Kapitel 221

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Sicht Leo
Wincent schmiegt sich zaghaft von hinten an mich ran. Seine große Hand legt er an meinen Bauch. Ich spüre, wie er seine Nase in meiner Halsbeuge versteckt und tief einatmet. Er nimmt mir die Krücken ab und stellt sie beiseite, bevor er mir in die Wanne hilft. Unsere Blicke treffen sich, vorsichtig ziehe ich ihn am Nacken zu mir runter, um ihn zu küssen. Alles kribbelt. Ein regelrechtes Feuerwerk explodiert in meinem Bauch. Plötzlich ist es im Bad noch wärmer als vorher.
„Bleibst du hier?" murmle ich.
Wincent sieht mir kurz einfach in die Augen, wohl um zu checken ob ich es ernst meine, dann richtet er sich auf und zieht sich in einer fließenden Bewegung das Shirt über den Kopf. Seine Hose tritt er dann auch beiseite und ich rutsche in der Wanne ein Stück vor, damit Wincent sich zu mir setzen kann. Während ich mich an ihn anlehne, verteilt er hauchzarte Küsse auf meiner Schulter.
Eigentlich war mein Plan, dass so endlich mal diese Anspannung von ihm abfallen würde, aber er wirkt sogar noch versteifter als sonst.
„Wince, entspann dich" flüstere ich und streiche über seine Oberschenkel.
„Leichter gesagt, als getan" murmelt er nur.
„Ich bin deine Frau, Wincent, ich will, dass du dich bei mir fallen lassen und entspannen kannst."
„Würde ich gerne, aber sowas hier ist extrem lange her und das lässt mich alles andere als kalt."
Ich korrigiere meine Position etwas und Wincent hält mich sofort fest.
„Leo, bitte tu mir das nicht an. Es ist zu früh und das weißt du. Wir wollten uns Zeit lassen."
Ich lasse das einfach so stehen und wir schweigen für den Rest der Zeit. Als das Wasser langsam kühler wird, hilft Wincent mir wieder aus der Wanne raus und lässt dann direkt das Wasser raus.
„Ich geh schon wieder ins Schlafzimmer" lächelt er mich an, während ich dabei bin mich einzucremen.
Er küsst mich kurz zärtlich und verlässt dann das Bad. Seufzend stelle ich mich vor den Spiegel und betrachte meinen Körper kritisch. Die letzten Jahre und die Schwangerschaft haben Spuren hinterlassen, eindeutig. Wenn er mich nun nicht mehr so attraktiv findet wie früher?

Bevor ich mich noch weiter reinsteigern kann, ziehe ich mir meine Schlafsachen an und gehe auch ins Schlafzimmer. Hier ist Wincent schon dabei, seine Hälfte des Koffers zu packen. Ich kuschle mich direkt in meine Decke und beschäftige mich noch etwas mit meinem Handy, bis Wincent sich neben mich legt.
„Alles okay?" fragt er und zieht seine Decke höher.
„Hm? Ja klar."
„Leo... Schatz, leg das Handy weg und sieh mich an."
Ohne abzuwarten nimmt er mein Handy, sperrt es und legt es neben uns.
„Warum ist es immer so, dass im einen Moment alles perfekt ist und im nächsten Moment nicht mehr."
Seufzend schlägt er seine Decke weg und rutscht mit unter meine.
„Warum ist es immer so, dass mal du mich extrem beruhigen musst und mal ich dich. Warum können wir nicht mal beide einfach zufrieden sein" flüstert er.
„Weil das Leben scheiß unfair zu uns gewesen ist."
„Du kennst die Antwort doch. Wir müssen uns Zeit geben."
„Ich weiß und der Ansicht bin ich ja auch, aber ich vermisse diese Zärtlichkeiten zwischen uns."
„Ich doch auch, ich weiß nicht, wie ich die letzten Jahre allein ohne deine Küsse überlebt habe."
Seine Hand schiebt er an meine Taille, seine Augen durchbohren mich beinahe. Meine Hand schiebe ich in seinen Nacken, ziehe ihn langsam etwas zu mir runter. Dabei springt sein Blick zwischen meinen Augen und Lippen hin und her, aber noch auf halbem Weg macht er plötzlich einen Satz und küsst mich stürmisch. Er drückt mich auf den Rücken und stützt sich über mich, immer darauf bedacht, dass bei mir alles okay ist. Und das ist es! Alles ist perfekt!

Schweratmend löst Wincent sich langsam von mir. Seine Pupillen sind extrem geweitet, seine Atmung beschleunigt. Ohne den Blickkontakt zu unterbrechen schiebe ich meine Hände langsam unter sein Shirt. Wincent hilft mir dann und zieht es sich über den Kopf. Jetzt muss ich den Blickkontakt doch unterbrechen. Wer könnte es mir bei diesem Ausblick übel nehmen? Vorsichtig hebt er meinen Oberkörper etwas an, um mir auch mein Oberteil auszuziehen. Er schmeißt es achtlos zu seinem Shirt auf den Boden und mustert mich durch, betrachtet gefühlt jeden Milimeter ganz genau. Wie schafft er es nur, meinen Körper noch genau so anzusehen, wie damals während er definitiv nicht mehr so aussieht wie damals. Sein Körper hingegen...
Noch bevor ich weiterdenken kann, beugt Wincent sich zu mir runter und lässt unsere Lippen miteinander verschmelzen.
„Bist du dir sicher?" flüstert er zwischen unseren Küssen.
Ob ich mir sicher bin?! Scheiße ja!
Als Antwort schicke ich meine Hände auf Wanderschaft und intensiviere unseren Kuss noch mehr. Er erwidert das wiederum mit einem seufzen und als meine Finger am Bund seiner Boxershorts angekommen sind, stöhnt er gegen mein Schlüsselbein und sackt leicht zusammen, sodass wir uns jetzt noch näher sind. Mit Mühe stützt er sich wieder hoch. Kurz kann ich etwas in seinem Blick nicht ganz deuten. Es wirkt, als würde er sichergehen, dass wirklich ich hier liege und sobald er sich sicher ist, dass ich wirklich hier bin, fängt er wieder an mich zu küssen. Aber anders als vorher. Nicht ganz so stürmisch. Meine Sinne sind total benebelt. Ich spüre nur seine Lippen auf meinen, bis er sich ganz abrupt von mir löst. Er sitzt plötzlich kerzengrade im Bett.
„Da ist wer in der Wohnung" murmelt er und springt aus dem Bett raus.
„Was?"
„Da ist grade irgendwas umgekippt, ich schwöre es dir."
Wincent gibt mir mein Shirt, was ich mir sofort überziehe, und auch er zieht sich seines wieder über.
„Oh Gott, Kilian" bekomme ich direkt Panik.
„Bleib hier, ich schaue nach."
„Wince-"
„Bleib hier!"

Alles was uns reichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt