Augen auf, Seele frei - meine erste, kurze Liebe (i.B.)

I - Eine unerwartete Begegnung

Lange habe ich auf diesen Moment gewartet. Große Städte, ganzjährliches Sommerwetter und ein funkelnder Ozean, auf dem jeder Sonnenuntergang zum Highlight wird. Kalifornien. Der Staat der Herzen, der Freiheit und der Sonne. Drei Monate werde ich in San Diego verbringen. Nach dem langen Flug kann ich es kaum erwarten meiner Gastfamilie zu begegnen. Das Pärchen welches mich aufnehmen wird, ist noch recht jung, daher gehe ich davon aus, dass ihr angegebener Sohn ebenfalls sehr jung ist.  In ihren Emails wirkten sie ziemlich nett und ich bin ihnen unglaublich dankbar, dass sie mich die paar Monate aufnehmen, aber werden wir miteinander zurrechtkommen?

Mit meinem großen Koffer schreite ich über die Terminals in Richtung Haupteingang, mein Herz scheint zu hyperventilieren.. Doch dann blinkt ein großes Plakat vor mir auf: "Welcome in California, Elena!". Da stehen sie, das müssen sie sein. Sofort werde ich in die Arme geschlossen. Paul und Kathrin reden aufgeregt auf mich ein und ich fühle mich auf Anhieb wohl. Wir laufen zum Auto, staunend betrachte ich die vielen Palmen auf dem Parkplatz und die Skyline in der Ferne.. So habe ich mir das vorgestellt. Mein Reiseherz ist von Vorfreude erfüllt. Vorfreude auf eine hoffentlich unvergessliche Zeit.

Am kleinen aber hübschen Haus angekommen führt mich Kathrin ein Wenig herum. Es ist sehr bunt und freundlich eingerichtet aber ich bin zu müde um Einzelheiten zu erkennen. Erleichtert lasse ich mich auf mein Bett fallen. Kathrin verabschiedet sich vorerst und meint wir können uns morgen weiter unterhalten. Ich ziehe mir nur schnell eine Jogginghose über und schon falle ich vor Erschöpfung in einen tiefen, festen Schlaf.

*

Am nächsten Morgen habe ich als erstes das dringende Bedürfniss zur Toilette zu gehen. Ich brauche eine Zeit lang um mich zu orientieren. Okay. Ich bin in Kalifornien, das ist kein Traum und ich weiß nicht wo das Klo ist. Mist. Leise schleiche ich aus dem Zimmer und wähle per Zufallsprinzip eine Tür am Ende des Flurs aus. Leise drücke ich die Klinke herunter, ich weiß ja nicht wie spät es ist und will keinen wecken.. Nein das ist nicht das Bad. Neugierig wie ich nunmal bin schaue ich mich kurz in dem Raum um. Es ist ein geräumiges Zimmer, edel (wie fast alles in diesem Haus) in den Farben blau und braun gehalten. Vermutlich gehört es zu einer männlichen Person, aber ich will nicht länger herumschnüffeln und schließe schnell die Tür. Zum Glück ist nur noch eine weitere Tür auf diesem Flur. Das muss einfach das Bad sein... Ich öffne sie und laufe geradewegs in eine Wand rein. Die Wand gibt einen Laut von sich. Als ich meinen Kopf hebe, erkenne ich, dass das natürlich keine Wand ist, sondern ein Mensch.

"Oh sorry..." Stammel ich und trete einen Schritt zurück.

Vor mir steht ein großer Mann von vielleicht 20 Jahren. Mit seinen schwarzen verwuschelten Haaren und den tief blauen Augen sieht er wirklich.. gut aus. Ein weißes T- Shirt spannt sich über seinen durchtrainierten Oberkörper und er ist in Boxershorts...

"Ja kein Ding..." Bekomme ich als Antwort genuschelt bevor er sich an mir vorbeidrängt und zu dem Zimmer läuft was ich gerade begutachtet habe.

Etwas durcheinander schließe ich die Tür hinter mir und sehe direkt in mein Spiegelbild. Einzelne Wimpernklümpchen und Make - up Reste sind in meinem ganzen Gesicht verteilt. Meine Haare kleben an meinem Kopf und dieser Geschmack in meinem Mund... "Ach du Sch....!" Erschreckend wird mir bewusst, dass ich gerade einem extrem attraktivem Typ begegnet bin, während ich aussehe wie jemand der gestern zu lange gefeiert hat. Wenigstens kann ich endlich aufs Klo gehen..

In meinem Zimmer angekommen atme ich erstmal tief durch. Ja, das war gerade peinlich.. aber vielleicht war es doch nur ein Traum?? Ich zwicke mich zweimal in den Arm.. nichts passiert. Egal, ich brauche jetzt erstmal dringend eine Dusche. Also krame ich aus meinem Koffer Kosmetikbeutel und Klamotten raus bis es an meiner Tür klopft. Kathrin tritt ein.