Mein neuer Anfang

49 - Harry

Natürlich war mir Matts Reaktion eben nicht entgangen. Das breite Grinsen gepaart mit dem schüchternen Erröten seiner Wangen war einfach zu niedlich mit anzusehen. Ich musste selbst schmunzeln bei dem Gedanken, wie stark ich Einfluss auf seine Gefühlswelt hatte. Zugegebenermaßen war mir das mit dem Date nur so rausgerutscht, aber letztendlich stimmte es doch auch irgendwie. Wie hätten wir diese Verabredung sonst nennen sollen? Klassisch Essen gehen und danach ein romantischer Spaziergang, wenn das nicht die Definition schlechthin von Date war, wusste ich es auch nicht. Vielleicht sollte ich vorschlagen danach noch ins Kino zu gehen, dann hätten wir echt alle Klischees bedient.

Außerdem würde es der dritte Tag sein den wir abends miteinander verbrachten, wenn auch nicht immer ausschließlich alleine. Bedeutete das dann aber etwa auch, dass wir ohne Bedenken übereinander herfallen durften? Nicht dass ich jetzt tatsächlich nur darauf aus war, aber wenn wir uns wirklich vollständig aussprachen, was spräche dann dagegen unsere Beziehung zu vertiefen? Und mit vertiefen war stundenlanges auf dem Bett hin und her wälzen, sowie gegenseitiges Gehirn rausvögeln gemeint.

Während ich gedanklich dabei war mir die schönsten Fantasien und Wünsche auszumalen, schritten Matt und ich gemeinsam nebeneinander durch die Flure der großen Anlage. Gerade als wir um die Ecke bogen und in die Caféteria zurückkehren wollten, kamen uns Dominic und Alberto entgegen. Letzterer winkte uns mit ausgestrecktem Arm nach oben zu und rief unsere beiden Namen. Als ob wir ihn nicht auch so bemerkt hätten.

«Hey ihr zwei», begrüßte Alberto uns überschwänglich, was meinen Nebenmann genervt mit den Augen rollen ließ. Amüsiert über diese Geste, lächelte ich Matt nickend zu.

«Wo wart ihr beide denn schon wieder?», fragte Dom uns und blickte abwechselnd zwischen uns hin und her. «Wir haben euch vermisst! Kat wollte schon eine Vermisstenanzeige aufgeben.»

Bei der Vorstellung wie die liebe Kat sich bei der Polizei meldete, um uns tatsächlich als vermisst zu melden, mussten wir alle Vier gleichzeitig lachen. Mit einem Schlag hatte sich eine ausgelassene Stimmung breit gemacht, was mich befreit aufatmen ließ. Doch ehe ich auf Doms Frage antworten konnte, kam mir Matt bedauerlicherweise zuvor. Natürlich schaffte er es auch dieses Mal wieder, uns vor den anderen lächerlich zu machen. Doch ich kam nicht umher mir einzugestehen, dass ich diese naive und beinahe unschuldige Seite an ihm mochte. Sie stand im extremen Kontrast zu der dominanten Strenge, die ich bereits kennenlernen durfte und die ich nicht weniger attraktiv an ihm fand. Vermutlich war es die Abwechslung, die den Reiz ausmachte, nicht zu wissen wie er sich das nächste Mal gegenüber mir verhielt.

«Wir waren auf der Toilette», antwortete mein hübscher Schattenjäger, der augenblicklich erneut etwas Farbe ins Gesicht bekam. Anscheinend war ihm erst in dem Moment, indem er die Worte ausgesprochen hatte, aufgefallen, wie seltsam das schon wieder rüberkam und wie peinliches klang. Oder vielleicht dachte er auch daran, was wir darin getrieben hatten.

«Gemeinsam?», hakte Dom neugierig nach und hatte dabei leicht entsetzt seine Stimme etwas angehoben. Verblüfft blickten uns auf einmal gleich zwei Augenpaare an, was mich nur seufzend die Hände vors Gesicht schlagen ließ.

«Na, das hast du ja super hingekriegt, Matt!», zischte ich gespielt empört in seine Richtung, doch spätestens als ich ihn mich verwirrt anstarren sah, umspielte automatisch ein Lächeln meine Lippen, was ihm verriet, dass ich alles nur nicht sauer auf ihn war.

«Was denn?», blaffte er mich, meine Inszenierung mitspielend, an. Beleidigt hatte er seine Hände zu Fäusten geballt und sie in die Seiten an seiner Hüfte gestemmt. Ich wandte mich ihm nun vollkommen zu und tat es ihm gleich.

«Du weißt schon, dass wir das jetzt nie wieder loswerden? Ich sehe die dummen Kommentare schon im Dauerregen auf uns niederprasseln», seufzte ich theatralisch und ließ den Kopf hängen.