand dort und wollte springen, das wussten wir alle. Ich raufte mir die Haare. Mir war es nicht Recht das ich nutzlos am Boden stand und verzweifelt gegen Himmel sah. Mein Kopf fühlte sich an als würde er zerspringen wollen. Die Polizei war schon unterwegs. Doch das würde noch länger dauern ,weil die genug damit zutun hatte die Medien davon abzuhalten mit dem Helikopter zu kommen. Die Erinnerung von der Schule und Sirina überfiel mich wie eine Welle, die mich in die Tiefen ziehen wollte um dort zu ertrinken.

Ich stieg in den Schulbus ein und sah den Gang nach hinten. Mein Blick blieb bei Sirina hängen. Sie hatte wie fast immer ihr Tagebuch auf dem Schoss und kritzelte eifrig hinein. Sie sass fast immer alleine, ganz hinten im Bus , in der hintersten Ecke und wie immer wollte ich mich neben sie setzten und mehr über die schüchterne und leise Person erfahren. Doch wie so oft wurde ich von meiner Freundin mitgezogen und auf unserem Stammplatz gesetzt. Keine Ahnung warum ich mich nicht traute sie anzusprechen. Wahrscheinlich aus dem selben Grund wie alle anderen. Wir hatten Angst davor mehr schlimmes zu erfahren als uns lieb war, denn die blaue Flecken an ihrem Körper sprachen Bände.

Ich blinzelte wild um zurück in die Realität zu kommen. Ich zog mir die Kapuze vom Kopf, ich war eh schon nass, bis auf die Knochen, da war die Kapuze jetzt auch egal, um wieder Gefühl zu erlangen. Mein Körper war wie taub. Als hätte mir jemand eine Betäubung gespritzt. Ich hörte die Menschen um mich herum garnicht mehr. Ich sah nur wie sie gestikulierten, weinten oder sonstige Emotionen zeigten. Aber der Ton war wie ein Rauschen. Ich liess die erneute Erinnerung einfach zu die über mich hereinbrach.

Ich stützte gelangweilt meinen Kopf auf den Händen ab und sah zu Sirina hinüber. Sie schrieb Tagebuch. Innerlich rollte ich mit den Augen. Immer dieses doofe Tagebuch.

Meine Erinnerung wurde schlagartig unterbrochen als mich ein Passant anrempelte. Ich konnte mich gerade so nicht vor dem Fall bewahren. Kaum aufgestanden spürte ich schlagartig wie die Stimmung gekippt war. Reflexartig sah ich nach oben. Sirina beugte sich gefährlich über den Rand. Doch gesprungen war sie noch nicht, obwohl ich es ihr nicht verübelt hätte. Die Geräte die ihre Mutter am Leben hielten sollten in drei Tagen abgestellt werden. Man hatte Sirina die Hoffnungslosigkeit angesehen und wie sie da oben stand war aufgeben ihre Lösung gewesen. Doch war das die richtige Lösung? Die Hoffnung um beide standen ganz schlecht. Ich schloss die Augen, atmete durch und erinnerte mich an den Tag als Sirina und gleichzeitig die ganze Klasse erfahren hatte das ihre Mutter nun im Koma lag.

Sirina knickte unter herzzerreissenden Schluchzen ein. Tränen wie Wasserfälle liefen über ihre Wangen. Unsere Lehrerin kniete sich zu ihr runter.

» Keine Sorge sie wird sicher wieder aufwachen «

, hatte unsere Lehrerin versucht sie zu beruhigen. Doch ohne Erfolg. Die ganze Klasse war still gewesen . So still das man das Schluchzen fast wiederhallen hören konnte . Durch das Schluchzen konnte man die Worte : Hoffnungslos , nie mehr und Vater hören.

Eine Sirene holte mich nach und nach zurück ins Geschehen. Die Polizei, Feuerwehr und Krankenwagen stellten sich auf und das Gleichgewicht zwischen Panik und Anspannung kippte und das Chaos brach endgültig aus. Fernab von all dem Trubel begann an einem Krankenbett der Monitor für den Herzschlag schneller zu piepen. Schwestern und ein Artzt rannten zu dem Bett. Die Frau blinzelte langsam und vorsichtig. Der behandelde Artzt sprach langsam auf sie ein. Die Frau beantwortete die Frage wahrheitsgemäss. Am Schluss hatte sie nur noch eine Frage

» Wo ist meine Tochter ? «

Der Arzt konnte nur mit den Schultern zucken. Was sie dort in diesem Krankenhaus nicht wissen konnten war, dass das die Mutter von Sirina war die immer noch auf dem Wolkenkratzer stand und springen wollte. Ich stand immer noch am Boden, schweigend wie auf Standby, in der Menge. Sirina hob einen Fuss über den Rand und die Menge hielt den Atem an

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