»Dag, stell dein verdammtes Handy stumm.« , meckerte Vincent, als sie noch im Tourbus unterwegs waren und Leipzig fast erreicht hatten. »Seit wir losgefahren sind, bimmelt dein Teil ununterbrochen.«
»Sie vermisst mich halt.« , meinte er.
»Die Tour hat noch gar nicht richtig begonnen. Wir waren noch nicht einmal auf der Bühne. Soll das jetzt jeden Tag so weitergehen?«
Dag zuckte mit den Schultern. »Sie kennt es doch nicht.«
»Ja, aber es ist ja auch nicht so, als hätte sie es nicht gewusst.«
»Sie wird sich dran gewöhnen.« , meinte Dag, tippte etwas und steckte sein Handy weg. »Dann wird es auch weniger.«
»Toi. Toi. Toi. Sie sollte sich 'n Hobby zulegen, wenn sie sich schon auf Papas Lorbeeren ausruht.«
Dag warf ihm einen bedeutungsvollen Blick zu, obwohl er sich dasselbe dachte. Denn alles, was sie gerne tat, hatte mit ihm zu tun ... und wenn er, wie es jetzt der Fall war, nicht bei ihr war, fehlte Carla etwas. »Sie wird sich schon beschäftigen können in der Zeit.«
»Dann hoffe ich mal, es wird nicht nur am Handy hängen und dich zutexten sein.« , sagte Vincent und lehnte sich zurück. »Wenn euer Kind da wäre, hätte sie wenigstens mal wichtigere Dinge zu tun.«
Dag biss sich auf die Unterlippe. Er haderte schon ein wenig länger damit, ihm die Wahrheit zu sagen. Erst Recht, weil sich ja nicht mal eine Wölbung bei Carla erkennbar machte und dies irgendwann eh zum Thema werden würde. »Sie ...«
Den weiteren Verlauf verstand Vincent nicht, denn Dag sprach immer leiser, bis fast gar kein Ton mehr aus ihm rauskam. Verwirrt blickte er ihn an, hob seine Hand und schüttelte den Kopf. »Was? Ich hab nix verstanden.«
»Sie ist nicht schwanger.« , gab er nun in einem normalen Ton von sich.
»Ich wusste es.« Vincent sprang auf und zeigte mit dem Zeigefinger auf Dag. »Ich hab's gewusst. Ich meine, ich hab's gehofft ... geahnt. Und jetzt? Ziehst du ins Hotel, oder ...?«
Dag schüttelte den Kopf. »Ich hab das nicht erst jetzt erfahren.«
»Sie hat dich belogen.«
»Und?«
»Du ... ist dir das egal?«
»Jein.«
»Ja oder Nein. Jein gibt es nicht. Egal was Fettes Brot sagt.« Er setzte sich ihm wieder gegenüber hin, nachdem Dag seinen Zeigefinger auf den Mund legte, damit sein bester Freund leiser sein sollte.
Dag atmete tief ein. »Sie hat einen Fehler begangen, okay?!«
»Sie hat dich belogen.« , wiederholte Vincent.
»Ja, aber nur weil sie Angst hatte, mich zu verlieren. Zählt das denn nicht?«
Derangiert mit einem zuckenden Auge blickte sein bester Freund ihn an. »Dag kennst du die Frauen, die Löcher in einem Gummi packen oder das Sperma im Mund behalten, um es sich selbst einzuführen, damit sie schwanger werden und dem Typen ein Kind unterjubeln können, damit er bei ihr bleibt? Im Grunde ist das fast dasselbe. Sie hat versucht, dich mit etwas zu halten.«
»Also erstens bin ich nicht Boris Becker und hab es mit Carla auch nicht in der Besenkammer getrieben und zweitens ist es nicht dasselbe.«
»Du weißt aber, worauf ich hinauswill.«
»Nein. Is' mir jetzt auch egal.« Dag sah kurz aus dem Fenster. »Ich habe mich nicht wegen des Kindes für Carla entschieden.«
»Und doch war es ein Grund für dich mit ihr im Kontakt zu bleiben, wenn du es mal rückblickend betrachtest.«
Dag dachte sofort an den einen Abend, als er Nia aus diesem Club geholt hatte und in seinem alten Heim genächtigt hatte. Diese Was-wäre-wenn-Gedanken. Damals dachte er auch darüber nach, wie alles hätte anders kommen können. Ob Isabelle ihn verziehen hätte, wenn nur der Betrug stattgefunden hätte ... ohne Mitbringsel.
