Prince Charming | minsung

Prince Charming

Unerträglich. Unerträglich heiß.

Anders konnte man das Wetter nicht mehr beschreiben - selbst für Hochsommerverhältnisse.

Schon vor Wochen hatten die Temperaturen die 30°C Marke geknackt und streckten sich stetig weiter nach den 40°C. Die zusätzlich hohe Luftfeuchtigkeit machte alles nur noch schlimmer - ließ die lange Tage noch heißer wirken, als sie ohnehin schon waren.

Die Sachen klebten einem an der Haut, während die Sonne weiterhin unerbährmlich auf die Erde knallte - keine einzige, rettende Wolke in Sicht. Nur die flimmernde Luft, während ab und an ein Hauch von einer Brise den Schweiß auf der Haut kühlte.

Bei solch schwül-heißem Wetter gingen nur diejenigen außer Haus, die es nötig hatten. Sollte man zumindest annehmen. Denn in so einer gigantischen Metropole wie Seoul hieß das, dass die Straßen genauso drängend voll waren wie sonst.

Die Verkehrsmittel platzten aus allen Nähten, während sich die Menschen wie Sardinen in Dosen in sie quetschten - es war gefühlt noch unangenehmer als sonst.

Aber was hatten die Einwohner für eine andere Wahl, als sich jeden Tag aufs Neue in das Gedränge des Großstadtdschungels zu stürzen? Im Endeffekt konnte man schließlich nicht sein Leben freezen um der Hitze zu entfliehen.

Also gingen die Millionen Seouler trotzdem an diesem hitzigen Tagen ihrem Alltag nach.

So auch Han Jisung.

Seine hellbraunen Haare glänzten seidig im grellen Sonnenlicht, während er durch die Mengen sprintete - schon wieder drohend die nächste U-Bahn zu verpassen. Das Skateboard eng an seinen Körper gepresst, während die Kopfhörer um seinen Nacken im Takt mit wippten. Das Basecap an seinem Rucksack baumelnd - nur mit einem Träger über die rechte Schulter geworfen - drohte sich ebenso bei jedem der eilenden Schritte zu lösen.

"Scheiße.", zischte er abgehetzt als er endlich am Bahnsteig ankam. Die zu erwartende Menschenmasse drängte sich bereits in die grade erst eingefahrene Bahn.

Er war in seinem letzten Semester seines Musikstudiums, er konnte nicht auf den letzten Metern verkacken nur weil er seine Vorlesungen nicht rechtzeitig erreichte - was ihm in letzter Zeit schon viel zu häufig passiert war.

Unter vollem Einsatz seiner Ellbogen - ungewollt auch Skateboards - und halbherzig gemurmelten Entschuldigungen, gelang es ihm sich irgendwie ins Innere der vollen U-Bahn zu quetschen. Noch stickigere Luft als Außen empfing ihn, die Klimaanalagen der Bahn spürbar nicht gegen die menschliche Hitze ankommend.

Erleichtert aufseufzend war ihm allerdings die schwere Luft genauso egal, wie das wilde Gedrücke hinter ihm. Denn auch wenn die U-Bahn morgens im 5-minuten Takt fuhr, war das Geschubse groß und der Kampf um einen Platz unvermeidbar - er selbst ein perfektes Beispiel.

"Nicht mehr einsteigen!", wurde vom noch immer überfüllten Bahnstieg laut und leicht verzerrt durch die Lautsprecheranlage verkündet. Die letzten Zusteigenden konnten grade noch so ihren Fuß in den Metallkasten setzen, bevor die Türen sich mit dem vertrauten Zischen leise schlossen.

Die jetzige Bahn war die letzte die ihn halbwegs pünktlich zu seiner Vorlesung bringen konnte. Denn er hatte seine eigentlich geplante verpasst, nachdem er fast vom Skateboard in der Menschenmenge gestürzt war - da ein Mädchen in ihn gerannt war, woraufhin diese auch noch hingefallen war. Aber wenigstens fuhr sie direkt an seinem Uni-Campus vorbei und es waren nur wenige Schritte zu seinem Hörsaal.

Auch jetzt drückten sich ihm wieder unangenehm Knochen Umstehender in seine Haut - vor allem ein Ellenbogen in die Rückseite seiner Rippen, wo nicht der Rucksack hing. Eigens presste sich die Rollen seines Skateboards ebenso gegen seine linke Seite, um nicht die anderen Passagiere unnötig zu stören.