In Jogginghosen und Pennershirt stürzte ich die Treppen unseres Hauses hinunter, als es klingelte. Mit wuscheligem Haar machte ich die Tür auf und blickte schließlich einem skeptisch schauendem William entgegen.
"Hi", gab er einzig trocken von sich.
Jedoch musterte ich ihn einfach nur. Wieso kam man in Jeans und irgendwie total aufgebrezelt wirkend zu einem Nachmittag, an dem man Schulaufgaben erledigen möchte?
Er unterbrach meinen Blick, indem er sich ungeduldig an mir vorbei drängte.
"Nettes Haus", waren seine ersten, bewundernden Worte.
Monoton schloss ich die Tür und drehte mich dann zu ihm um. "Wie du meinst", sagte ich schulterzuckend, "Wollen wir dann anfangen?"
Je eher wir anfingen, desto schneller war ich ihn wieder los. Ich hatte echt keine Lust, meinen Nachmittag mit einem Typen, der so ein Idiot war, zu verbringen. Wie konnte man nur denken, so mit anderen Gefühlen umzugehen, wäre okay?
Schweigend gingen wir die Treppe hinauf und schließlich in mein Zimmer. Zum Glück musste ich mich nicht schämen jemanden in mein Zimmer zu lassen.
"Das war ja klar", meinte er abfällig, woraufhin ich, zugegeben etwas überrascht, aufhorchte. Was war jetzt sein Problem?
"Was meinst du?", fragte ich neugierig, jedoch hatte ich auch ein wenig Angst vor der Antwort. Stand vielleicht doch irgendwo etwas rum, was peinlich war und mir bloß nicht auffiel, weil ich es jeden Tag sah?
"Na, dass du so ein Ordnungsfreak und eben pingelig bist", erklärte er.
Ich stand dazu, ich war sehr ordentlich und empfand das eigentlich auch gar nicht als etwas Schlimmes. Dementsprechend freute ich mich normalerweise sogar, wenn es jemand anderem auffiel, dass aufgeräumt wurde, doch diese Abfälligkeit in seiner Stimme störte mich gewaltig. Allerdings ließ ich mich so schnell nicht von ihm provozieren und ignorierte seinen abfälligen Kommentar.
"Boah, komm, setz dich doch einfach hin", meinte ich gereizt und wedelte mit meinen Händen in Richtung eines Stuhles am Schreibtisch. Ich setzte mich auf den daneben und fuhr den Computer hoch.
Mit dem Blick auf dem Bildschirm fragte ich: "Hast du schon eine Idee, wen wir nehmen wollen?"
"Mozart oder so?", fragte er leicht desinteressiert.
"Einfallsreicher ging's nicht, was?", meinte ich augenrollend, jedoch fiel mir jetzt auch nichts Besseres ein und tippte es schließlich bei Google ein. Wofür sollte ich mir den Kopf zerbrechen, wenn es doch um seine Noten ging? Zunächst ließ ich mir also die Suchergebnisse anzeigen. Jede Menge Bilder zu dem Thema blinkten auf, aber auch zahlreiche, die gar nicht zu dem Thema passten. Geflissentlich ignorierte ich diese, doch plötzlich pfiff William auf. Verdattert blickte ich zu ihm und folgte dann seinem Blick. Das war ja klar. Irgend so ein Pornobild wurde von William freudig begafft.
"Du Perverser", gab ich von mir. "War klar, dass dir sowas gefällt."
Mit seinen Augenbrauen wackelnd drehte er seinen Kopf in meine Richtung. "Natürlich gefällt mir sowas, ich bin ja auch ein Junge", belehrte er mich. "Und die sind ja auch hot. Das find ich eben geil."
"Aber lass mich bloß in Ruhe", warnte ich ihn und wollte gerade einfach weiter scrollen, als er noch etwas hinzufügte: "Ich hätte mich vielleicht deutlicher ausdrücken sollen. Ich meinte, ich stehe nur auf hotte, das bedeutet, du bist gar nicht mein Kaliber."
Meine Kinnlade klappte mir herunter und geschockt sah ich ihn an. Hatte er das gerade wirklich gesagt? Ich meine, nie im Leben hätte ich etwas von diesem Idioten gewollt, doch das, was er gerade eben gesagt hatte, war einfach nur ziemlich hart.
Ich versuchte mich zu beruhigen und gerade in diesem Moment, (ich hätte nicht versprechen können, dass es vielleicht fünf Sekunden später keine Toten gegeben hätte) kam mein Bruder, ohne vorher zu klopfen, in mein Zimmer gestürmt.
"Hast du irgendwas zu Essen gemacht?", fragte er mich hektisch, als sein Blick an William hängen blieb. "Oh - Hi", begrüßte er ihn überrascht.
Ich ignorierte die Blicke der Beiden und antwortete: "Unten müssten noch Nudel stehen, musst du dir warm machen."
Plötzlich piekste mich was an der Schulter. "Du, Amy, ich hab auch Hunger", schmollte William und zeigte auf seinen Bauch.
"Mann William, dann geh halt mit", nörgelte ich.
"'N bisschen netter solltest du aber zu deinen Gästen schon sein", empfahl William mir. "Und wie oft soll ich dir noch sagen, dass ich Will heiße?"
"Ich bin zu jedem nett, der zu mir nett ist", lächelte ich ihn gespielt süß an.
"Lass dich von der nicht ärgern, die ist immer so", grinste mein herzallerliebster Bruder.
William stand auf und ging zu ihm. "Will", reichte er ihm die Hand. Grinsend schlug er ein. "Chris und angeblich der Bruder der blöden Kuh dahinten."
"Chris, reiß dich mal zusammen", motzte ich.
Ihre Mobbingattacken endeten mit einem Klingen irgendeines Telefons. Da William zuerst reagierte, nahm ich zu recht an, dass es sein Handy war.
Genervt ging er ran. "Was?" Was für eine freundliche Begrüßung.
Gebannt beobachteten mein Bruder und ich das Gespräch.
Verwirrt schüttelte er seinen Kopf und zog seine Augenbrauen zusammen. "Was? Und das jetzt?"
Er verdrehte die Augen und gab letztlich widerwillig zurück: "Ja, okay, ich mach's." Sichtlich genervt drückte er seine Anrufer weg. Ein wirklich freundliches Gespräch.
Entschuldigend sah er meinen Bruder an. "Sorry, ich muss los."
"Man sieht sich", gab mein Bruder zurück.
Abfällig ging Williams Blick zu mir. "Bis Morgen."
Ein wenig verwirrt meinte ich aber: "Und was ist nun mit dem Vortrag?"
Er stürzte schon die Treppen hinunter, als er rief: "Müssen wir halt wann anders machen."
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You're my Drug
Romance"Mensch Will, jetzt lass mich doch bitte endlich in Ruhe!", sagte ich unter Tränen und drehte mich weg, um fortzulaufen. Doch Will griff nach meiner Hand und zwang mich so, stehen zu bleiben. "Jetzt lass es mich dir doch erklären!", sagte er verzwe...