Im Grunde hatte sie ihn doch vorher betrogen?! Möglicherweise nicht sexuell, aber seelisch war sie bereits länger nicht mehr in einem gemeinsamen Leben mit ihm gewesen. »Sie ist längst in einem anderen Leben drin.« , meinte er daraufhin sagen zu müssen.
»Blieb ihr denn eine andere Wahl, als weiterzumachen?« , kam von Vincent.
»Blieb mir eine?« , sagte er, obwohl er jetzt erst merkte, wie blöd es sich anhörte. Als hätte ihn jemand gezwungen, mit Carla zusammen zu sein. Oder aber, dass er einfach eine andere Option gewählt hatte, wenn er schon nicht Isabelle haben konnte. Er hatte es ausgesprochen und nun klebte es ihm Bus, obwohl Vincent erst einmal nichts darauf sagte. Sein Blick verriet aber einiges.
»Seien wir einfach mal ehrlich. Wir sind gerade unter uns. Du hast im Grunde, die einfache Variante gewählt.« , meinte er schließlich. »Es ist wie es ist. Aber du bist glücklich und das ist ... das ist die Hauptsache. Manchmal scheint die Einfache wohl die Richtige zu sein. Keine Ahnung. Aber ... du weißt genau so gut wie ich, dass Isabelle ... ach lassen wir es.« Er beendete von alleine seinen Satz. Vincent wollte ihm nicht wieder ein Gedankenchaos überlassen. Er wusste ja, dass Dag noch immer mit der Trennung zu kämpfen hatte, auch wenn er manchmal anders sprach.
Dag sah aus dem Fenster und klopfte mit dem Zeigefinger rhythmisch gegen die Scheibe. »Carla hat mir angeboten eine Hormonbehandlung zu machen, damit sie ... damit wir ...«
»Du willst ein Kind mit ihr?« , fiel Vincent ihm ins Wort.
Er zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht. Ich will einfach ...«
»Ich hab es dir schon mal gesagt. Du kannst dein Leben nicht nachspielen.«
»Ich spiele nichts nach. Aber ich will ... einfach neu starten.«
»Dag, du musst selbst wissen, was du tust.«
»Ich weiß aber nicht, was ich will.« Nun sah er ihn wieder an und hörte auf, gegen die Scheibe zu klopfen. »Ich wollte noch ein Kind. Das weißt du.«
»Eins mit Isabelle.« , sagte Vincent leise und Dag nickte.
»Ich war gestern am Grab gewesen. Isy war vor mir da. Ich hab sie gesehen und ... ich hab gewartet, bis sie weg war. Sie hat geweint und ... in mir kam der Drang hinzugehen und sie zu umarmen.«
»Aber du hast es nicht getan?«
Dag schüttelte den Kopf. »Ich ... ich wollte nicht, das sie noch mehr weint. Ich wusste nicht, wie sie auf mich reagieren würde.«
»Auch wenn ihr getrennt seid, ist es euer gemeinsames Kind.«
»Ich weiß aber ... ich wollte sie echt gerne umarmen, Vince. Ich wollte den Vanille-Duft und sie spüren und ...« Er atmete tief ein. »Vergiss, was ich gesagt hab'.«
»Sicher?!« Vincent wartete auf eine Reaktion, doch Dag reagierte gar nicht mehr. Er war damit beschäftigt, aus dem Fenster zuschauen, bis sein Handy wieder eine Nachricht von Carla ankündigte.
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Reißen wir uns gegenseitig raus, oder reiten wir uns rein (Band 3)
FanficBAND 3 »Ich will keinen Streit mit dir. Ich will das wir uns beide wie erwachsene Menschen verhalten und ...« »Ich verhalte mich erwachsen oder siehst du, das ich gerade kindisch bin?« , sprach Carla. »Ich weiß, das zwischen uns mehr ist und ich geb...