Caspian | 35

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Ich stand unter der Dusche.

Meine Hände stützten mich von den Fliesen ab und ich ließ das heiße Wasser über meinen Körper prasseln, als würde das all das geschehene heute von meinem Körper waschen.

In dem Moment als ich mich von dem Schlag erholt und wieder auf die Beine geschafft hatte war mein einziger Gedanke Stella heil aus der ganzen Situation zu bringen... Ich hatte Schmerzen doch ich funktionierte.

Für sie.

Langsam sickerte die Wahrheit auch in die letzte Pore meines Körpers ;
Ich hatte meinen Vater verraten.
Ich hatte meine Familie verraten.
All das hatte ich getan, um eine Frau - Stella - vor dem zu bewahren, was schon vielen Frauen vor ihr widerfahren war.

Wieso?

Wütend schlug Ich gegen die Fliesen. Ich tat es mehrmals, sooft, bis meine Knöchel schmerzten und der Geruch von Blut in der Luft lag.

/

Als ich wenig später das Badezimmer verließ und meine Haare trocken rubbelte hörte ich etwas. Es klang merkwürdig fremd, doch dann erkannte ich es.

Es war Stella. Und sie weinte. Nicht leise, wie man es vermuten wollte, sondern so laut, daß es das Stockwerk erschütterte. Normalerweise war es nicht meine Art dem ganzen zu lauschen, aber bei ihr tat ich es.
Das Adrenalin war nun endgültig aus ihrem Körper verschwunden und die bittere Gewissheit über ihren Verlust nahm seinen Platz ein. Sie realisierte, was geschehen war.

Ich zog eine schwarze Jogginghose aus dem Schrank und hüllte den unteren Teil meines Körpers darin ein, während ich mir überlegte was ich als nächstes tun sollte.

Stella weinte noch immer und mein erster Instinkt war die Flucht zu ergreifen... Doch dann entschieden meine Beine sich anders. Ich lief geradewegs auf ihre Seite des Zimmer zu. Die Tür zum Badezimmer war nur angelehnt und ich hörte das rauschen des Wassers.
Ich öffnete die Tür etwas mehr und blickte hinein.
Im Dunst der Nebelwand erkannte ich sie schließlich. Sie saß auf dem Boden der Dusche, zusammen gekauert und weinte haltlos.

Etwas in mir regte sich. Ich war nicht gerade dafür bekannt besonders mitfühlend zu sein, doch ich ertrug es nicht sie so zu sehen. Jeder andere in meiner Position hätte womöglich leise die Tür geschlossen und sich verdrückt, ich hingegen konnte das nicht.

Nicht mehr.

Mein nackter Oberkörper nahm die Feuchtigkeit im Raum direkt auf als ich immer weiter vordrang. Kurz bevor ich die gläsernen Türen der Dusche erreichte verlangsamten sich meine Schritte. Ich konnte nicht anders als sie zu betrachten.

Sie rührte sich nicht als ich die Türen langsam öffnete und sie an mich zog. Sie wehrte sich nicht, als ich sie auf meinen Armen nach draußen trug. In diesem Moment zählte nicht das sie nackt war.

Ich verschwand für wenige Augenblicke um das Wasser der Dusche abzustellen und griff nach einem Badetuch. Ich wickelte sie darin ein, begann dann vorsichtig ihr Haar zu trocknen. Sie sagte nichts, doch die tiefen Schluchzer schüttelten sie regelrecht durch.

Wieder funktionierte ich weil ich es musste. Für sie.

/

Sie schlief dicht neben mir.
Ich hatte mir nicht mal die Mühe gemacht den Versuch zu wagen aufzustehen. Ich wollte es nicht. Ich beobachtete die schlafende Gestalt neben mir und war innerlich mit solchem Frieden geflutet, das es mich selbst verwunderte.

Sie lebte, weil ich mein Versprechen gehalten hatte.

Als sie ihre Augen langsam öffnete und mich erblickte breitete sich eine Gänsehaut auf meinem Körper aus. Es fühlte sich an, als würde sie mich jetzt zum ersten mal richtig sehen, weil ich es zuließ.
Endlich fand ich den Mumm etwas zu sagen.

"Es tut mir sehr leid was du heute erleben musstest... Und was mit deinen Eltern geschehen ist. Wirklich.", flüsterte ich und sah ihr dabei genauso tief in die Augen, wie sie mir. Tränen sammelten sich erneut in ihren an, doch das störte niemanden von uns.

Wir waren auf eine seltsame Art miteinander verbunden, die ich noch nicht verstand. Alles was ich wusste war, daß diese Frau - solange ich lebte - sicher war.

Und das ich sie küssen wollte.

Aber ich tat es nicht. Stattdessen stieg ich langsam aus dem Bett, griff nach dem Telefon und begann damit die Karte des Hotels zu studieren. Ich musste mich konzentrieren und ablenken, denn ich wollte sie in ihrer geschwächten Situation nicht ausnutzen - was ganz untypisch für mich war.

Sie bewegte sich, stieg aus dem Bett, aber meine Augen blieben auf der Karte vor mir haften. Zumindest so lange, bis sie das Badetuch auf den Boden sinken ließ.

"Cas."

Ich liebte es, wenn sie mich so nannte. Ich hob meinen Kopf und sah zu ihr herüber. In diesem Moment bewegte sie sich auf mich zu und sah zu mir hoch.
Ihre Fingerspitzen glitten über meine nackte Brust während unsere Augen einander ansahen. Ich war wie gebannt, unfähig etwas zu sagen oder zu tun...

Bis ihre Lippen meine berührten.

Caspian - Son of Devil Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt