„Ich hasse diesen Job", jammer ich und lasse mich in meinen unbequemen Bürostuhl fallen.
„Ärger mit dem Chef?" Mary, eine Kollegin, kommt mit zwei Tassen Kaffee in der Hand zu mir. Sie stellt die Tasse ab und lächelt mir zu. Ich brumme genervt, greife nach dem Gefäß und trinke einen kräftigen Schluck meines schwarzen Lieblingskaffees. „Bist du sicher, dass ich nicht mit ihm reden soll?"
Ich rolle entnervt meine Augen und sage erneut: „Du bist nicht meine Babysitterin. Ich bin alt genug, um mich um meine Angelegenheiten zu kümmern."
„Aha und wer sagt das?" Ich schnaube deutlich gereizt und sehe auf die Uhr meines grauen Standcomputers. Bald ist der Spuk vorbei und ich fahre wieder nach Hause.
„Ich bin mir sicher, dass ihr euch auf eine Lösung einigen könnt, wenn du es nur versuchen würdest", redet Mary weiterhin auf mich ein, als wir bei meinen alten Suzuki Splash stehen. „Nichts zu sagen damit er selbst darauf kommt, ist keine Lösung."
„Ich finde schon", sage ich abwesend und steige ein, ohne sie zu verabschieden. Empört sieht sie mich mit ihren braunen Augen an. Dennoch gebe ich ihr keine Aufmerksamkeit und starte das Auto. Der Chef steht vor meinen Wagen und scheint nach mir gesucht zu haben.
Ich kurbel das Fenster runter und sehe ihn fragend an. „Aussteigen und ab in mein Büro", sagt er und öffnet die Türe. Perplex lasse ich das Fahrzeug absterben, worauf sie mich alle erschrocken ansehen. Automatisch lasse ich es wiederkommen und drehe die Zündung des Autos aus. „Mitkommen", knurrt mein Chef und stampft zum Aufzug der Tiefgarage des Büros.
Ich schlucke schwer, als im Aufzug peinliche stille entsteht. Mein Herz rast. Was soll ich tun? Was will er? Mich feuern? Verdammt, was mache ich den dann? Mein Atem beruhigt sich nicht.
„Nun", beginnt mein Chef und setzt sich auf seinen viel bequemeren Bürostuhl, als meinen. Er fixiert mich und atmet nochmal durch, bevor er weiterspricht.
Ich muss es sagen. Jetzt oder nie. „Chef? Ich werde für meine Leistungen nicht angemessen genug bezahlt. Ich erledige jede Scheißarbeit und habe mich nie beschwert!"
Er sieht mich verblüfft an. „Was erlauben Sie sich? Es ist Ihr verdammter Job das zu erledigen, was ich Ihnen zuteile!", sagt er empört und steht mit einen Schwung auf. „Gehen Sie mir aus den Augen!"
Ich drehe mich um und wollte aus dem Raum gehen. Mein Körper bleibt plötzlich stehen. „Warte ... was wollten Sie eigentlich von mir?" Er runzelt die Stirn und setzt sich wieder. „Ihre Arbeit ist zuverlässig, dennoch nicht gut genug."
„Deswegen wollten Sie mich feuern, oder wie darf ich das verstehen?", frage ich verwirrt und drehe mich wieder zu ihm.
Mein Chef grinst, was mir einen kalten Schauer über den Rücken jagt. „Keineswegs. Ich wollte Sie befördern. Sie würden 4.500 Euro verdienen, wenn Sie diesen Vertrag unterschreiben." Dabei schiebt er mir ein Stück Papier entgegen, was ich mir direkt anschaue.
„Was?", frage ich, als würde er mir einen der bequemsten Bürostühle bieten. „Aber ich dachte, dass meine Arbeit nicht gut genug sei? Ich verstehe nicht."
Sein Grinsen wird breiter. „Habe ich das gesagt? Wann?"
Er hat es gesagt! Ganz sicher! ... oder? Ich versuche mich an die Worte zu erinnern, aber mein Kopf ist wie eine vertrocknete Wüste, wo kein Schluck Wasser zu sehen ist. „Aber ... ähm ... Sie haben ...", stotter ich und greife nach meinen Händen, um das Zittern zu vertuschen.
„Unterschreiben Sie oder wollen Sie ab dem heutigen Tag arbeitslos sein?"
Für einige Sekunden ist es still. Nur in meinem Kopf herrscht reger Verkehr meiner Gedanken. Was soll ich tun? Ich habe ihn endlich meine Meinung gesagt und trotzdem fühlt es sich falsch an, wenn ich jetzt die Firma verlasse. Ob Mary das gutheißen würde? Wahrscheinlich schon.
Betrübt sehe ich zu ihm auf. Sein Grinsen ist verschwunden. Jegliche Mimik ist weg. Sein starrer Blick fixiert mich und meine Bewegungen, wie eine wilde Raubkatze. „Ich unterschreibe", sage ich und greife nach dem Stift, den er mir direkt anbietet.
„Weise Entscheidung", sagt er. „Sicher denken Sie an Ihre liebsten und Ihr Leben. Ohne Job, kein Leben. So ist das in unserer Gesellschaft."
Ich lese mir den Vertrag nochmal grob durch. Setzte mit meinen Stift an. Kurz verweile ich in dieser unbequemen Position und sehe dann zu meinem älteren Chef auf. 'Hiermit verzichte ich ebenfalls auf jegliche Beförderung für die nächsten 5 Jahre.' 'Die Firma ist dazu verpflichtet mich in den nächsten 10 Jahren zu beschäftigen und kann somit selber nicht kündigen.'
Wie bitte? „Kein Interesse mehr." Darauf lege ich den Stift wieder hin und gehe Richtung Ausgang.
„Warten Sie!"
„Hm? Gibt es noch etwas?"
Sein Gesicht ist leicht errötet durch die steigende Wut, die jeder merken würde. „Sie können nicht kündigen! Was wollen Sie noch?"
Innerlich schmunzel ich. „Nun, wenn Sie mich so fragen ..." Ich setzte mich auf den Stuhl vor seinem großen Schreibtisch aus Schwarzholz. Er sieht mich genervt und zugleich angewidert an. Der Stuhl ist bequemer, als ich dachte, obwohl er schlechter als mein eigener Bürostuhl ist.
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Kurzgeschichte: Überwindung
RandomDer Ich-Erzähler ist unzufrieden mit seinem Job und wird schon seit längerem von seiner Freundin gedrängt. Plötzlich ergreift er seine Chance, die ihm geboten wird.